Zülpich: In dieser Woche wurde in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur – die neue Ausstellung „Vergessene Gäste. Kurort und Krieg.“ eröffnet. Es werden die eher dunklen und belastenden Geschichtskapitel deutscher Kurorte während der Kriegsjahre des 19. und 20. Jahrhunderts beleuchtet. Die „Blütezeit“ der Bäder im 19. Jahrhundert ist schon oft dokumentiert worden. Doch die gepriesene heile Welt der Badeorte hatte immer auch dunkle Seiten – die Nutzung der besonderen Infrastruktur der Kur- und Badestädte für militärische Zwecke.
Ein ungeliebtes Thema, das bis heute kaum erforscht ist. Denn in zahlreichen Heilbädern wurden Reservelazarette eingerichtet und zusätzlich Kurlazarette ausgewiesen, die die speziellen örtlichen Heilverfahren nutzten, um Soldaten wieder diensttauglich zu machen. Häufig wählten die Militärführungen auch Kurorte für ihre Hauptquartiere aus. Offenbar boten die zahlreich vorhandenen Hotels, die Veranstaltungsräume und das kurörtliche Ambiente ein passendes Umfeld für die Unterbringung militärischer Stäbe. Auch in Zülpich dienten die heutigen Gebäude der Zülpicher Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Marienborn als Lazarett – zunächst für deutsche Soldaten, später auch für Briten und US-Amerikaner.
Die Ausstellung zeigt das Leben und das Leid im Kurort im Ausnahmezustand von Kriegen, sowie seinen Folgen und geht bis in die Gegenwart. Eine Videosequenz zu Soldaten mit posttraumatischem Belastungssyndrom, die in Bad Wildungen behandelt werden, belegt aktuelle Kriegsfolgen. Die Ausstellung zeigt aber auch, dass Kurorte trotz vieler Beeinträchtigungen versuchten, medizinisch und finanziell von Kriegen zu profitieren.
Über die Sammlungsbestände der beteiligten Museen hinaus konnte auf Leihgaben aus der privaten Sammlung des Kasseler Mediziners Dr. Horst Haferkamp, des Deutschen Medizinhistorischen Museums in Ingolstadt, sowie auf Leihgaben des Rotkreuz Museum vogelsang ip zurückgegriffen werden. So ist ein komplettes Lazarettbesteck zur Vornahme von Amputationen zu sehen; „Moulagen“, Abformungen erkrankter und verletzter Körperteile, verdeutlichen die typischen Verletzungen der beiden Weltkriege; an Zandergeräten kann der Besucher aber auch selbst heilgymnastische Übungen ausführen, wie sie verwundete Soldaten trainieren mussten. Die Reservistenkameradschaft Zülpich hat dem Museum zudem eine Splitterweste, sowie einen Helm zur Verfügung gestellt, die von den Besucherinnen und Besuchern anprobiert werden können.
Die Wanderausstellung wurde von der Arbeitsgruppe Kurort und Krieg – bestehend aus dem Museum Obere Saline in Bad Kissingen, dem Kur-, Stadt-, Apothekenmusem Bad Schwalbach, dem Museum im Schloss Bad Pyrmont sowie den Städtischen Museen Bad Wildungen – der Arbeitsgemeinschaft der Kur- und Bädermuseen Deutschlands konzipiert.
Die Präsentation ist bis zum 8. November dienstags bis freitags von 10.00 bis 17.00 Uhr, am Wochenende von 11.00 bis 18.00 Uhr zu sehen. Der Eintritt in die Ausstellung kostet 2,00 Euro, ermäßigt 1,50 Euro.
Begleitend findet am Donnerstag, 24. September, um 19.00 Uhr ein Vortrag statt. Kostenbeitrag fünf Euro.
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