Umland, Aachen: Es war ein Wettbewerb der besonderen Art: Die teilnehmenden Studenten der RWTH Aachen und der Hochschule Koblenz sollten eine Kirche entwerfen. Doch diese Kirche soll nicht irgendwo in Deutschland stehen, sondern in Kamerun. Für die angehenden Architekten eine besondere Aufgabe, schließlich muss der Bau an die afrikanischen Klimaverhältnisse und Bauweisen angepasst werden. Doch wie kam es zu diesem Wettbewerb? Ideengeber ist Fred-Eric Essam, gebürtig aus Kamerun.
Er gründete 2004 den Verein ident.africa und setzt sich für Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und Frauenförderung in seinem Heimatland ein. Die Menschen bräuchten eine Perspektive, meint der Kameruner. Er selbst kam 1989 mit Hilfe eines Stipendiums als Student nach Lübeck und er blieb nach seinem Studium in Deutschland. Sein Vater hatte es ihm damals ermöglicht, Abitur zu machen. Daher liegt Fred-Eric Essam der Geburtsort seines Vater besonders am Herzen: Boboyo im Norden des afrikanischen Landes. Es ist ein kleiner Ort mit rund 7.000 Einwohnern, der sich nur wenige Kilometer von der nächst größeren Stadt Kaele (70.000 Einwohner) befindet. Perspektiven und Verdienstmöglichkeiten gibt es wenige in Boboyo – dies versucht Fred-Eric Essam durch seinen Einsatz zu ändern.Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden Hochschulen sich mit Bauvorhaben in Kamerun beschäftigten. 2014 konnte eine Vorschule eingeweiht werden, die nicht nur auf einem gemeinsamen Konzept der Hochschulen basiert. Es reisten auch einige Studenten nach Kamerun, um zusammen mit der Bevölkerung die Schule zu bauen.
Nun soll es also eine Kirche werden. Es sei der Wunsch der Menschen in Boboyo, eine Kirche zu bekommen, erklärt Fred-Eric Essam. Rund 98 Prozent der Bewohner sind Christen und ihnen fehlt ein Raum für Versammlungen und Gottesdienste. Und da der gebürtige Kameruner ein quirliger und energiegeladener Mann mit vielen Ideen ist, setzt er alles daran, den Bewohnern ihren Wunsch zu erfüllen. Zusammen mit der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) hat er den Architekturwettbewerb unter den Studenten ausgelobt. An der RWTH Aachen war es für die Studenten ein sogenannter Stegreif. Sie hatten vier Wochen Zeit, dieses Projekt zu planen, eine Skizze zu entwerfen und ein Modell zu bauen. An der Hochschule Koblenz war es dagegen ein Semesterprojekt und die Studenten konnten in Gruppen ihre Ideen umsetzen. Kürzlich fand nun die Prämierung in Aachen statt.Eine Kirche zu planen, sei eine schöne Aufgabe, findet Annette Essam, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Lehrgebiet Denkmalpflege und Bauforschung der RWTH Aachen. Für die Studenten gab es einige Vorgaben: Es gilt, mit dem Ort angemessen, kostengünstigen und klimagerechten Mitteln einen liturgischen Raum zu schaffen, hieß es in der Wettbewerbsausschreibung. „Man muss seine Idee auf den Punkt bringen“, erläutert Annette Essam die Besonderheit eines Stegreifs. Eine Jury unter der Koordination von Professor Dr. Ing. Christian Raabe, vom Lehr- und Forschungsgebiet Denkmalpflege und Historische Bauforschung an der RWTH Aachen, sowie Professor Dipl.-Ing. Jo Ruoff, Dozent für Bauphysik an der Fachhochschule Koblenz, bewerteten die eingereichten Entwürfe. 46 Studenten beteiligten sich an dem Wettbewerb.
Die Jury habe sich schwer getan mit der Entscheidung angesichts der schönen Entwürfe, lobte Jo Rouff die hohe Qualität der eingereichten Projektarbeiten. Drei hätten jedoch heraus gestochen. Sie seien in ihrer Art sehr unterschiedlich und würden die ganze Bandbreite des Themas zeigen. Daher hat die Jury drei erste Preise vergeben. „Ich war überwältigt von den Entwürfen“, meint Uli Baege von der VEM. Die Evangelische Kirche in Kamerun (EEC) zählt zu den Mitgliedskirchen der Vereinten Mission. Demnächst findet im Kongo die Regionalversammlung statt, wo die Projekte der Studenten vorgestellt werden sollen. Er hoffe, dass eine der Mitgliederkirchen darauf anspringe, meint Baege. Für die Studenten wäre dies ein großer Erfolg, wenn einer ihrer Entwürfe in die Tat umgesetzt werde.Es sei etwas ganz anderes gewesen, an einer Kirche zu arbeiten, erklärt Student Jan Kubasta von der Hochschule Koblenz. Sie hätten darauf achten müssen, dass die passenden Materialien verfügbar seien. Die Ziegel könnten beispielsweise vor Ort gepresst werden. Kubasta ist einer der Preisträger des Wettbewerbs. Zusammen mit seinen Studienkollegen Felix Jung und Johannes Blum hat er ein farbenfrohes Konzept entworfen. „Es hat Spaß gemacht, das Modell zu bauen“. Die zweite Studentengruppe mit Sören Höller, Marcel Kaul und Stephan Radke gehört ebenfalls zu den Siegern und mit Coline Eysseric von der RWTH Aachen gewann auch eine Einzelteilnehmerin.
Für die Gewinner ist das Projekt noch nicht abgeschlossen. Als Belohnung dürfen sie zu einem Workshop nach Kamerun fahren und dort ihre Entwürfe vorstellen. Eric-Essam hofft, dass eines der Modelle verwirklicht wird, egal an welchem Ort. Doch sein Herz schlägt natürlich für Boboyo. Informationen über den Verein unter http://www.identafrica.org
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