Nideggen, Abenden: 1.500 Stunden kommen pro Jahr zusammen, um ein Freibad zu betreiben – von der Badeaufsicht über den Kassierer, Gärtner und Techniker bis hin zum Würstchenverkäufer und natürlich die Organisatoren. 1.500 Stunden, die die Abendener für ihr Freibad ehrenamtlich aufbringen.
Den Schritt ist die Dorfgemeinschaft bewusst gegangen, denn anders gäbe es das Freibad heute nicht mehr. Für die Abendener unvorstellbar. Baden hat in dem Eifeldorf Tradition. Anfang der 1930er Jahre gab es im Ort eine Badeanstalt mit Badekabine und Badesteg am Rurufer. Im Krieg hat sich natürlich niemand mehr für das Baden in der Rur interessiert. Aber in den 1950ern zog das Freibad in der Rur immer mehr Touristen an. Das Dorf war es dann auch, das sich Umbauten an der Staumauer widersetzte, fürchtete man zu kaltes Wasser für die Badegäste, die fernzubleiben drohten. Den Widerspruch würde man allerdings zurückziehen, wenn der Wasserverband ein Freibad in Abenden baue und betreibe… Letztendlich bauten sich die Abendener 1969 ihr Freibad größtenteils in Eigenleistung. 1970 eröffnete es. Betreiber war die Gemeinde Abenden, nach der kommunalen Neugliederung die Stadt Nideggen.1970 war der damals vierjährige Ralf Heidbüchel einer der ersten, die im Freibadwasser plantschten. Wie die meisten anderen Dorfbewohner hat das heutige Co-Vorstandsmitglied des Freibades (neben Guido Ruland) sämtliche Sommer seiner Kindheit und Jugend dort verbracht. Nachdem die Stadt Nideggen wegen der Haushaltssanierungsmaßnahmen (von 2013 bis 2021) das als freiwillige Leistung betriebene Freibad abstoßen musste und 2016 ein Investor absprang, sprang der Förderverein der Abender Freiwilligen Feuerwehr kurzfristig ein und kümmerte sich für eine Saison um das Bad mit Unterstützung anderer Vereine. Auf Dauer war das keine Lösung.
Allerdings: „Es gehört zu unserer Jugend und wir konnten uns nicht vorstellen, dass es nicht mehr sein soll“, sagt Heidbüchel. Auch die heutigen Kinder und Jugendlichen und am besten künftige Generationen sollen den Badespaß erleben dürfen und eine Möglichkeit vor Ort haben, schwimmen zu lernen. Heutzutage wohl ein Luxus, denn schon im letzten Jahr schrieb die FAZ:„Seit dem Jahr 2000 wurde in Deutschland jedes zehnte Bad geschlossen, jedes zweite muss saniert werden. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich: 59 Prozent der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer“ .
Seit 2017 kümmert sich die Dorfgemeinschaft nun um das Freibad. Um die immense Arbeit ehrenamtlich leisten zu können, hatten sich die Abendener Vereine mit der Dorfgemeinschaft als Dachverband zuvor neu organisiert. Dessen Vorstand ist breiter aufgestellt, die Mitglieder alle gleichberechtigt. Die Abteilungen (Freibad, Brauchtum, Finanzen und Recht, Dorfhalle, Schriftführung, Richtlinien und Investitionen) arbeiten autark.
In der Nähe wird auch das Freibad Vossenack ehrenamtlich betrieben. Im Sommers 2013 stand die Schließung an. Für die Gemeinde Hürtgenwald war der Betrieb des Freibades auf lange Sicht ein Minusgeschäft. „Da die Gemeinde Hürtgenwald finanziell besser dastand als die Stadt Nideggen, konnte sie dem Freibad mit einem Betriebskostenzuschuss für die Sanierung und Modernisierung helfen“, erklärt Heidbüchel.
Das Abendener Freibad wurde für dringende Sanierungsarbeiten – beispielsweise musste eine neue Pumpe eingesetzt werden – von Wirtschaftsunternehmen und der Stadt Nideggen unterstützt. Doch weitere Sanierungsarbeiten stehen an. Und wie schnell kann an der empfindlichen Wasseraufbereitungsanlage etwas defekt sein. Um finanziell ein gutes Polster zu haben, bewirbt sich die Dorfgemeinschaft im Hinblick auf die lange Badetradition in Abenden deshalb beim Förderschwerpunkt Heimat-Zeugnis im Landesprogramm „Heimat. Zukunft. Nordrhein-Westfalen Wir fördern, was Menschen verbindet.“ Heidbüchel ist zuversichtlich.
Das Ehrenamt ist eine zarte Pflanze. Man muss über die Jahre immer Menschen finden, die bereit sind, einen großen Teil ihrer Freizeit darin zu investieren“,
weiß Heidbüchel. Momentan sieht er keine andere Lösung für das Fortbestehen des Freibades als durch das Ehrenamt. Das Team besteht aus 30 Menschen von verschiedenen Vereinen. Sie sind ein Teil der sechs Millionen Ehrenamtler in NRW und 23 Millionen bundesweit. Heidbüchel freut sich, dass die Hilfsbereitschaft stark gestiegen ist, als klar war, dass es eine Perspektive für das Freibad gibt. Den vielen engagierten Menschen ist er sehr dankbar. Die Besucher haben das sanierte gepflegte Bad und die Speiseauswahl am Kiosk sehr positiv angenommen. 11.000 waren es im letzten Jahr, in dem auch das wunderbare Sommerwetter mitspielte. Diesen Samstag, 15. Juni, startet das Freibad um 11.00 Uhr in die diesjährige Saison.
Heidbüchel beschreibt das Freibad in Abenden als sehr kinderfreundlich: Der Wasserspiegel ist größtenteils sehr niedrig, so dass Kinder dort sicher spielen können. Die maximale Wassertiefe im hinteren Bereich beträgt 1,50 Meter. Es gibt nur ein Becken und ist damit für Eltern sehr übersichtlich. Zum Schwimmbad gehören ein Sandkasten und ein Beach-Volleyballfeld. Ein Spielplatz befindet sich in der Nähe. Für das leibliche Wohl sorgt ein modernisierter Kiosk. Die Preise werden durch das Ehrenamt subventioniert und seien dadurch familienfreundlich.
Sportfreunde aufgepasst:
Letztes Jahr war Abenden zum ersten Mal eine Station beim Rur-Eifel-Volkslauf Cup und wurde prompt von den Teilnehmern zur zweitschönsten Veranstaltung gekürt. Mit zwei Strecken (fünf und zehn Kilometer) ist das Dorf am 8. September auch in diesem Jahr wieder dabei. Start und Ziel ist das Freibad Abenden. Hier findet auch die Versorgung und alles rund um die Organisation statt. Wer möchte, kann sich jetzt unter rureifelvolkslaufcup.de für den Lauf anmelden. Der Tageserlös aus der Cafeteria geht zugunsten des Freibades Abenden.
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