Kreise, Kreis Euskirchen: Sie wollen informieren und zuhören, betonte Markus Ramers, SPD-Kreisvorsitzender, bei einem Vortrag zur aktuellen Flüchtlingssituation im Kreis Euskirchen. Um den Bürgern Fakten an die Hand zu geben und selbst ein Stimmungsbild aus der Bevölkerung zu bekommen, hatte die Partei unter dem Motto “Flüchtlinge im Kreis Euskirchen! – Lassen Sie uns darüber reden“ zu einer Podiumsdiskussion im Casino in Euskirchen und zu einem Vortrag in der Bürgerbegegnungsstätte Martinskirche in Zülpich eingeladen. Beide Veranstaltungen stießen auf reges Interesse bei den Bürgern – nicht nur bei Parteimitgliedern.
„Wir wollen die Bürgerschaft mitnehmen und es ist entscheidend, dass die Gesellschaft zusammenbleibt“, meinte Ramers in Zülpich. In der Bürgerbegegnungsstätte informierte Thilo Waasem, Kreistagsmitglied und Referent des Ministers für Inneres und Kommunales in NRW, über die aktuelle Situation. 60 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien vor fünf Jahren fliehen allein elf Millionen Syrer vor Terror und Gewalt. Sieben Millionen davon innerhalb des Landes und ein großer Teil in die Nachbarländer. Immer mehr machen sich auch auf den Weg nach Deutschland.
Viele Fakten konnte Waasem vermitteln. Er zeigte die Fluchtrouten auf und erläuterte das komplizierte System in Deutschland mit Registrierung und Asylantrag. Er verdeutlichte den Unterschied zwischen den Landeseinrichtungen und den kommunalen Unterbringungsmöglichkeiten.
Der extreme Ansturm stelle die staatlichen Institutionen vor eine große Herausforderung, meinte Waasem und brach auch eine Lanze für die hauptamtlichen Mitarbeiter in der Bezirks- und Landesregierung. Aber er betonte auch die Wichtigkeit der Kommunikation der Bezirksregierung mit den Gemeinden vor Ort. „Wir wissen, was wir an den Kommunen haben, diese tragen die Hauptlast“, hob er den Einsatz hervor. Viele Zahlen hatte Wassem dabei. Wie vergänglich diese zur Zeit sind, zeigte sich anhand der Daten aus dem Kreis. Zusammen mit Markus Ramers hatte er ein Informationspaket zusammengestellt – Stand 2. November. Dort ist noch die Rede von 278 Asylbewerbern in Zülpich. Sozialamtsleiter Jürgen Preuß konnte diese Zahl während der Veranstaltung gleich korrigieren: „Es sind Stand heute (7. Dezember, Anm d. Red.) 380 Flüchtlinge“.
Auch wenn die Zahlen zur Zeit leicht sinken, werden in diesem Jahr vermutlich mehr als eine Million Menschen nach Deutschland geflüchtet sein. Zum Vergleich: Anfang der 1990er Jahre gab es schon einmal eine Flüchtlingswelle und 1993 beantragten 430.000 Menschen Asyl. Schon damals habe es geheißen, das Boot sei voll, erinnerte Thilo Waasem.
Aber auch die Arbeit der Ehrenamtlichen vor allem vor Ort in den Gemeinden ist dem Kreistagsmitglied wichtig. Um die ging es zu einem großen Teil während der Podiumsdiskussion im Casino in Euskirchen am 3. Dezember. Andrea Mirbach, Flüchtlingshilfe Hellenthal, Erdmann Bierdel, Kreisjugendamt Euskirchen, Barbara Fischer, DRK-Kreisverband Euskirchen, sowie Helga Kühn-Mengel, SPD-Bundestagsabgeordnete, informierten und stellten sich den Fragen des Publikums. Erdmann Bierdel berichtete über die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, deren Zahl vor allem in den letzten Wochen weiter ansteigt. Im Kreis Euskirchen sind es 115 (Stand 3. Dezember), die betreut werden müssen. 41 davon konnte der Kreisjugendamtsleiter in Gastfamilien unterbringen und für einen Großteil der Übrigen gibt es ehrenamtliche Vormunde, die sich um die Jugendlichen kümmern und ihnen den Start in Deutschland vereinfachen.
Andrea Mirbach ist Mitbegründerin der Flüchtlingshilfe Hellenthal und stand an diesem Abend für alle Ehrenamtlichen, die sich im Kreis Euskirchen engagieren. Immer wieder müssten sie sich auf neue Situationen einstellen. Selbst wenn sie überzeugt seien, alles zu schaffen, seien sie zwischendurch auch immer wieder an ihre Grenzen gestoßen. Ganz konkret konnte sie aus ihrer Arbeit berichten und über die Aufgaben und Probleme, mit denen die Ehrenamtlichen in Hellenthal wie auch in den anderen Kommunen konfrontiert sind. „Versuchen Sie einmal einem Flüchtling die Mülltrennung zu erklären“, nannte sie ein Beispiel, damit hätten viele Deutsche schon Probleme. Auch die Arbeitsmöglichkeiten der Flüchtlinge standen zur Diskussion. „Viele fragen gleich am Anfang, wann kann ich arbeiten“, erzählte Barbara Fischer vom DRK Kreisverband aus ihrer Erfahrung. Doch bis es soweit ist, haben die Asylbewerber viele Hürden zu nehmen, wobei der Spracherwerb das Entscheidende ist.
Die Themenreihe möchte die SPD im nächsten Jahr fortsetzen, kündigte Markus Ramers in einer Presseerklärung an. Vielleicht gibt es dann ja nicht nur einen Schulterschluss zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit, sondern auch zwischen den Parteien. Schließlich ist dies eine große Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Derartige Veranstaltungen mit kompetenten Gesprächspartnern aus verschiedenen Bereichen helfen sicherlich, Verständnis zu wecken, mit Vorurteilen aufzuräumen, sowie Ängste zu thematisieren und ernst zu nehmen. Vielleicht ja auch einmal über Parteigrenzen hinweg.
Markus Ramers und Thilo Waasem haben ein Informationspaket zur aktuellen Flüchtlingsdiskussion zusammengestellt mit Zahlen und Hintergründen.
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