Umland, Bonn: Das spätbronze-/früheisenzeitliche Lanzenspitzendepot von Voerde-Spellen ist aufgrund der großen Anzahl von 132 teils vollständig, teils nur noch fragmentarisch erhaltenen bronzenen Lanzenspitzen eine kleine Sensation. Eine kleine, runde Zierscheibe vervollständigt den Fund. „Vielleicht gehörte sie zu einem Pferdegeschirr, vielleicht war das Objekt aber noch gar nicht fertiggestellt, als es mit den Lanzenspitzen vergraben wurde. Genau konnten wir dieses Fundstück noch nicht bestimmen“, erläutert Dr. Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Rund 5,5 Kilogramm bringt der sensationelle Fund auf die Waage – für die damalige Zeit war allein schon der Materialwert ein unschätzbares Vermögen. Warum die Waffenspitzen damals vergraben wurden, stellt die Forscher noch vor ein Rätsel.
Verbrannt, verformt, versteckt
„Die Untersuchungen und Analysen stehen erst am Anfang, doch einige Aussagen lassen sich bereits treffen“, so Claßen. Er führt weiter aus: „Die durchweg angeschmolzenen, verformten Lanzenspitzen und -fragmente lassen noch eine hohe Gussqualität erkennen und waren anscheinend unbenutzt. Wahrscheinlich wurden sie durch ein Schadfeuer deformiert, bei der die Werkstatt eines Schmieds abbrannte – das kostbare Metall barg man natürlich.“
Über die Entstehungszeit der kunstvoll gearbeiteten Waffen geben Verzierungen und eine überraschende Metallkombination Auskunft: Neun Lanzenspitzen weisen an ihren Tüllen Verzierungen der Spätbronzezeit auf. An den Lanzenschäften wurden umlaufende Linien eingraviert, dazwischen sind feine Reihen mit Punktverzierungen zu erkennen. Eine fehlgegossene bronzene Tülle wurde beispielsweise nachträglich mit einem Eisenblech ergänzt – also mit dem neuen, jüngeren Werkstoff. Dies spricht dafür, dass die 132 Fundstücke am Übergang von der späten Bronze- zur frühen Eisenzeit vergraben wurden. Das lässt auf eine Entstehungszeit um circa 920 – 720 v. Chr. schließen.Wer den Fund schließlich deponierte, um das kostbare Metall vor Diebstahl zu schützen, bleibt unklar. Ebenso, warum er nicht wieder geborgen wurde. Die verkehrstechnisch günstige Lage zwischen Rhein und Lippemündung deutet auf einen handelsgeschichtlichen Hintergrund und einen Verwahrfund hin.
Es ist ein Glücksfall, dass das Lanzenspitzendepot bekannt geworden ist. Es wurde als Fund eines anonymen Sondengängers gemeldet und wäre beinahe in Privatbesitz verschwunden. Sein Fundort ließ sich bestätigen, doch der „Befund“ (das gesamte Umfeld der archäologischen Entdeckung), aus dem wichtige Rückschlüsse auf die damalige Wirklichkeit gezogen werden können, wurde zerstört. So gingen wertvolle Informationen zur Interpretation des gehorteten Schatzes verloren.
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