Euskirchen: Es ist ein bewegender Film, den Elias Bierdel – Autor, Journalist, Menschenrechtsaktivist – im Pfarrzentrum St. Martin zeigte und er hinterließ bei den Zuschauern Betroffenheit. Bierdel hat sich mit Absolventen der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg auf den Weg an die Außengrenzen Europas gemacht, um Flüchtlinge ihre Geschichte erzählen zu lassen, Helfer zu treffen und Einheimische zu Wort kommen zu lassen. In sieben Ländern haben sie gedreht – es geht von der griechischen Insel Lesbos nach Lampedusa und von der europäischen Stadt Ceuta, der Exklave in Afrika, nach Sizilien.
Gezeigt wurde der 60-minütige Film im Rahmen der Info-Reihe „Engagiert für Flüchtlinge“ der Caritas in Euskirchen und dem Kommunalen Integrationszentrums (KoBiz). „Im Schatten Europas – Eine Suche an den Grenzen“ heißt die Dokumentation, die berührt und betroffen macht. Hundegebell, Stacheldrahtzäune, Gewehrschüsse – Bierdel kennt dies aus eigenen Erlebnissen. Er wuchs in West-Berlin, nur 70 Meter entfernt von der Mauer, auf. Vielleicht lässt ihn aufgrund dieser Kindheitserfahrungen dieses Thema nicht los: Kriegssituationen, Menschen auf der Flucht und der Umgang mit ihnen. Mit Flüchtlingsströmen sei er das erste Mal im Balkan-Krieg konfrontiert worden, erzählt Bierdel, der zu dieser Zeit als ARD-Korrespondent arbeitete. 2004 – Bierdel war damals Vorsitzender der Hilfsorganisation Cap Anamur – war er an der Rettung von 37 schiffbrüchigen afrikanischen Flüchtlingen beteiligt. Drei Wochen wurde dem deutschen Rettungsschiff „Cap Anamur“ die Einfahrt in den sicheren Hafen verwehrt, 36 der 37 Flüchtlinge wurden sofort wieder nach Afrika abgeschoben. Bierdel, der Kapitän und der erste Offizier des Schiffes wurden festgenommen und der „Schlepperei“ angeklagt. Erst im Oktober 2009 wurden sie freigesprochen. Seitdem haben viele Tausend Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer nach Europa gesucht – viele von ihnen sind dabei ertrunken. „Das Mittelmeer ist das tödlichste Meer der Welt“, betont Bierdel. „Was da passiert, geht uns alle an.“
Es ist kein reißerischer Film entstanden, sondern eher einer der leisen Töne. Bierdel hat die Filmemacher an verschiedene Orte geführt und sich mit den Menschen vor Ort unterhalten. Mit Helfern, die versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Flüchtlinge da zu sein. Doch oftmals werden sie von den Behörden behindert. Sie dürften nicht rausfahren, um die Flüchtlinge zu retten, erzählt ein Grieche im Film. Es sei ihnen unter Strafe verboten zu helfen. Sie müssten es der Küstenwacht melden, doch bis die vor Ort sei, wären die Menschen schon ertrunken. Die Bewohner stehen oftmals hilflos am Ufer und müssen die Tragödien mitansehen, ohne eingreifen zu dürfen.
Bierdel nimmt seine Begleiter mit auf eine Autofahrt entlang der Küste. Er findet Wrackteile von Schlauchbooten und zusammen sehen sie sich die Reste an. Was mit den Menschen passiert ist, die in diesen Booten waren, kann keiner sagen. Der Journalist hält eine zerschlissene Jacke hoch und entdeckt in der Tasche ein Ultraschallbild. „Welche Mutter würde so ein Bild zurücklassen“, fragt Bierdel, vermutlich sei die Frau ertrunken.
In dem Film lässt der Journalist die Menschen einfach ihre Geschichte erzählen. Die Zuschauer erfahren etwas von den brutalen Methoden der Grenzpolizisten und den gefährlichen und beschwerlichen Fluchtwegen der Menschen, die einfach nur in Frieden leben möchten. Aufrütteln und informieren – dies sind die Hauptziele der Films. Im Pfarrzentrum St. Martin ist Bierdel dies gelungen. Der Journalist ist aber auch überzeugt, dass man es gut machen, mit Flüchtlingen respektvoll umgehen und ihnen helfen kann. An jeder einzelnen Stelle könne man dies sehen. Es sei eine riesige soziale Bewegung, „es ist toll“. Dabei fand Bierdel auch lobende Worte: „Der Kreis Euskirchen gilt bundesweit als leuchtendes Vorbild für den Umgang mit Flüchtlingen.“ Er habe kein Verständnis für Minister, die sagen, sie fühlten sich überfordert. „Das ist politisches Versagen.“
Der Film soll demnächst leihweise für Schulen oder Gruppen zur Verfügung stehen. Informationen dazu sind erhältlich bei Peter Müller-Gewiss vom Caritasverband Euskirchen, der für das Projekt „Neue Nachbarn“ des Erzbistums Köln zuständig ist, Tel. 02251 – 7947415, Email:
Informationen zur Flüchtlingssituation an den Außengrenzen Europas gibt es auch unter www.borderline-europe.de. 2007 gründete Bierdel die Organisation “borderline europe – Menschenrechte ohne Grenzen“.
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