Eifel: Bei dem schwarz glänzenden Flügel konnte Kabarettist Achim Konejung nicht widerstehen: „Normalerweise beteilige ich mich nicht an den Preisverleihungen“, meinte er fast entschuldigend zum Publikum, um im nächsten Moment vehement in die Tasten zu greifen. In Anspielung an den neu gewählten amerikanischen Präsidenten stimmte er den Blues „Uggly fat old man“ an. Feierlicher Anlass für das Intermezzo in der Internationalen Kunstakademie Heimbach war die Verleihung des mit 5.000 Euro dotierten Horst Konejung-Preises an die Künstlerin Maf Räderscheidt.
Sehr nachdenklich saß Achim Konejung anschließend am Flügel: Sein Vater, Stifter des Preises, habe als 18-Jähriger den Zweiten Weltkrieg überlebt. Als überzeugter Europäer habe er sich immer für Aussöhnung und grenzübergreifende Zusammenarbeit engagiert, doch falls er jetzt – von welcher Wolke auch immer – der Welt einen Besuch abstatten wolle, sehne er sich bestimmt schnell in himmlische Sphären zurück: „Damals waren es blonde Nazis, nun blondierte Narzissten.“
Laudator Professor Frank Günter Zehnder schilderte aus künstlerischer Sicht den Werdegang der ausgezeichneten Künstlerin, die seit Eröffnung der Internationalen Kunstakademie auf Burg Hengebach als Dozentin tätig ist. Nachdenklich und provokant habe er die Malerin in all den Jahren erlebt und verwies auf die scheinbar flüchtig gepinselten Plakate, die – wie Demonstrationsschilder auf Dachlatten genagelt – während der Preisverleihung unter der Decke des Bildhauerateliers schwebten. Eine Fülle von Zitaten und Lebensweisheiten vieler querdenkender Frauen.
Als Kunsthistoriker ging Zehnder natürlich auch auf Anton Räderscheidt, den Großvater der Preisträgerin, ein. Ist es ein Segen oder ein Fluch, sich mit solch einem berühmten Nachnamen in der Szene behaupten zu müssen? Rebellisch erkämpfte sich Räderscheidts Enkelin einen Platz in der etablierten Kunstszene, ohne sich jedoch dem Diktat unterzuordnen. Mit den Worten „Ich gratuliere der Stiftung zu der Wahl und Maf Räderscheidt zu ihrem Preis“ übergab Kunstakademie-Leiter Zehnder dann das Mikrofon an die sichtlich gerührte Preisträgerin.
„Ich bin immer noch vorlaut, wild und ungezähmt“, postulierte sie in ihrer Dankesrede. Ohne ondulierte Frisur und dreireihiger Perlenkette. „Ich habe immer versucht, Leben und Malerei eins werden zu lassen, das sagen und malen zu dürfen, was ich will.“ Deshalb seien ihre Arbeiten „ein Gipsabdruck“ ihrer Seele. Nach Wunsch ihrer Familie hätte sie damals, in den 1970er Jahren, öfter mal den Mund halten und am besten Buchhändlerin werden sollen. Doch damals bestärkte sie der Kölner Musiker Winfried Bode, ebenfalls zu Pinsel und Farbe zu greifen. Kein Wunder also, dass der damalige Mentor Bode mehrfach zur Gitarre griff. „Sweet dreams“ war sein erster nostalgischer Titel, den er während der Feierstunde im Palas anstimmte.Das ungebündelte Temperament von Maf Räderscheidt scheint nicht zu bremsen zu sein. 2008 zog sie mit ihrer Familie von Köln nach Schleiden, inspirierte hier mit ungewöhnlichen Ideen die Kunstszene, sorgte für manchen „Kulturschock“ und ist seitdem aus der engagierten Flüchtlingshilfe nicht mehr wegzudenken. Als Dr. David Eisermann, Beiratsvorsitzender der 2004 gegründeten Stiftung, die Urkunde in einer weinroten Mappe überreichte, meinte Maf Räderscheidt mit einem Augenzwinkern: „Toll, die kann ich für die nächste Steuererklärung gebrauchen.“
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.