Heimbach: Für die kleine Paula stand es bereits am ersten Schultag fest: „Das, was du bist, das werde ich auch“, meinte sie 1956 nach der Einschulung selbstbewusst zu ihrer Aachener Volksschullehrerin. Diesem Instinkt und ihrem untrüglichen Bauchgefühl ist sie seitdem treu geblieben. Aus Liebe zum Lehrerberuf und zu den kleinen, wissbegierigen Schülern wurde sie Grundschulpädagogin und hat Generationen von Kindern nicht nur das Lesen, Rechnen, Schreiben und Musizieren beigebracht…
„In der Schule fühlte ich mich immer zuhause. Und zuhause habe ich Lehrerin gespielt. Bei uns im Hinterhaus: Dann kamen die Kinder der Umgebung und waren meine Schüler“, erzählt die agile 64-Jährige mit den silbergrauen Haaren und dem charakteristischen Kurzhaarschnitt.Heute erlebte sie einen ganz besonderen „letzten Schultag“ vor den „großen Ferien“: Nach 43 kunterbunten Lehrerjahren an der Grundschule geht die Vollblutpädagogin in Pension. „In all den Jahren haben Sie ein Stück von Heimbach mitgeprägt“, hob Bürgermeister Peter Cremer bei einer fröhlichen Verabschiedungsfeier in der Gemeinschaftsgrundschule Schönblick hervor, zu der auch zahlreiche Schüler aus ihrer ersten Klasse gekommen waren.
Ihre erste Stelle führte die Städterin Paula Schipperges 1974 – mit knapp 24 Jahren – an die Schule des nach Heimbach eingemeindeten Dorfes Vlatten. „Damals übernahm ich ein zweites Schuljahr“, erinnert sich die quirlige Lehrerin und sprudelt los. „Es gab dort den ‚Herrn Rektor Krieger, den ‚Herrn Lehrer Steffen‘ und ‚et Froillein‘, das war ich“, lacht sie amüsiert und schildert einige unvergessliche Episoden aus dem Schulalltag in der ehemaligen Dorfschule.
„Als ich eines Morgens die Klassenarbeitshefte aus dem Schrank nehmen wollte, fauchte mich eine Katzenmutter an, die in der Nacht dort ihre Jungen zur Welt gebracht hatte“, erzählt Paula Schipperges. Und was das für „wedelnde, schwarze Schwänzchen“ waren, die Kollege Steffen für den Sachkundeunterricht immer in einem Wasserglas auf dem Pult stehen hatte, wusste die junge Städterin zu der Zeit auch noch nicht. Bis zu dem Tag, als zur Freude der Kinder plötzlich unzählige Frösche durch das Klassenzimmer hüpften…
Mit dem Neubau der Grundschule Schönblick im Kernort wurden die Dorfschulen geschlossen und seit 1980 unterrichtete Paula Schipperges in Heimbach. „58 Jahre bin ich gerne zur Schule gegangen“, versicherte sie strahlend bei ihrer Verabschiedungsfeier, was nicht nur bei den Kindern ehrfürchtiges, respektvolles Raunen auslöste.
Während ihrer Lehrerlaufbahn kann Paula Schipperges auf ein Phänomen zurückblicken, dass bestimmt nicht viele ihrer Kollegen erleben werden. Im Laufe der 43 Jahre konnte sie drei Generationen einer ortsansässigen Familie unterrichten. Großmutter Marion saß in ihrer ersten Vlattener Klasse. Deren Sohn unterrichtete sie in der 1990er Jahren und vor zwei Jahren wurde Enkel Philipp eingeschult.
Um ihren Unterricht anschaulich und abwechslungsreich zu gestalten, holte Paula Schipperges stets spannende Gäste an die Heimbacher Grundschule. So konnte es passieren, dass ein echter Schwarzfuß-Indianerhäuptling vom Leben seines Stammes erzählte… dass die bolivianische Musikgruppe „Los Masis“ ihre temperamentvolle Folklore vorstellte… dass der Kölner Oberstadtdirektor und Kinderbuchautor Kurt Rossa aus seinen Büchern las… oder Weltklasse-Musiker des Heimbacher Kammermusikfestivals „Spannungen“ die Schulkinder mit ihrer Musikbegeisterung infizierten. „Hier in der Schule neben den Bläck Fööss zu stehen und ‚In d’r Kayjass Nummer Null‘ zu singen, war ein unvergessliches Erlebnis“, resümierte auch der ehemalige Rektor Anton Stegh die unzähligen, von der scheidenden Lehrerin initiierten Aktivitäten, an die der jetzige Schulleiter Joachim Dunkel und sein Kollegium in liebevoll getexteten Sketchen und Gedichten erinnerten.
War sie zu Beginn ihrer Lehrerlaufbahn für alle im Dorf „et Froillein“, wird das temperamentvolle Energiebündel von ihren (Ex-)Schülern mittlerweile liebevoll „Schippi“ genannt. Kein Wunder also, dass die Heimbacher Grundschulkinder bei ihrer Verabschiedung aus voller Kehle und tiefstem Herzen auf die Melodie des Pippi-Langstrumpf-Liedes sangen: „Hey, Super-Schippi, holleri, hollero, hollerhopsassa…“.
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