Umland, Köln: Sogar aus den Gullys kommt Musik: Die Klangplastik „Versunkene Glocken“ von Johannes S. Sistermann dürfte wohl das ausgefallenste „Konzert“ beim 6. „Acht Brücken“-Festival werden. Es beginnt am 30. April und endet am 10. Mai. Elf Tage lang werden an 15 Spielorten 57 Konzerte angeboten, darunter 14 Uraufführungen. Allein 1.000 Chorsängerinnen und –sänger treten auf. Zusammengerechnet warten über 73 Stunden Musik auf die Freunde von zeitgenössischer freier Musik, von Jazz, Pop, Weltmusik und natürlich auch den buntesten Mixturen aus allem.
Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr die – der breiten Öffentlichkeit unbekannte – russische Komponistin Olga Ustwolskaja (1919 bis 2006). Von ihren 25 Kompositionen werden 21 aufgeführt. Ihre Markenzeichen sind revolutionäre Kompositionsformen, die höchste technische Anforderungen verlangen, sowie ausgefallene Besetzungen wie acht Kontrabässe, Holzwürfel und Klavier. Zugleich entspricht sie mit ihrem Anspruch dem diesjährigen Festivalmotto „Musik und Glaube“. Dabei gehe es nicht um religiöse Musik, erklärt Louwrens Langevoort, sondern um „die klingende Welt der Spiritualität“, um „Konzepte des Dies- und Jenseits, der Transzendenz oder der Unendlichkeit“. Darauf neugierig machen soll die Musik aus verschiedenen Kulturen, hofft der Festivalleiter und Intendant der Kölner Philharmonie.
Obwohl noch nicht als Gotteshaus eröffnet, ist die Kölner Zentralmoschee mit einem Konferenzraum erstmals als Spielstätte dabei. Hier wird unter anderem das Ditib-Sufi-Ensemble auftreten. „Gute Musik spielt auch im Islam, auch in der Liturgie eine wichtige Rolle“, betont der Generalsekretär der türkischen Religions-Anstalt Ditib und kritisiert die Ablehnung von Musik, wie sie etwa in Saudi-Arabien und auch vom selbsternannten Islamischen Staat vertreten wird, als nicht dem Koran entsprechend.
Kölns Ex-Generalmusikdirektor Markus Stenz dirigiert deutsche Erstaufführung
Oliver Messiaen und Wolfgang Rihm gehören zu den bekannteren Künstlern, deren Werke aufgeführt werde. Weitere Komponisten sind Jonathan Harvey, Naji Hakim und Samuel Barber. Unter der Leitung von Kölns ehemaligem Generalmusikdirektor Markus Strenz bringt das Netherlands Radio Philharmonic Orchestera John Adams’ „The Gospel According to the Other Mary“ zur deutschen Erstaufführung. Ebenfalls uraufgeführt werden unter anderem Kompositionen von Toshio Hosokawa, Farziah Fallah, Camille van Lunen und Jens Düppe/Peter Schanz, darunter sind auch drei Finalwerke des „Acht Brücken“-Kompositionswettbewerbs.
Zum Überblick über die zeitgenössische Musik tragen der Senegalese Faada Freddy mit A-Capella-Gospeln, „Six pianos“ des Minimal-Komponisten Steve Reich, die Jazz-Fusion „Zion 80“ mit Afro-beat aus New York und die südindische Sängerin Bombay Jayashri Ramnath bei. Drei Schulen stellen ihre Projekte vor und auch Freunde moderner Chormusik kommen auf ihre Kosten. Groß ist auch das Angebot an kostenlosen Veranstaltungen, darunter der „Acht Brücken“-Lunch im Festivalzelt mit zahlreichen musikalischen Appetizern und zwei kubanischen Nächten.
Festivalchef Louwrens Langevoort hält das Festival bis 2020 für gesichert
Unklar ist die weitere Finanzierung des Festivals. Schon in diesem Jahr gab es keine städtischen Zuschüsse mehr, lediglich der Zugriff auf Rücklagen von KölnMusik, der Betriebs- und Servicegesellschaft der Philharmonie, wurde bewilligt. Dies deckt ein Drittel des aktuellen Etats von 1,6 Millionen Euro. Ein weiteres Drittel kommt von Sponsoren, das letzte aus Eintrittsgeldern. Bislang kamen zu den fünf Festivals im Schnitt 20.000 Zuhörer. Langevoort hofft 2016 auf eine kleine Steigerung.
Zu den „Sponsoren“ des Musik-Events gehört auch die Kunststiftung NRW. Sie hat das Festival und dessen „Triennale“-Vorläufer seit 1994 mit bislang drei Millionen Euro gefördert. In diesem Jahr finanziert sie mit 82.000 Euro die Ustwolskaja-Aufführungen. Stiftungsvertreter Hans-Joachim Wagner richtete den „dringend Appell“ an Kölns Verwaltung und Politiker, dem Festival eine ausreichende Finanzierung zu garantieren – auch um das Image der Musikstadt Köln zu erhalten. Dass sich Langevoort diesem Appell anschließt, versteht sich von selbst. Er geht allerdings davon aus, dass die Existenz von „Acht Brücken“ bis 2020 gesichert ist. Dann laufe sein Vertrag aus – und in dem sei ihm auch seine Position als Gesamtleiter des Festivals festgehalten.Ein Konzertticket kostet 15/10 Euro, der Festivalpass 105/51 Euro. Vorverkauf unter anderem bei KölnMusik im Römisch-Germanischen Museum, Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa 10-16 Uhr, sowie allen KölnTicket angeschlossenen Vorverkaufsstellen. Ticket-Hotline: 0221 – 280281. [ehu]
Weitere Informationen: www.achtbruecken.de
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