Zülpich: „Nackte Tatsachen“ in den Römerthermen? Ganz so nackt sind die Tatsachen dann doch nicht. Es geht in der neuen Sonderausstellung der Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur, die am 11. März eröffnet wird, um das Baden in Ost und West. Gab es Unterschiede zwischen DDR und BRD? Oder doch mehr Gemeinsamkeiten? Die Ausstellung gibt Antworten auf viele Fragen.
Schon lange spielte Museumsleiterin Dr. Iris Hofmann-Kastner mit dem Gedanken, die Badekultur in West- und Deutschland zu einem Thema in den Römerthermen zu machen. Theresa Zöller, zur Zeit als wissenschaftliche Volontärin im Museum beschäftigt, schien dafür prädestiniert, hat ihre Familien doch Wurzeln in Thüringen. „Die Auswirkungen der deutschen Teilung auf die Entwicklung der Badekultur sind nicht so klar identifizierbar, wie man annehmen möchte“, meint die Museumsleitern, „es gab viele Unterschiede aber durchaus auch Gemeinsamkeiten.“
Theresa Zöller hat die Ausstellung kuratiert. „Die DDR war nicht so hinterwäldlerisch, wie viele denken“, erklärt sie bei einem Rundgang vorab durch die Ausstellung. In den Vitrinen befinden sich viele Ausstellungsstücke, die zeigen, das Ost- und Westdeutschland in vielen Dingen gar nicht so weit auseinanderlagen. Die Dose mit der Florena-Creme ähnelt beispielsweise stark der westdeutschen Nivea-Creme, die ostdeutsche Seife „Nautic“ wird noch heute hergestellt und auch in Sachen Fön, Rasierer und anderer Hygieneprodukte sieht vieles ähnlich aus. Alle Ausstellungsstücke sind mit kleinen Fähnchen versehen, damit sofort zu erkennen ist, aus welchem Land die Produkte stammen. Oftmals seien die Materialien der West-Produkte höherwertig und die Materialbeschaffung einfacher gewesen, erklärt Theresa Zöller. Zusammen mit dem Haustechniker hat sie sogar ein DDR-typisches Badezimmer nachgebaut.Der erste Blick beim Betreten des Ausstellungsraumes fällt auf eine Mauer – genauer auf ein kleines Stück Mauernachbildung der Berliner Mauer. Doch sie soll die Ausstellung nicht in Ost und West teilen, sondern vielmehr in den privaten und öffentlichen Badebereich. Nachdem die Besucher die private Abteilung durchschritten haben, geht es in die Öffentlichkeit und da dreht sich dann doch einiges um die „Nackten Tatsachen“. Viele verbänden die FKK-Kultur mit der DDR, meint Zöller, doch die Wurzeln lägen schon im alten Kaiserreich im ausgehenden 19. Jahrhundert. Und nach dem Zweiten Weltkrieg hatte es die Freikörperkultur mit ihren Vereinen in der BRD sogar leichter als in der DDR. Doch dies sollte sich in den 1960er Jahren ändern. Organisiert waren die Ostdeutschen allerdings nicht, nackt baden gehörte einfach dazu. „Man versuchte, sich Nischen zu schaffen“, verdeutlicht die Kuratorin diese Entwicklung. „Die Freikörperkultur bildet aber nur eine von drei inhaltlichen Säulen im Konzept der Ausstellung“, betont Theresa Zöller. Zu sehen ist auch ein kurzer Film: Es handelt sich um die Deutsche Wochenschau vom 7. August 1962, die ein wenig die Freikörperkultur in der DDR aufs Korn nahm.
Die Ausstellung ist abwechslungsreich und interessant gestaltet und so mancher Besucher wird in Erinnerungen schwelgen. Und für die Jüngeren, die die Trennung der deutschen Staaten nur aus Erzählungen kennen, ist es spannend zu sehen, dass es doch viele Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern gab. Das Datum der Ausstellungseröffnung ist im Übrigen nicht zufällig gewählt, wie die Museumsleiterin erklärt. Am 10. März 1952 bot Stalin der Bundesrepublik Deutschland Verhandlungen zur Wiedervereinigung an – natürlich zu seinen Bedingungen. Das Ergebnis ist bekannt, erst 1989 fiel die Mauer.
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