Eifel: Im Gegensatz zu den meisten anderen Landesregierungen hat sich die Landesregierung NRW Zeit gelassen. Doch schließlich hat auch sie ihr Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) verabschiedet. Vor einem Jahr, am 1. Januar 2016, ist es in Kraft getreten. Das Neue: Seitdem ist es in NRW möglich, Kinder ab sechs Jahren in die Feuerwehr aufzunehmen, genauer gesagt in die Kinderfeuerwehr. Die Betreuer dieser Kinderfeuerwehren müssen nicht Mitglied der Einsatzabteilung sein. Alle Mitglieder und Betreuer der Kinderfeuerwehren sind über die Unfallkasse NRW versichert. Als Teil der Feuerwehr haben die Kinderfeuerwehren die Möglichkeit, entsprechende Mittel zu erhalten.
Bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes gab es vereinzelt Kinderfeuerwehren in NRW, allerdings als Verein, wie Alexander von den Steinen, Bildungsreferent für Kinder- und Jugendfeuerwehr vom Verband der Feuerwehren (VdF) in NRW erzählt. Vorreiter in der Eifel ist „Grisu – Die Kinderfeuerwehr-Crew“ aus Nideggen-Embken im Kreis Düren. Seit dem Herbst 2014 lernen die Feuerwehrkids hier alles rund um den Brandschutz. Inzwischen gibt es rund 30 Kinderfeuerwehren in NRW. Die meisten von ihnen sind auf einer Karte des VdF unter http://www.vdf-nrw.de/wir/kinderfeuerwehr dargestellt. Der Verband arbeitet daran, die Kinderfeuerwehren im Land weiter untereinander zu vernetzen.
In unserer Region gibt es neben „Grisu“ seit September 2015 in der StädteRegion Aachen eine Kinderfeuerwehr mit gleich zwei Standorten: die „Kidswehr“ in Würselen-Mitte und die „Löschzwerge“ in Broichweiden, beides im Zuge des BHKG Untergruppen der Feuerwehr Würselen. Seit April 2016 ist im Kreis Düren noch die Kinderfeuerwehr der Gemeinde Kreuzau dazugekommen. Im Kreis Euskirchen gibt es derzeit keine Kinderfeuerwehr. „Wir haben in allen Kommunen des Kreises Euskirchen momentan eine sehr starke Jugendfeuerwehr und damit Nachwuchs für die aktive Wehr“, sagt Oliver Geschwind, Pressesprecher der Kreisfeuerwehr Euskirchen. An sich findet er Kinderfeuerwehren „eine gute Sache“. Allerdings gibt er zu bedenken: „Wer soll es machen?“ Die Aufgaben in der aktiven Wehr hätten sich ohnehin schon verdichtet. Neben dem zeitlichen Mehraufwand für die Kinderfeuerwehr käme die Frage nach den Kosten und nach der Qualifikation hinzu. Die Kinder müssen schließlich altersgerecht betreut werden. Was in Städten wie Köln möglich sei, gelte nicht unbedingt in Kleinkommunen mit wenigen ehrenamtlich tätigen Feuerwehrmännern. „Unsere Ressourcen sind endlich.“ Die Gegenargumente kann Marco Pütz, Gründer der „Grisu“ in Nideggen-Embken, nachvollziehen. „Das ist so“, sagt er und fügt hinzu: „Wer denkt: ‚Jetzt mach ich mal eine Kinderfeuerwehr‘, dem kann ich nur davon abraten.“ Dazu gehöre ein stimmiges Gesamtkonzept. Sein Hauptargument für die Kinderfeuerwehr: „Kinder schon früh für die Feuerwehr begeistern und halten.“ Heutzutage gäbe es immer mehr Angebote für Kinder. Zehn- bis Zwölfjährige, die in die Jugendfeuerwehr eintreten könnten, hätten dann schon andere Interessen.Diese Erfahrung hat auch Michael Bramer, Gründer der Kinderfeuerwehr und Leiter der Jugendfeuerwehr Kreuzau, gemacht: „Mich haben immer mal wieder Achtjährige angesprochen, ob sie bei der Jugendfeuerwehr mitmachen können. Da waren sie aber zu jung. Wenn ich ihnen zwei Jahre später gesagt habe, dass sie jetzt mit zehn Jahren gern eintreten können, hatten sie sich schon auf einen anderen Verein festgelegt.“
Einen großen finanziellen Aufwand sieht Ralf Jüsgens, Pressesprecher der Feuerwehr Würselen, nicht. “Wir haben bei unseren Kinderfeuerwehren bei Null angefangen. Die Eltern steuern immer mal was dazu.” Durch Flohmärkte und Kinderfeste kämen weitere Einnahmen rein. Räume hätten sie ohnehin. Die Betreuung haben die drei Kinderfeuerwehren unterschiedlich gelöst: In Nideggen-Embken übernehmen zwei Erzieherinnen und eine Lehrerin, deren Männer in der Feuerwehr aktiv sind, die ehrenamtliche Betreuung. Bei feuerwehrspezifischen Themen unterstützt sie beispielsweise Marco Pütz. In Kreuzau ist es ein Team aus aktiven Feuerwehrleuten, Eltern und Jugendlichen ab 16 Jahren aus der Jugendfeuerwehr. Ein Teil der Betreuer hat schon, ein anderer wird noch am Kreislehrgang zum Jugendbetreuer teilnehmen. In Aachen betreuen ehrenamtlich aktive Feuerwehrleute die Kinderfeuerwehr und werden von Pädagogen unterstützt.
Was machen die Kinder in der Kinderfeuerwehr konkret?Die Aktivitäten, die sich die Betreuer ausdenken, sind vielfältig: Sie sehen sich mit den Kindern Rettungshubschrauber an, besuchen Leitstellen, unterrichten die Kinder spielerisch im Brandschutz, thematisieren gutes und böses Feuer, bringen den Kinder bei, unter Aufsicht ein Streichholz zu entzünden oder machen mit ihnen einen kindgerechten Erste-Hilfe-Kurs. „Die Kinder sind voll bei der Sache“, freut sich der Würselener Ralf Jüsgens. „Ich bin erstaunt, was Sechs- und Siebenjährige mitbekommen, behalten und einem selbst anhand eines Buches erklären können.“ Darüber hinaus gibt das Kinderfeuerwehr-Handbuch des VdF NRW weitere inhaltliche Anregungen für die Gruppenstunden. Außerdem enthält es Informationen für Gründer einer Kinderfeuerwehr. Das Handbuch ist über die Landesgeschäftsstelle des VdF NRW erhältlich. Alexander von den Steinen hält es für wichtig, dass Kinderfeuerwehr und Jugendfeuerwehr nicht von denselben Personen betreut werden, damit diese beispielsweise nicht mit den Inhalten vorgreifen. „Es ist wichtig, planvoll vorzugehen. Sonst wird den jungen Leuten in der Jugendfeuerwehr nichts Neues mehr geboten, und sie verlieren das Interesse.“ Das sieht auch Michael Bramer so, der die Kinderfeuerwehr in Kreuzau nur übergangsweise betreut. Bewusst verzichtet er und sein Team auf Uniformen für die Kinder, damit diese ein Highlight beim Eintritt in die Jugendfeuerwehr bleiben.
Erfolge? Alexander von den Steinen erzählt, dass andere Bundesländer gute Erfolge mit dem Konzept der Kinderfeuerwehren erzielt hätten. Die technischen und naturwissenschaftlichen Inhalte würden auch Mädchen im Grundschulalter ansprechen. Auf Dauer haben die Feuerwehren mit Kinderfeuerwehren mehr Leute in den Jugendfeuerwehren und den aktiven Wehren als diejenigen ohne Kinderfeuerwehr.” Unabhängig davon wachse eine neue Generation heran, die ein Verständnis dafür entwickle, Feuerwehrleute und andere Rettungsdienste nicht bei ihrer Arbeit zu behindern, sensibler mit dem Thema Feuer umzugehen, beispielsweise Rauchmelder anzubringen, und einfach Menschen in Not zu helfen. Zur Gesamtsituation in NRW kann er noch nichts sagen.Von den drei Kinderfeuerwehren aus unserer Region ist jedoch Positives zu berichten: In Nideggen-Embken sind Anfang des Jahres vier Kinder aus der Kinder- in die Jugendfeuerwehr gewechselt, in Aachen sind es acht, in Kreuzau stehen drei kurz davor, wenn sie das möchten. Ansonsten können sie ein oder zwei Jahre später aufsteigen. „Das stellen wir den Kindern frei”, sagt Michael Bramer. Sein Resümee zum 14-jährigen ehrenamtlichen Engagement in der Jugend- und jetzt auch Kinderfeuerwehr: “Wenn ich heute 25-Jährige in der aktiven Wehr begegne, dann denke ich: ‚Mensch, da hast du selbst sechs Jahre deine Energie reingesteckt, sie mit geformt.‘ Und ich weiß einfach: Die helfen dir und anderen, wenn es nötig ist.”
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