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Versteinertes Ginkgo-Blatt aus dem Braunkohlerevier. [Foto: Jürgen Vogel]

Fund des Monats Mai: Sechs Millionen Jahre altes Ginkgo-Blatt

Umland, Bonn: Fossile Ginkgo-Blätter aus den tertiären Schichten des Rheinischen Braunkohlenreviers gehören zu den ganz großen Seltenheiten. Nur fünf Beispiele sind in den vergangenen 30 Jahren im Tagebau Hambach geborgen geworden. Umso überraschender war der Fund von 50 Blättern und zahlreichen Belegstücken in Niederzier, die dort im September 2017 bei einer paläobotanischen Exkursion entdeckt wurden. Offensichtlich wuchs vor circa sechs Millionen Jahren nahe des Fundortes eine Ginkgo-Baum-Population (Ginkgo adiantoides), die hier ihre Blätter verloren hat. Die Funde sind so gut erhalten, dass selbst die oberste, wachsähnliche Blattschicht, die so genannte Kutikula, überliefert ist.

„Versteinerte Buchenblätter findet man hier häufiger“, weiß Ulrich Lieven, der seit 30 Jahren regelmäßig im Hambacher Tagebau auf Spurensuche geht. „Doch dieser Fund war eine absolute Ausnahme.“ In den vergangenen 29 Jahren habe man bei den Exkursionen insgesamt nur fünf Gingko-Blätter gefunden: „Und dann im September 2017, im 30. Jahr, die Sensation. Da waren es plötzlich 50 auf einen Schlag“, staunt Lieven noch heute. Es war ein niederländischer Student, der diesen Jahrhundertfund freilegte. Ein besonders gut erhaltenes Exemplar der prähistorischen Blätter wird momentan als „Fund des Monats“ im Bonner LandesMuseum ausgestellt.

Noch viel ältere Ginkgo-Blätter sind aus Frankreich bekannt und stammen aus dem unteren Perm: Sie sind circa 300 bis 270 Millionen Jahre alt. Bis zum Ende der Kreidezeit – vor etwa 66 Millionen Jahren – gab es noch mehrere Ginkgo-Arten, die sich allerdings beständig reduzierten. Heute hat nur eine einzige Art (Ginkgo biloba) überlebt, die an wenigen Reliktstandorten etwa 2.000 Kilometer südwestlich von Peking im Landesinneren Chinas beheimatet ist.

Das dortige Klima ist subtropisch feucht mit einer Jahresmitteltemperatur von 15 bis 19 Grad und 1.000 bis 1.500 Millimeter jährlicher Niederschlagsmenge. Das entspricht in etwa auch den wissenschaftlichen Klimaangaben, die im Zeitalter des Miozäns (vor 23 bis 5,3 Millionen Jahre) in der Niederrheinischen Bucht herrschten. Vom Ende dieses erdgeschichtlichen Abschnitts stammt der in Bonn gezeigte Ginkgo, der damals also beste klimatische Voraussetzungen vorfand. Vergleichbare Wetterdaten für den Raum Köln liegen heute bei circa zehn Grad Jahresmitteltemperatur und ungefähr 700 mm Jahresniederschlag, sind somit also deutlich kühler und trockener. Dennoch finden sich auch in unseren Breiten Ginkgo-Bäume.

Sie gelangten im 18. Jahrhundert aus Asien nach Europa und wurden zunächst in Botanischen Gärten aufgezogen. Johann Wolfgang von Goethe verfasste 1815 sogar ein Gedicht über einen exotischen Ginkgo, den er in Weimar hatte pflanzen lassen. In der Goethe-Stadt wird mittlerweile ein lukrativer Handel mit Ginkgo-Samen und –Bäumen betrieben. Aufgrund ihrer Resistenz gegen Schädlinge und Abgase erfreuen sich Ginkgo-Bäume heute besonderer Beliebtheit als Park- und Straßenbepflanzung. Sie sind legendäre „lebende Fossilen“, die über viele Jahrmillionen ihre Gestalt kaum verändert haben und zahlreiche altertümliche Merkmale besitzen.

Neben der gut erhaltenen Versteinerung, kann das Bonner LandesMuseum diesen Monat zusätzlich mit einer besonderen Attraktion punkten: In der kostenlos zugänglichen Vitrine ist auch ein Original-Dokument zu sehen, auf der Johann Wolfgang von Goethe sein Gingko-Gedicht niederschrieb.

4.5.2018KulturUmland, Bonn0 Kommentare bwp

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