Schleiden, Gemünd: „Klar freue ich mich”, erzählt Janine Schmidt vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn. Schon in der zweiten Woche ihrer Suchmission saß das Objekt der Begierde in der Falle: die Sumpfspitzmaus Neomys anomalus. Im vergangenen Jahr hatte Clara Felz, Praktikantin im Nationalpark Eifel, die Spitzmaus zufällig entdeckt. Im Rahmen einer Studie zu Todfunden von Tieren auf dem auch von Fahrradfahrern genutzten Urftseerandweg stieß sie auf ein totes Exemplar. Allerdings war sie sich nicht sicher, ob es sich wirklich um eine Sumpfspitzmaus handelte und fuhr daher zum Bonner Forschungsmuseum. Hier konnten Mitarbeiter das Tier eindeutig als Neomys anomalus identifizieren.
Für den Nationalpark ist der Fund eine Besonderheit, wurde die Sumpfspitzmaus in der Region letztmalig 1978 bei Freilingen im Kreis Euskirchen festgestellt. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie jemals weg war. „Ich denke, dass sie die ganze Zeit da war”, sagt Janine Schmidt, „es hat nur lange niemand gezielt nach ihr gesucht.”
Die gezielte Suche hat Schmidt, die Spezialistin für Kleinsäuger, schließlich nach dem Zufallsfund der Praktikantin im Auftrag des Nationalparks in Angriff genommen. Das war vor vier Wochen. Da ist sie mit der Bonner Kollegin Thalia Jentke und Sophia Austrupp vom Nationalpark losgezogen, hat in Bachauen, im Buchen- und im Fichtenwald, auf Grünland-, Brachland- und Windwurfflächen des Schutzgebietes Lebendfallen aufgestellt, diese Tag und Nacht im Fünfstundentakt kontrolliert. Bei Funden hat das Team die Kleintiere vermessen und samt Lebensraum beschrieben. „Die Tiere sollen möglichst kurz gefangen sein, nicht zu großen Stress haben und schnell ihrer Nahrungssuche und ihrem natürlichen Leben wieder nachgehen können“, so die 29-Jährige.Für das Team hingegen war Schlaf Mangelware. Umso mehr haben sie sich gefreut, dass gleich zu Beginn der zweiten Woche ihrer Untersuchung neben Rötelmaus, Wald-, Gelbhalsmaus und Schabrackenspitzmaus eine Sumpfspitzmaus in der Falle saß. Das war in dem für diese Spitzmaus geeigneten Bachauenhabitat. „So wussten wir, dass wir unsere Fallen richtig aufgestellt haben”, erzählt Schmidt, die auch davon berichtet, dass manchmal drei Jahre und mehr verstreichen können, ehe Forscher ihr Suchobjekt aufspüren. Jetzt hat Janine Schmidt die letzten Fallen abgebaut, die insgesamt knapp 300 Mäuse und Spitzmäuse gefangen haben. Neben einem sicheren Nachweis hat das Team zwei weitere Tiere gefunden, die möglicherweise Sumpfspitzmäuse sind. DNA-Analysen von Fellproben im Forschungsmuseum werden hierüber Auskunft geben. In den nächsten Tagen beginnt Biologin Schmidt mit der Auswertung der Projektdaten.
„Wir hoffen, durch die Untersuchungen mehr Informationen zu Verbreitung, Verhalten und Ökologie der hier seltenen Sumpfspitzmaus zu erfahren“, so der Zoologe Sönke Twietmeyer vom Nationalparkforstamt Eifel. Finanziell hat der Förderverein Nationalpark Eifel das Sumpfspitzmaus-Suchprojekt unterstützt. Die im Rahmen des Projektes gewonnen genetischen Daten (www.bolgermany.de ) fließen auch in die Datenbank GBOL (German Barcode of Life) ein. Hier wird der jeweils genetische Fingerabdruck aller in Deutschland vorkommenden Pflanzen und Tiere erfasst.
Wer glaubt, dass die Spitzmaus ein Nagetier ist, irrt: Sie ist keine echte Maus. Die Verwandte von Igel und Maulwurf gehört zu den Insektenfressern. Das Besondere: Neben ihrer großen Schwester, der hier mehr gesichteten Wasserspitzmaus, zählt sie zu den wenigen giftigen Säugetieren weltweit. Mit ihrem Gift, das sie in Drüsen unter der Zunge produziert, lähmt oder tötet sie ihre Beute innerhalb von Minuten: Wasserinsekten und ihre Larven, Weberknechte und Regenwürmer.
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