EIFELON weiterempfehlen

Wir informieren die Eifel

unabhängig. überparteilich. unbezahlbar.

neue Kommentare
0
Autorin Susann Pásztor (M.) mit Luzia Schlösser und Jochen Erler. [Foto: Renate Hotse/pp]

Lit.Eifel: Für Susann Pásztor ist der Tod kein Tabuthema

Nideggen: Sterben und Tod sind in unserer Gesellschaft oft noch ein Tabuthema. Trotzdem war die Lit.Eifel-Lesung von Susann Pásztor, die sich in ihrem neuen Buch „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ genau mit diesem Thema auseinandersetzt, eine der bislang heitersten Lesungen der literarischen Veranstaltungsreihe 2017.

1957 in Soltau geboren, hat die freie Autorin und Übersetzerin 2010 selbst eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin abgeschlossen und nimmt diese Aufgabe seitdem in Berlin wahr – meist für zwei bis vier Stunden pro Woche. „Durch die ehrenamtliche Arbeit ist der Wunsch entstanden, ein Buch darüber zu schreiben“, erklärte sie bei ihrer Lesung in der, bis auf den letzten Platz besetzten mittelalerlichen Kapelle von Burg Nideggen. „Wir sind froh, dass die Lit.Eifel gerade für diese Lesung wieder diesen wunderbaren Ort ausgewählt hat“, begrüßte Museumsleiterin Luzia Schlösser gemeinsam mit Jochen Erler, dem ersten stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Nideggen, die Zuhörer. Unzählige Kerzen sorgten bei diesem Abend für ein einzigartiges Ambiente.

Fred Wiener ist alleinerziehender Vater, Mitte 40, Angestellter und seit neuestem ehrenamtlicher Sterbebegleiter – eine in den Augen seines 13-jährigen Sohnes Phil völlig uncoole „Freizeitbeschäftigung“. Karla, die Krebs im Endstadium hat, ist sein erster Fall. Sie macht es ihm nicht einfach. „Sie wollen das erst lernen? Sie können das noch nicht?“, wirft sie ihm bei der ersten Begegnung vor. „Was bringt Sie dazu, fremde Leute zu besuchen, die bald sterben müssen?“

Bislang hatte Fred nie Probleme, diese Frage zu beantworten, doch in diesem Moment wird ihm blitzartig klar, dass er der spröden, eigenwilligen Fotografin nicht mit einer flammenden Rede über soziales Engagement kommen kann. Als Klara nicht lockerlässt, gesteht er ihr bei diesem ersten Kennenlernen ein, dass er Anfänger ist: „Es ist mein erstes Mal.“ Ihre Antwort: „Was für ein Zufall. Bei mir ist es auch das erste Mal.“

Es sind keine platten Witze auf Kosten ihrer Protagonisten in Susann Pásztors Buch, die das Publikum immer wieder zum Lachen bringen oder schmunzeln lassen. Vielmehr ist es ein besonderer, feinsinniger Humor, der die Grundstimmung des Buches vorgibt. Die Gratwanderung, nicht ins Rührselige abzugleiten, sondern das Thema einfühlsam, aber unpathetisch zu behandeln, dabei aber keinesfalls den Pfad der Pietät zu verlassen, ist Susann Pásztor meisterhaft gelungen.

Das attestierten ihr im Übrigen auch einige „fachkundige“ Zuhörerinnen, die sich als Mitarbeiterinnen der Hospizbewegung und der Trauerbegleitung im Dürener Raum zu erkennen gaben und im Anschluss an die Lesung mit ihr in einen regen Austausch traten. „Absolut authentisch“ lautete deren Lob.

Karlas trockener Humor, aber auch die Beziehung zwischen Fred und seinem 13-jährigen Sohn Phil, sorgten im Laufe des Abends immer wieder für Lacher. Als Freds Versuch, Karla mit ihrer Vergangenheit auszusöhnen, grandios scheitert, darf zunächst nur noch Phil, der Karlas Konzertfotos digitalisiert, sie besuchen. Am Ende des Buches schreibt er für ein Musik-Projekt an der Schule einen Rap über Karla, den er nur deshalb „Rap für Oma“ nennt, damit er zum vorgegebenen Wettbewerbsthema „Familie“ passt. Seine umwerfenden Verse über ihren bevorstehenden Tod beeindrucken selbst die knurrige Karla – auch wenn sie gesteht, bei dem Wort „Oma“ jedes Mal zusammenzuzucken. „Aber Kunst darf ruhig weh tun. Gute Arbeit“, lobt sie den Jungen. [pp]

30.6.2017KulturNideggen0 Kommentare bwp

Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.

Einen neuen Kommentar schreiben

Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.


  1. *Ihre eMail-Adresse wird nicht veröffentlicht
  2. Ein Passwort wird Ihnen an Ihre eMail-Adresse zugeschickt, Sie können es anschließend in Ihrem Benutzerberich leicht ändern.
  3. Den Button zur Registrierung finden Sie unter unserern folgenden Richtlinien:
Die Richtlinien für die Nutzung der EIFELON Diskussionsplattform
Die Benutzer bestätigen/akzeptieren mit ihrer Anmeldung unsere Richtlinien. Falls es im Nachhinein noch Änderungen an den Richtlinien gibt, werden die User beim nächsten Einloggen aufgefordert, die Richtlinien erneut zu bestätigen: Wir bieten Ihnen hier eine Plattform für sachliche und konstruktive Diskussionen. Um dies zu gewährleisten, behält sich die Redaktion vor, Kommentare nicht zu veröffentlichen, die einer sachlichen Diskussion nicht förderlich sind. Wir bitten Sie daher, durch die Einhaltung unserer Richtlinien zu einem freundlichen Gesprächsklima beizutragen.
1. Gegenseitiger Respekt
Bitte behandeln sie andere Nutzer so, wie Sie selbst behandelt werden möchten. Zeigen Sie Toleranz gegenüber anderen Meinungen und verzichten Sie auf persönliche Angriffe und Provokationen.
Selbstverständlich werden Kommentare, die ehrverletzend, beleidigend, rassistisch, pornografisch oder auf andere Weise strafbar sind, nicht freigeschaltet.
2. Wortwahl und Formulierung
Sachliche Argumentation ist die Basis für eine konstruktive Diskussionskultur. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihren Kommentar vor dem Abschicken zu überprüfen. Habe ich den richtigen Ton getroffen? Könnten meine Formulierungen Missverständnisse hervorrufen?
3. Benutzernamen
Diese genannten Richtlinien gelten auch für die Verwendung von Benutzernamen.
4. Quellenangaben und Verlinkungen
Wenn Sie Zitate verwenden, verweisen Sie bitte auf die Quelle und erläutern Sie deren Bezug zum Thema.
5. Zeichenbegrenzung
Die Länge eines Kommentars ist auf 1000 Zeichen zu begrenzen, um eine Moderation in einem adäquaten Zeitrahmen zu gewährleisten. Mehrteilige Beiträge können daher leider nicht berücksichtigt werden.
Bitte sehen Sie davon ab, denselben oder einen sehr ähnlichen Kommentar mehrmals abzuschicken.
6. Werbung
Die Nutzung der Kommentarfunktion zu kommerziellen Zwecken ist nicht erlaubt. Inhalte gewerblichen oder werbenden Charakters werden nicht freigeschaltet. Gleiches gilt für politische Aufrufe aller Art.
7. Sonstige Hinweise
Es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung eines Kommentars. Beiträge, die sich als falsch oder unwahr herausstellen, können auch im Nachhinein noch gelöscht werden. Sollten Sie auf Beiträge stoßen, die gegen die Richtlinien verstoßen, machen Sie die Moderation bitte darauf aufmerksam. Schicken Sie einfach den Link des betreffenden Kommentars mit einer kurzen Erläuterung an redaktion@eifelon.de. Bei wiederholten oder besonders schweren Verstößen gegen diese Richtlinien behalten wir uns einen Ausschluss einzelner User vor.


zurück zur Startseite