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Walter Bergsch mag an der Arbeit als Stellmacher, dass er ganz ohne moderne, technische Werkszeuge und Hilfsmittel auskommt. [Fotos: bvl]

Mit Sachverstand und Herzblut: Walter Bergsch, Stellmacher

Nideggen, Schmidt: Eine Drechselbank, Meißel, Bohrer, Ziehmesser, Schab- und Zapfenhobel, Schleifpapier. Ganz selten ein wenig Metall, aber jede Menge Holz – das ist seit den 1980er Jahren die Welt von Walter Bergsch – zumindest in seiner Freizeit, denn seinen Broterwerb verdient der Schmidter als Schreiner in einem ortsansässigen Betrieb. „Es ist vor allem das Arbeiten mit Holz ohne Verwendung von Leim, Nägeln und anderem. Zu sehen, wie beispielsweise so ein Wagenrad Stück für Stück entsteht, gibt mir ein Gefühl dafür, was man mit seinen Händen schaffen kann“, schwärmt der Stellmacher aus Passion.

Ob nun Stellmacher oder Radmacher – sich da festzulegen ist gar nicht so einfach. Die Berufsbezeichnung Wagner (Stellmacher), die vor allem in Süddeutschland verwendet wird, bezieht sich nicht nur auf das Herstellen von Kutschrädern, sondern auf die ganze Karosserie der Kutsche. Dazu gehörten auch Deichseln und Brücken. Stellmacher, ein Begriff der auch in der Eifel benutzt wurde, fanden ihr Einsatzgebiet vor allem in der Landwirtschaft. Alles, was zum Alltag eines Bauernhofes gehörte und aus Holz war, wurde von ihnen hergestellt oder repariert. Für diese Arbeiten blieb den damaligen Stellmachern jedoch nur der Winter, denn in den anderen Jahreszeiten gab es in der Landwirtschaft immer alle Hände voll zu tun.

Walter Bergsch trifft man nach der Arbeit entweder in seiner Werkstatt oder bei einer  Veranstaltung rund um sein Hobby an. Neben der qualifizierten Handarbeit setzt er sich sehr gerne dafür ein, dass die fast vergessene Tätigkeit als Stellmacher nicht völlig aus dem Bewusstsein der Menschen verschwindet. In allen Teilen Deutschlands, auch in der Eifel, gibt es Pferde und damit auch Kutschen. Anlässe, bei denen sein besonderes Geschick gefragt ist, gibt es also immer wieder. „Viele Leute wissen gar nicht, dass es noch Handwerker gibt, die das können. Aus allen Gegenden der Republik kommen Anfragen. Aus Bayern für den gesamten Unterbau von antiken Kanonen, für Lafetten und auch für die dazugehörigen Räder“, erzählt Bergsch. Im Westerwald zieren seine Räder einen historischen Pumpwagen der dortigen Feuerwehr und einen antiken Jagdwagen. „Hin und wieder repariere oder restauriere ich auch Karnevalswagen.“ Und wie es sich für einen zünftigen Stellmacher gehört, baute der Schmidter auch schon historische Trichter für Getreidemühlen und Schubkarren.

Alles in Handarbeit

Für die Arbeiten des Stellmacher,  wie zum Beispiel beim Modellieren der Speichen, gab und gibt es keine unterstützenden Maschinen. „Bei uns wird alles in Handarbeit gemacht. Ganz ohne Betriebsanleitungen und mit einem Talent fürs Improvisieren. Kein Auftrag ist wie der andere. Jede Arbeit ist stets eine neue Herausforderung.“

Als Routinier weiß Walter Bergsch aus dem Effeff, welche Hölzer er für welche Arbeit braucht.  Sein Werkstoff ist Holz, aber eben nicht jedes, sondern nur ganz spezielles Holz kommt zum Einsatz. Eiche und Esche am liebsten. Doch beide Hölzer sind alles andere als billig, sondern haben ihren Preis. Während man früher für die Radnabe Ulmenholz nutzte, weil das am wenigsten riss, und für die langen Speichen und Felgen gerne Esche und Eiche zum Einsatz kamen, wird heute mehr oder weniger alles aus Eiche gebaut.

Während der Aktionstage „Verrücktes Holz“ im Kommerner Freilichtmuseums, bei denen historische Berufe rund um das Thema Holz präsentiert wurden, führte auch Stellmacher Bergsch zusammen mit seinem Freund Walter Keil (aus Erftstadt-Gymnich) den Besuchern eindrucksvoll vor, wie ein Wagenrad ganz aus Holz entsteht. Die beiden lernten sich 2012 über Vermittlung des Freilichtmuseums Kommern kennen. Die Chemie der beiden Handwerker stimmte von Anfang an und zusammen mit Walter Bergsch‘ Ehefrau Agnes bilden sie ein echtes Kompetenzteam, wenn es darum geht, auch die unmöglichsten Aufträge rund um das Berufsbild des Stellmachers zu realisieren. „Was für ein Glück, dass meine Frau mein Hobby leidenschaftlich mit mir teilt und selbstverständlich auch bei allen auswärtigen Terminen, wie in Kommern, mit von der Partie ist“, freut sich Bergsch.

Wer den Stellmachern einmal bei der Arbeit zuschauen möchte und die komplexen und unterschiedlichen Arbeitsschritte beim Bau eines historischen Wagenrads in aller Ausführlichkeit erklärt bekommen möchte, der sollte sich unbedingt den nächsten Auftritt der Bergsch‘ und Walter Keil im LVR Freilichtmuseum Kommern vormerken: An den Sonntagen, 29. Mai und 3. Juli, heißt es dann erneut „Wagenrad und Reifen“.

Weitere Informationen unter: www.kommern.lvr.de.

12.5.2016LebenNideggen, Schmidt0 Kommentare bvl

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