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Durch Tanzen Solidarität erleben. [Foto: Pierre Smeyers]

One Billion Rising – Eine Milliarde erhebt sich gegen Gewalt an Frauen

Umland, Düren: Es kann überall passieren, daheim, im Bus, in der Schule, am Arbeitsplatz. Gewalt hat viele Formen, ihre Opfer viele verschiedene Gesichter. Die von Frauen und Mädchen sind besonders häufig unter ihnen. Die Kampagne „One Billion Rising“ setzt ein Zeichen dagegen, weltweit, am Valentinstag, „weil im Namen der Liebe so viele Schandtaten begangen werden“, wie Nermin Ermis vom Dürener Migrantinnen-Netzwerk gegen häusliche Gewalt erzählt.

2012 hatte die New Yorkerin Eve Ensler „One Billion Rising“ ins Leben gerufen, zu deutsch: Eine Milliarde erhebt sich. Diese Milliarde spielt auf eine Statistik der UN an, wonach weltweit ein Drittel aller Frauen und Mädchen, also eine Milliarde, im Laufe ihres Lebens körperliche oder seelische Gewalt erfährt. Eve Ensler selbst wurde während ihrer Kindheit und Jugend von ihrem Vater sexuell missbraucht. Ihr Erwachsenenleben widmet sie dem Kampf für ein Ende der Gewalt an Mädchen und Frauen. Hauptausdrucksform der Aktion „One Billion Rising“ ist ein ausdrucksstarker Tanz, den Teilnehmende auf allen Kontinenten am Valentinstag zu dem Lied „Break the chain“ (Zerbrich die Ketten) von Tena Clark tanzen. Anlässlich der Aktion haben verschiedene Sängerinnen dieses Lied in mehreren Sprachen aufgenommen. Wer möchte, kann die Choreografie mithilfe von YouTube-Videos oder bei Probeterminen vorab einstudieren. Am 2. und 9. Februar finden diese beispielsweise von 18.30 bis 19.30 Uhr im Großen Saal der Evangelischen Gemeinde zu Düren statt. Per SMS an 0157-77023082 kann man sich hierzu verbindlich anmelden, dabei Namen und den gewünschten Termin angeben.

Denn auch in Düren sollen am 14. Februar ab 14.00 Uhr auf dem Kaiserplatz „die Ketten zerbrochen“ werden. Nermin Ermis hatte die Kampagne 2014 nach Düren geholt. „Wir mussten ein Zeichen setzen“, sagt sie. „Gewalt passiert überall. Es wird aber immer noch zuviel geschwiegen.“ Erfahre man persönlich davon, tue es einem leid. „Das war es aber auch schon.“ Ihre Kollegin Hava Zaimo von Goldrute e.V., einem gemeinnützigen Verein, der die Arbeit des Migrantinnen-Netzwerks finanziell unterstützt, ergänzt: „Diese Aktion ist besonders. Sie geht nicht über den Kopf, sondern über das gemeinsame Erleben durch den Tanz. Das hat eine andere Qualität.“ Gemeinsam wolle man sich mit allen Frauen und Mädchen auf der Welt solidarisieren und ausdrücken: „Nein, nicht mit uns. Wir sind es uns wert, dass wir Nein sagen, dass wir uns schützen und nicht zu Opfern werden.“

Für Frauen, aber nicht gegen Männer

Hava Zaimo betont aber auch, dass es zwar eine Aktion für die Frauen sei, keinesfalls aber gegen die Männer. „Wir betrachten die Jungs als Söhne von Müttern, als Brüder von Schwestern.“ Daher habe sie sich besonders gefreut, dass zu den bisherigen Probeterminen auch viele Jungen gekommen seien. Besonders schön findet sie auch, dass diese solidarische Veranstaltung alle Beratungsstellen rund um die Gewalt an Frauen und Mädchen in Düren vereint. Das Migrantinnen-Netzwerk gegen häusliche Gewalt und Goldrute e.V. organisieren sie gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises, mit dem Dürener Frauenbüro, mit „Frauen helfen Frauen Düren e.V.“ und mit dem Dürener Frauenforum. Denn „Gewalt kennt keine Herkunft, keine Religion, keinen sozialen Stand“, sagt Hava Zaimo. Das bestätigt auch ihre Kollegin Sonja Waltl vom Verein „Frauen helfen Frauen Düren“, der auch ein Frauenhaus in Düren betreibt. Die Tanzaktion sieht sie auch als Aufklärungsarbeit. „Es ist eine leichte und kraftvolle Art, sich mit dem Thema Gewalt an Frauen und Mädchen auseinanderzusetzen. Wir erreichen viele junge Frauen und können vermitteln: ‚Lasst nicht zu, dass Euch Gewalt angetan wird‘.“ Auch Bürgermeister Paul Larue wird mittanzen und damit aktiv ein Zeichen setzen. „Gewalt ist leider ein zunehmendes gesellschaftliches Problem. Diese Entwicklung macht auch vor Düren nicht Halt.“

Doch warum Gewalt? Warum Gewalt von Männern an Frauen? Zwar gibt es auch Frauen, die gewaltsam gegen Männer vorgehen. Diese seien jedoch in der Anzahl deutlich weniger, insbesondere wenn es um körperliche Gewalt gehe, sagt Gerd Bohner, Professor für Sozialpsychologie der Universität Bielefeld. Die Formen der Gewalt können vielfältig sein, körperliches und psychisches Ausmaß annehmen. Eine der am meisten verbreiteten Gewaltform sei die subtile Kontrollbemühung. Männer wollten Kontrolle darüber haben, wenn ihre Frauen beispielsweise die neuen Medien benutzten. „Sie kontrollieren das Handy der Frau, lassen sich das Passwort von ihrem E-Mail-Account geben“, führt er weiter aus. Oft gehe es darum, dass der Mann seine Machtposition verfestigen wolle. Das stehe auch bei sexueller Gewalt im Vordergrund. „Einige Männer fühlen sich bedroht, wenn Frauen Gleichberechtigung fordern und diese auch leben. Sie wehren sich, indem sie Gewalt ausüben.“

Dass das so ist, hänge auch mit unserer Gesellschaft zusammen, in der aus Sicht von Professor Bohner auch heute noch im ökonomischen, politischen und sozialen Bereich keine vollständige Gleichberechtigung von Männern und Frauen herrsche. „Die meisten Machtpositionen werden auch heute noch von Männern besetzt.“ Der Ursprung der Gewalt sei in den verschiedenen Kulturen möglicherweise unterschiedlich stark ausgeprägt. „In unserer Kultur ist weniger klar, dass Gewalt von Männern toleriert wird.“ Wenn eine Frau in anderen Kulturen in ihrer Beziehung Gewalt erfahre, habe sie kaum eine Chance, Recht zu bekommen, geschweige denn, da rauszukommen.

Was also kann die Einzelne tun? Was kann die Gesellschaft tun?

Wichtig ist, die Schuld nicht bei sich zu suchen und sich von außen Hilfe zu holen, etwa bei einer Beratungsstelle wie „Frauen helfen Frauen Düren e.V.“ oder das Dürener „Migrantinnen-Netzwerk gegen häusliche Gewalt“. Einen Weg aus der Gewalt sieht Professor Bohner in der Erziehung daheim, im Kindergarten, in der Schule, in der Normen gesetzt werden, Empathie vermittelt wird, also die Fähigkeit, sich in eine andere Position, in einen anderen Menschen hineinzuversetzen. Bereits junge Menschen lernen dabei, einen Konflikt auch einmal auszuhalten oder ihn mündlich auszutragen, frei von Gewalt. „Das wirkt sehr gut.“ Einen weiteren Weg sieht er in der gesellschaftlichen Ächtung von Gewalt. „Der Täter muss wissen, dass er nicht die schweigende Masse hinter sich hat.“

Für Sonja Waltl von „Frauen helfen Frauen Düren e.V.“ ist auch ganz wichtig, dass verstärkt mit dem Täter gearbeitet werde. „Da passiert bisher oft nichts. Es reicht aber nicht aus, dass sich die Opfer ändern müssen und beim Täter alles gleich bleibt, insbesondere, wenn eine Anzeige wieder zurückgezogen wird. Beim nächsten Mal macht er es wieder so.“ Außerdem findet sie, dass man noch verstärkt darauf hinweisen solle, was unser Rechtssystem hergebe, beispielsweise dass es verboten ist, Frauen und Kinder zu schlagen. Einen richtigen Weg findet sie in der Reform des Sexualstrafrechts mit seinem neuen „Nein heißt Nein“-Grundsatz, wonach sich derjenige strafbar macht, der „gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen“ vollzieht. Das Opfer trägt allerdings weiterhin die Beweislast.

Was tut die Stadt Düren? Bürgermeister Larue: „Die Stadt versucht, der Gewalt durch präventive Maßnahmen entgegenzuwirken gemeinsam mit vielen freien Trägern und Gruppen, die in diesem Bereich arbeiten sowie durch Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit und Appelle. Und jeder kann dazu beitragen, dass es menschlicher wird im eigenen Umfeld, dadurch, dass er konsequent den Weg der Gewaltlosigkeit geht.“

Indirekt kann der Weg der Gewaltlosigkeit auch durch Spenden beschritten werden, etwa an Vereine wie „Frauen helfen Frauen Düren“ und „Migrantinnen-Netzwerk gegen häusliche Gewalt / Goldrute“. Öffentlich kann jeder Gewalt ächten, wenn er an Aktionen wie „One Billion Rising“ teilnimmt und sich aktiv solidarisch zeigt.

www.facebook.com/OneBillionRisingDueren

www.goldrute-ev.de

www.onebillionrisingdeutschland.org

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27.1.2017KulturUmland, Düren0 Kommentare js

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