Zülpich: Rutschenparadies, Massagedüsen, Babybecken, Strömungskanal… Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war dies in den Schwimm- und Volksbädern kein Thema, vielmehr ging es um die Körperhygiene. „Jedem Deutschen wöchentlich ein Bad!“, forderte schon der Mediziner Oskar Lassar, der 1883 in Berlin Prototypen seiner reproduzierbaren Brausebäder vorstellte.
In der neuen Sonderausstellung „Wasser ist nicht nur zum Waschen da. Bäderarchitektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts“ in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur erhalten Besucher einen Überblick über die Architektur der damaligen Schwimm-, Volks- und Kurbäder. Von gradliniger Industriearchitektur bis hin zu pompösen, fast schon sakral anmutenden Gebäuden reicht das Spektrum der Architektur. Rund ein Jahr hat Kuratorin Lucia Klug benötigt, um die Ausstellung zu planen. Modelle gibt es zu sehen, ebenso wie viele Fotografien und Zeichnungen.
Die ursprüngliche Idee, Architektur zu zeigen, die Beispiele für die Zeit des Bauhauses darzustellen, musste Lucia Klug schnell aufgeben: „Es gibt kein Bauhaus in der Bäderarchitektur.“ Also nahm sie sich die Zeit von 1900 bis etwa 1930 vor, um zu zeigen, was sich in diesen Jahren entwickelt hat. Und das sei eine ganze Menge gewesen, erzählt Klug. Es habe einen großen Umschwung gegeben.Sich „ordentlich“ waschen – jedenfalls einmal in der Woche – wurde zum Ziel. Vor allem in der Zeit der Industrialisierung wurde das Baden immer wichtiger. Auch für die weniger betuchten Menschen. In den Wohnungen gab es nur selten ein eigenes Bad, gewaschen wurde sich in Schüsseln, eine eigene Badewanne war purer Luxus. Da auch die Erholung ein immer wichtigeres Thema wurde, konnten sich die Besucher der Volksbäder nicht nur ein Wannen- oder Brausebad gönnen, sie konnten auch ihre Bahnen in der Schwimmhalle ziehen – natürlich damals nach Geschlechtern getrennt. Saunen, Friseure und mitunter sogar Hundebäder zogen schnell in die Gebäude mit ein.
Auch in Kurbädern gab es Entwicklungen, die mehr Möglichkeiten in der Freizeitgestaltung eröffneten. Neben Theatern wurden Bibliotheken, Cafés und Geschäfte in den Kurorten angesiedelt.
Wasser wurde inszeniert“,
erklärte Museumsleiterin Dr. Iris Hofmann-Kastner.
Die Gebäude muten zum Teil an wie kirchliche Bauten, wie das Beispiel Karlsbad zeigt. Zusätzlich zu den Brunnenpavillons gab es zur Trinkkur häufig die Möglichkeit, Zeit in der anschließenden Wandelhalle zu verbringen. Eine ganzjährige Nutzung wurde dadurch möglich. In Bad Kissingen wurde ein Arkadengang zwischen der Wandelhalle am Rakoczibrunnen und dem Regentenbau angelegt. Der Heilsuchende konnte nun zwischen dem Brunnengebäude, dem Sport- und Hauptgebäude bei jedem Wetter flanieren.
Gebäude der Volks- und Kurbäder werden heute nur teilweise noch in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt. Aus dem Stadtbad Duisburg wurde zum Beispiel das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt. Das Stadtbad in Alt-Hürth steht leer und das Goseriedebad in Hannover wurde zu einem Bürogebäude umfunktioniert.
Rahmenprogramm zur Ausstellung
8. September: „Tag des offenen Denkmals“ – Eintritt frei
- 13.00-15.00 Uhr: SchülerInnen führen Kinder und ihre Eltern
- 13.00-15.00 Uhr: Mache ein Foto von dir in Bademode der 1920er Jahre
- 15.00 Uhr: Kuratorenführung
8. November: 19.00 Uhr Vortrag „Wasser ist nicht nur zum Waschen da. Bäderarchitektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts“ von Kuratorin Lucia Klug, M.A. Der Eintritt ist frei, in Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Verein für Denkmalschutz und Landschaftspflege, kurz: RVDL
1. Dezember: 15.00 Uhr Kuratorenführung
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