Eifel: Die heimischen Gewässer kennt Lothar Pörtner seit Jahrzehnten wie seine Westentasche – egal, ob stille Stauseen oder rasante Fließgewässer. Doch seit 2006 lockt ihn das Fernweh. Dann geht der Nideggener gemeinsam mit seinen Kanufreunden auf Abenteuerreise nach Sibirien. Bereits zum achtem Mal verlebte er nun drei Wochen paddelnd in der Taiga: Diesmal auf einem Fluss, den – urkundlich – noch nie zuvor jemand per Kanu befahren hat. An Bord vier weitere Eifeler, die mit ihm gemeinsam 500 Kilometer des Flusses Siligir eroberten.
„Organisiert hat die ganze Tour der Russlanddeutsche Walter Dick aus Euskirchen“, schildert Pörtner und die Begeisterung spiegelt sich in seinem Gesicht wider. „Wer einmal mit hingefahren ist, dessen Herz hängt daran“, sprudelt er über. Die vierwöchige Tour war nicht nur für ihn Abenteuer pur. „Wir waren ‚Gleichverrückte’“, lacht er.
Diesmal machten sich insgesamt 13 Wassersportler – neun Männer und vier Frauen – auf den Weg nach Sibirien, um den unbekannten Flusslauf mit dem Boot zu erobern. Erst per Flugzeug, dann per Auto und letztendlich per Helicopter war die Crew unterwegs, um an ihren entlegenen Startpunkt zu kommen. Der Fluss Siligir windet sich durch ein Sperrgebiet, in dem großräumig Diamanten geschürft werden. Wegweiser für die abenteuerliche Flussfahrt war nur eine militärische Landkarte aus dem zweiten Weltkrieg, die den Wasserlauf des unbekannten Flusses grob verzeichnete. „Hinter jeder Flussbiegung steckte ein neues Abenteuer.“ Fast wie in berühmten Kinofilmen…
Etwa 25 bis 30 Kilometer wurden pro Tag zurückgelegt. Doch bevor es an „Bord“ ging, hieß es, Proviant für das dreiwöchige Fluss-Abenteuer zu bunkern. „Wir sind in Mirny von Laden zu Laden gezogen und haben Vorräte eingekauft.“ Hier Milchpulver, dort Brot, Käse und Schinken – je nachdem, wer was gerade vorrätig hatte. In einem anderen Geschäft wurden Zwiebeln, Buchweizen, Grieß und Unmengen von Fleischkonserven gekauft.
Bei der diesjährigen Flussfahrt durch Sibirien war Pörtner mit seinem Kanadier verantwortlich für den Transport der Küchen-Utensilien: Topf in Topf war die Gerätschaft zusammengebunden und auf der Persenning – der wasserdichten Abdeckung des Kanus – vertäut. „Bei Gegenwind und oft 50 Zentimeter hohen Wellen spürt man diesen zusätzlichen Ballast schon“, meint er im Nachhinein. „Wichtig ist es, beim Paddeln seinen eigenen Rhythmus zu finden“, schildert Pörtner seine Erlebnisse auf und am Wasser.
„Verglichen mit dem Siligir ist der Rhein ein kleiner Fluss“, beschreibt er die abenteuerliche Tour durch Sibirien. „Der Siligir ist sehr breit, aber nicht so tief.“ Deshalb waren die ersten Tage eher ein „Wasserwandern“. Die Boote mussten mehrere Tage über das Kiesbett des Flusses gezogen werden, um dann das Fließgewässer zu erreichen. Diese Anstrengungen sind anschaulich auf den Videos mitzuerleben, die Serge Temonow, ein Arzt aus Nowosibirsk, während der gesamten Tour gedreht hat.
„An den Ufern kann man nicht überall anlanden“, beschreibt Pörtner die tägliche Suche nach einer Rast- und Übernachtungsmöglichkeit. Schließlich musste die Uferböschung Platz genug für die vielen Zelte bieten. Zum ersten Mal hatte die 13-köpfige Crew unter Leitung von Walter Dick ein großes Tippi dabei. „Hier wurde gemeinsam gegessen und – gut aufgeheizt – konnte man das Tippi zum Aufwärmen auch als Sauna nutzen.“
Das tägliche Ritual war perfekt organisiert. „Ich hab Küchendienst!“ stand auf der Schürze, die das jeweils verantwortliche Duo dann trug. Zum Küchendienst gehörte, das abendliche Essen zuzubereiten, auf der Feuerstelle stets kochendes Wasser für einen wärmenden Tee bereitzuhalten, abschließend die Töpfe zu spülen und für die nächste Küchen-Crew Feuerholz fürs morgendliche Frühstück zu sammeln…Frisch geangelten Fisch gab es während ihrer Entdeckungstour zu Genüge – und in allen Varianten. „Falls der frisch geangelte Vorrat nicht reichte, sind wir einfach noch einmal in eine Bucht gepaddelt und haben Nachschub an Lenok oder Taimen besorgt.“ Besonders begehrt war der frisch gefangene, marinierte Hecht. In feine Streifen geschnitten, wurde der Hecht mit Essig und Zwiebeln eingelegt und am nächsten Morgen zum Frühstück gegessen. „Köstlich“, schwärmt Pörtner noch Wochen später.
„Eins war auch faszinierend festzustellen“, meint Pörtner mit überzeugendem Lächeln: „Wir hatten kein Handys, kein Fernsehen – nur Natur pur.“ Das wirkte sich natürlich auch auf die Psyche aus: „Einige von uns, die im deutschen Alltag Tabletten einnehmen müssen, konnten die Dosis während der Reise ohne Risiko absetzen. Wir waren in der Natur, haben uns viel bewegt und gesund ernährt. Jeder von uns hat dabei ein paar Kilo ‚Wohlstandsfett‘ verloren.“
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