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Am Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete "Heimaturlaub" manchmal: Von der Front an die Front. [Foto: eifelon]

1944 – Eine Weihnachtsgeschichte

Eifel: Vor 70 Jahren erlebte der kleine F. Vincken dieses unvergessliche Weihnachtsfest.

Ich war damals 12 Jahre alt, und wir lebten in einem kleinen Häuschen in den Ardennen. Dieses Haus hatte mein Vater benutzt, wenn er an Wochenenden auf die Jagd ging; und als Aachen immer stärker unter Luftangriffen zu leiden hatte, schickte er uns dorthin.

Vor einer Woche hatte Generalfeldmarschall von Rundstedt mit der letzten Offensive die nach ihm benannte Schlacht gewonnen. Wir hören unaufhörlich das dumpfe Donnern der Geschütze und der über unserem Gebiet dröhnenden Flugzeuge, als es an der Tür klopfte. Mutter löschte schnell die Kerze und öffnete die Tür. Hier standen nun vor verschneitem Hintergrund zwei amerikanische Soldaten. Der eine redete Mutter in einer Sprache an, die sie nicht verstand, und zeigte dabei auf einen dritten, der schwer verwundet im Schnee lag.

„Kommt rein!“, sagte Mutter. Die Soldaten trugen ihren Kameraden ins Haus und legten ihn auf ein Bett.

Sie legten ihre durchnässten Kleidungsstücke zum Trocknen ab. Wir erfuhren, dass sie drei Tage auf der Suche nach ihrer Truppe im Wald herumgeirrt seien, immer auf der Hut vor den Deutschen.

„Geh, hol Hermann und bring auch Kartoffeln mit!“, sagte Mutter. Hermann war ein fetter Hahn, den wir mästeten für den Fall, dass Vater zu Neujahr nach Hause kam. Mutter sich anders besonnen, Hermann sollte jetzt wohl eine andere dringendere Aufgabe erfüllen. Während nun Mutter und ein Amerikaner sich um den Verwundeten kümmerten, half mir der zweite bei der Arbeit in der Küche. Ich deckte gerade den Tisch, als es wiederum an der Tür pochte. Draußen standen vier deutsche Soldaten, die sich ebenfalls in den Wäldern verirrt hatten. Wir waren erstaunt und verwirrt. Doch Mutter trat hinaus den Soldaten entgegen und wünschte den Erstaunten: „Fröhliche Weihnachten!“. Der deutsche Unteroffizier entgegnete: „Wir haben unsere Einheit verloren, können wir bis zum Tagesanbruch in Ihrem Haus bleiben?“ „Natürlich, Sie können auch eine warme Mahlzeit haben, so lange der Vorrat reicht“, erwiderte meine Mutter.“ Aber wir haben noch andere Gäste im Haus, die Sie vielleicht nicht als Freunde ansehen. Aber hier wird heute Nacht nicht geschossen.“ Der Anführer barsch: „Amerikaner?“ Mutter sah alle vier an und sagte: „Ihr könntet alle meine Söhne sein, und die da drinnen auch. Einer von ihnen ist verwundet und ringt mit dem Tod. Ihr alle seid müde und hungrig und in dieser Heiligen Nacht denken wir nicht ans Töten. Legt Eure Waffen ab und machen Sie schnell, sonst essen die anderen alles auf!“ Die Soldaten legten nun ihre Waffen auf eine in der kleinen Diele stehende Kiste ab, und Mutter brachte auch die Waffen der Amerikaner und legte diese dazu.

Nun wurden Stühle und Kisten hin und her geschoben, bis alle einigermaßen Platz hatten. Da nun einige Esser mehr im Hause waren, musste Mutter sehen, dass alle satt wurden. Der Verwundete auf dem Bett stöhnte, und einer der Deutschen, der vor der Militärzeit mit dem Studium der Medizin begonnen hatte, beugte sich über die Wunde und sagte in englischer Sprache, dass die Wunde dank der Kälte nicht infiziert sei. „Er braucht nur Ruhe und ein kräftiges Essen, um den Blutverlust auszugleichen.“ Der Unteroffizier brachte aus seinem Brotbeutel eine Flasche Rotwein zum Vorschein, ein anderer zog einen Laib Brot hervor, den Mutter in Scheiben schnitt. Von dem Rotwein stellte sie einen Rest für den Verwundeten zur Seite und forderte nach der Mahlzeit alle auf, mit nach draußen zu kommen und den „Stern von Bethlehem“ anzuschauen. Der Krieg war vergessen!

Der Waffenstillstand hielt auch bis zum nächsten Morgen. Mutter flößte dem Verwundeten noch etwas Brühe ein, quirlte unser letztes Ei mit Zucker in den Rest des Rotweins für den Kranken. Dann wurde aus zwei Stangen und einem Laken eine Tragbahre für den Verletzten gebaut. Die Verirrten suchten und fanden nun auch auf einer Karte, wie sie zu ihren Truppen zurückkehren konnten.

Mutter gab ihnen nun die Waffen zurück mit den Worten: „Ich wünsche mir, dass Ihr alle dorthin zurückkehrt, wo Ihr hingehört, nach Hause. Gott beschütze Euch alle.“

Nach dem Händeschütteln zogen beide Trupps in entgegen gesetzter Richtung davon, und wir schauten ihnen nach, bis sie verschwunden waren.

26.12.2014LebenEifel0 Kommentare bwp

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