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Sämtliche Abbildungen stammen aus dem präzise sortierten Museums-Fundus.

Der Dürener Hoeschplatz im Jahr 1910

Umland, Düren: Zu Beginn des zweiten Jahrzehnts im neuen Jahrhundert lebten 31.640 Menschen in der Stadt an der Rur, die über 5.909 Häuser und 6.785 Wohnungen verfügt. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer: So residierten 1910 im Dürener Stadtgebiet 42 Millionäre und es gab 91 fabrikmäßige Betriebe, was Düren zu einer der reichsten Städte in Preußen machte.

Die Industrie- und Bevölkerungsentwicklung befindet sich im Aufschwung, aber gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit und immer mehr Familien sind auf Unterstützung angewiesen. Zudem herrscht in Düren nach wie vor eine sehr hohe Säuglingssterblichkeit, die in der preußischen Rheinprovinz nur noch von Neuss übertroffen wird.

Während die Welt über die anhaltend hohen Tuberkulose-Zahlen, den Tod des englischen Königs oder die Weltausstellung in Brüssel diskutiert, flanieren über den Dürener Hoeschplatz vor allem die Angehörigen des Großbürgertums. Der weite Platz mit gepflegten Gartenanlagen, Sitzbänken und den ihn umgebenden herrschaftlichen Gebäuden lädt zum Spazieren und Verweilen ein. Kunstinteressierte besuchen die Ausstellungen des 1905 eröffneten Leopold-Hoesch-Museums und Theaterliebhaber kommen seit 1907 im prächtigen Dürener Stadttheater auf ihre Kosten. Der Bau der beiden Kultureinrichtungen ist durch großzügige Spenden zweier protestantischer Großindustrieller ermöglicht worden, deren Familienname auch dem Platz seinen Namen gegeben hat. Über die angrenzende Lindenpromenade (heute August-Klotz-Straße) fährt neben Kutschen und Pferdefuhrwerken schon das eine oder andere Automobil. Und lässt man den Blick schweifen, erblickt man prunkvolle Villen und Wohnhäuser entlang der Straße. Aus der Marienkirche, der zweiten Pfarrkirche der Stadt, erklingen Orgelmusik und der Gesang vieler Gläubiger, die fünf Jahre später eine erhebliche Erweiterung der Kirche notwendig machen werden.

Wer im Jahr 1910 das Leopold-Hoesch-Museum besucht, kann sich nicht nur verschiedenste Malerei-Ausstellungen anschauen, sondern auch etwas über die deutschen Kolonien in Afrika lernen. Im Dürener Stadttheater werden derweil zahlreiche Klassiker geboten: Neben der Oper „Madame Butterfly“, dem Lustspiel „Der eingebildete Kranke“ und dem Trauerspiel „Wallensteins Tod“, gibt es auch spezielle Schüleraufführungen, wie beispielsweise „Nathan der Weise“. Das Theater verzeichnet das ganze Jahr hindurch ausverkaufte Vorstellungen und das, obwohl (oder gerade weil) ein erbitterter Konflikt zwischen den Dürener Katholiken und den liberalen Stadtverordneten über die Auswahl der Stücke tobt, der als „zweite Dürener Theateraffäre“ in die Lokalgeschichte eingehen und der über Monate über die Zeitung ausdiskutiert wird.

Der Hoeschplatz mit der im 16. Jahrhundert erbauten ehemaligen Klosterkirche bildet nicht nur das zweite religiöse Zentrum Dürens, er ist seit der Eröffnung von Museum und Theater auch zum kulturellen Zentrum des gehobenen Bürgertums avanciert und zeugt mit seinen prachtvollen Bauten vom Reichtum der Stadt. Anders als der Bereich um die Annakirche, auf dem mit Wochenmarkt, Geschäften, Handwerksbetrieben, Gastwirtschaften und allerlei Brauchtum das Leben tobt, geht es hier weitaus gediegener zu, auch wenn die häufig an der Brunnenanlage in der Mitte des Platzes spielenden Kinder mit ihrem Gelächter die Szenerie auflockern.

Einer der Hotspots der Dürener Vergangenheit, die im Rahmen unseres Projektes virtuell zu neuem Leben erwachen sollen, ist der Hoeschplatz im Herzen der Stadt. Im Zuge unserer historischen Recherchen stießen wir unter anderem auf die Geschichte eines Mitgliedes der namengebenden Familie dieses Platzes, dessen Todestag sich nun, im April 2021, zum 169. Mal jährt. Es handelt sich um den Eisenindustriellen Eberhard Hoesch. Ein guter Zeitpunkt, um einmal auf sein (bemerkenswertes) Leben zu schauen.

Eberhard Hoesch wurde als „Johann Leonhard Eberhard Hoesch“ am 17. November 1790 in Schneidhausen geboren und vier Tage später in Düren getauft. Er war der Sohn des Eisen- und Papierfabrikanten Eberhard Hoesch (1756-1811) und trug später nur noch den Namen seines Vaters als Vornamen. Er hatte mit Wilhelm Hoesch und Ludolf Matthias Hoesch zwei Brüder. Verheiratet war er mit der aus Stolberg stammenden Johanna Dorothea Adelheid Wuppermann und hatte acht Kinder mit ihr. Schon früh prägte die 1789 begonnene Französische Revolution sein Leben. Eberhard studierte an einem Institut in Dortmund, musste aber aufgrund der Napoleonischen Kriege mit 17 Jahren das Studium abbrechen und zum Zweifallshammer zurückkehren, einem Eisenhammer in der Nähe von Monschau, der seinem Vater gehörte.

Dort und in der dazugehörigen Hütte in Simonskall war er als Hammerschmied tätig. Mit 19 Jahren übernahm er die Leitung des Zweifallshammers, kurze Zeit später im Jahr 1811 verstarb sein Vater. Das gesamte Erbe fiel auf die drei Brüder Wilhelm, Ludolf Matthias und Eberhard.

Die drei Geschwister schlossen nach einem sehr guten Jahr für Zweifallshammer am 31. Dezember 1812 einen Gesellschaftsvertrag und gründeten somit die Firma „Gebrüder Hoesch“. Doch schon ein Jahr später gab es Probleme, da Eberhard aufgrund der andauernden Kriege hoch spekulierte und gegen den Willen seiner Brüder große Massen roher Materialien kaufte. 1814 aber marschierten die Verbündeten in Frankreich ein, setzten Napoleon ab, verbannten ihn auf die Mittelmeerinsel Elba und schufen durch den Wiener Kongress eine Neuordnung Europas. Als Folge daraus sank der Eisenpreis dramatisch und nur durch das Vermögen der Mutter konnte das Unternehmen gerettet werden.
21.5.2021LebenUmland, Düren0 Kommentare Gast Autor

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