Heimbach: „Bei mir gibt es keinen Müll. Ich verarbeite alles“, erzählt die „Junge Alte“ Erika Schramm und zeigt nebenbei ihrer Bastelfreundin Udine Kalmuth den letzten Kniff zu einer schicken neuen Recyclingtasche aus TetraPak. Wie jeden zweiten Montag trifft sich die Bastelgruppe der Jungen Alten in der evangelischen Kirche.
Auf den Tischen liegen unterschiedlich lange Streifen aus TetraPak, Wäscheklammern und Scheren. Daneben braucht man nur noch geschickte Finger, kräftige Fingernägel und viel Geduld, erläutert Bastelkollegin Marianne Schimang. Sie fügt die Streifen vor sich webend ineinander, faltet, und langsam lässt sich erahnen, wie aus dieser Vielzahl bunter Streifen eine Tasche entsteht.2013 kam Erika Schramm zum Recycling-Basteln. Damals wohnte sie noch in Eitorf an der Sieg. Ein Fest stand an, das 150-jährige Bestehen der evangelischen Kirche. Die Presbyterin fragte Erika Schramm, ob sie nicht Lust habe, Taschen für den Fest-Basar mitzubasteln und brachte ihr die Technik bei, Taschen aus TetraPak-Tüten herzustellen. Über 200 „upgecycelte“ Unikate wurden auf dem Basar verkauft. Mit dem Erlös konnte ein Raum renoviert werden, den die Kinder mittlerweile für Schularbeiten und zum Spielen nutzen.
Noch im gleichen Jahr, direkt nach ihrem Umzug in die Eifel, hat sie sich dem Heimbacher Verein der Jungen Alten angeschlossen und viele verschiedene Angebote wahrgenommen. Ulrike Schwieren-Höger, die die Jungen Alten bis zu diesem Frühjahr mit geleitet hat, wurde auf die tollen Taschen von Erika Schramm aufmerksam und ermunterte sie, anderen in einer Bastelgruppe beizubringen, wie man solch außergewöhnliche Taschen selber herstellt. Seit März dieses Jahres leitet Erika Schramm ihre Montags-Gruppe sehr engagiert.„Meine Phantasie brennt manchmal mit mir durch“, meint Erika Schramm lachend. Einmal, so erzählt sie, wollte sie unbedingt eine rote Tasche machen. Da ist sie in den Supermarkt gegangen und hat ganz viel Tomatenpüree gekauft, weil die TetraPak-Verpackung dazu von außen so schön rot sei. In ihrem Sortiment befindet sich auch eine Deutschland-Tasche: Hier hat sie das silberne Innenleben des TetraPaks für die Außenseite der Tasche verwendet und abwechselnd noch schwarze, rote und goldene Felder aufgeklebt. Sogar „sichern“ lasse sich die Tasche, erzählt die 74-Jährige. Einfach ein Foto von sich unauffällig auf einem der vielen Webfelder aufbringen. Fertig. Accessoires dürfen auf den Taschen nicht fehlen: Das kann ein schicker Knopf sein, eine Kette aus dem Baumarkt, die – um ein Taftband gedreht – den Henkel bildet als spielerische Variante zum Tragegurtband.
Wie lange dauert es, bis so eine Tasche fertig ist? Zunächst einmal muss man fleißig Orangensaft, Apfelsaft, Milch oder Ähnliches trinken, um 23 TetraPak-Tüten zusammenzubekommen. Die braucht es nämlich für eine Tasche. Dann müssen die Tüten ausgewaschen werden, denn niemand legt gern seinen Einkauf in Klebriges. Das Zerschneiden der Tüte in einzelne Streifen ist der nächste Schritt. Hier dürfen auch gern mal die Ehemänner ran oder, wie bei Erika Schramm, die neu angeschaffte Schneidemaschine. Für Waschen und Handschneiden benötigt man ungefähr einen halben Tag. Dann kommt nochmal ein ganzer Arbeitstag hinzu, um die Streifen je nach gewünschter Taschengröße mit doppelseitigem Klebeband aneinander zu kleben, anschließend die auf Wunschlänge gebrachten Streifen einzuweben und zu verweben, die Tasche zu falten, und den Henkel mit Nieten an der Tasche zu befestigen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wohin die Basteldamen mit ihren Taschen auch kommen, überall werden sie auf diese Unikate angesprochen. Und stabil sind sie obendrein, sogar Markteinkäufe werden mit den Taschen erledigt. Marianne Schimang hat diese Art Taschen selbst in Läden zum Verkauf gesehen. Im bayerischen Oberstdorf muss man hierfür einen 50 Euro-Schein aus dem Portemonnaie ziehen.
Apropos Portemonnaie, die machen die Basteldamen natürlich auch aus TetraPak: Bewaffnet mit nur einer Tüte, einer Schere und der richtigen Falttechnik hält man das Resultat bereits nach zehn Minuten in den Händen. Der Schraubverschluss der Tetrapak-Tüte bildet dabei den Verschluss des Portemonnaies. Nachhaltiger geht es nicht.Bei wem künftig diese „must have“-Artikel aus TetraPak auch nicht mehr an der Garderobe fehlen dürfen, der kann gerne zu Erika Schramm, Marianne Schimang, Udine Kalmuth, Erika Krutzbach und Heike Urhahn stoßen. Das nächste Treffen findet am Montag, dem 14. September, um 15.00 Uhr in der evangelischen Kirche (unterer Eingang) statt.
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