Zülpich: Was darf ein Astronaut eigentlich mit ins All mitnehmen? Wie kommt er oder sie auf die Internationale Raumstation? Wie leben die Wissenschaftler dort oben? Was und vor allem wie essen sie in der Schwerelosigkeit? Diese und viele weitere Fragen werden in der aktuellen Sonderausstellung in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur beantwortet. „AllTag im All“ heißt sie und ermöglicht spannende Einblicke in den Alltag auf der Internationalen Raumstation ISS. Entstanden ist sie in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).
Wie bei anderen Ausstellungen führt ein Zeitstrahl die Besucher in die Thematik ein und es fällt sofort auf: Mitte der 1950er Jahre ging es mit der Forschung und den Möglichkeiten zur Umsetzung, das All zu erforschen, so richtig los. 1957 flog das erste Mal eine Rakete ins All und in den 60er Jahren lieferten sich die USA und die damalige Sowjetunion einen Zweikampf, wer zuerst den Orbit erobert und auf dem Mond landet. Viele Erfolge – wie die Mondlandung am 21. Juli 1969 – aber auch Misserfolge wie die Challenger-Katastrophe im Januar 1986, als die US-Raumfähre kurz nach dem Start explodierte und alle Insassen starben, zeichnen den Weg der Erforschung des Weltraums.
Doch das All übt auf die Menschheit eine große Faszination aus. Steinzeitliche Zeichnungen in der Höhle von Lascaux und die Verehrung von Himmelskörpern in fast allen antiken Hochkulturen sind die frühesten Beweise dafür. Leonardo da Vinci entwarf erste Fluggeräte, die jedoch nie zum Himmel aufstiegen. Doch Wissenschaftler, Ingenieure, Konstrukteure und Visionäre ließen nicht locker. Sie fanden Wege, ins All zu gelangen und dort – jedenfalls eine kurze Zeit – zu existieren: 2008 wurde das Forschungslabor Columbus auf der Internationalen Raumstation (ISS) in Betrieb genommen. Was auf der Erde nicht möglich ist, im Orbit, rund 400 Kilometer über uns, funktioniert die Zusammenarbeit zwischen verschiedensten Nationen. Die Russen stellen ihre Raumfähre für den Transport der Astronauten zur ISS zur Verfügung und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Ländern arbeiten im All in der Schwerelosigkeit an verschiedensten Experimenten.
Auf Schautafeln können die Austellungsbesucher die Entwicklung der Raumfahrt nachvollziehen. Es gibt Modelle zum Anschauen und es werden Videos gezeigt, in denen die Astronauten ihren Alltag erklären. Denn der ist nicht so ganz einfach in der Schwerelosigkeit. Viele Dinge, die auf der Erde jeder Mensch ganz unbewusst ausübt, stellen die Astronauten vor große Probleme: Wie wird gegessen und getrunken? Wie geschlafen? Wie ist es mit der Körperhygiene und wo bleibt der Müll? Es war übrigens ein Foto, dass Museumsleiterin Dr. Iris Hofmann-Kastner zu dieser Ausstellung inspiriert hat. Der Astronaut Charles Conrad ist darauf in einer Dusche im Skylab zu sehen. Zwei Jahre waren notwendig, um diese Ausstellung zu planen, alle Exponate zu besorgen und die Texte für die Schautafeln zu erstellen.
Wie wird man überhaupt Astronaut? Diese Frage wird anhand des Beispiels von Alexander Gerst erklärt. Gegen 8.407 Bewerber setzte er sich in einem Auswahlverfahren der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) durch. Anfang September 2009 begann seine Ausbildung. „Die Astronauten trainieren jeden Handgriff“, erklärt die Museumsleiterin. Denn einmal im All, müssen die Männer und Frauen dort oben alles allein bewältigen. Rund 6.000 Trainingsstunden sind notwendig, bis die Wissenschaftler alles erlernt haben. Für Alexander Gerst wurde es am 28. Mai 2014 ernst und er flog zur ISS. Ein halbes Jahr blieb er im All. In der Ausstellung erfahren die Besucher unter anderem, was der Astronaut mit an seinen außergewöhnlichen Arbeitsplatz nahm. Eineinhalb Kilogramm persönliches Handgepäck dürfen sie mitnehmen. Alexander Gerst hatte unter anderem Fotos von Verwandten und Freunden dabei, ein DFB-Triko – es war das Jahr der Fußballweltmeisterschaft – Flaggen von seinem Heimatort Künzelsau und einen Stein vom Kölner Dom.
Zu sehen ist im Zülpicher Museum auch ein 1:1-Modell eines Segments der ISS, worin sich eine kleine Schlafkabine befindet – der einzige Raum für ein bisschen Privatsphäre. Große und kleine Besucher der Ausstellung können selbst ausprobieren, wie es ist, mit großen Handschuhen filigrane Arbeiten erledigen zu müssen: In einer Kiste sind verschiedene Dinge angeordnet, die die Besucher nur mit Hilfe dicker unförmiger Handschuhe zusammensetzen müssen – es ist gar nicht so einfach.
Alexander Gerst wird übrigens noch ein weiteres Mal zur ISS fliegen: Von Mai bis November 2018 ist der Flug geplant und Gerst soll für drei Monate – als erster Deutscher und als zweiter Westeuropäer – die Funktion des Kommandanten übernehmen. Diejenigen, die nie die Möglichkeit bekommen werden, als Astronaut unsere Erde von oben zu betrachten, können sich wenigstens mittels der Ausstellung einen Eindruck verschaffen, wie der Alltag im All abläuft. Die tägliche Dusche und das frische Käsebrot bekommen danach gleich einen ganz anderen Stellenwert.
Videoaufnahmen der Erde von der ISS aus:
Für Kinder gibt es ein eigenes Informationsheft, in dem viele spannende Fragen kindgerecht beantwortet werden. Es ist an der Kasse kostenlos erhältlich. Außerdem können kleine Besucher ab sieben Jahren an einer Rallye teilnehmen. Die jungen All-Forscher müssen dafür ein paar Fragen beantworten und aus den Antworten ein Lösungswort bilden. Das geben die Kinder dann ab und mit etwas Glück gewinnen sie am Ende der Ausstellung unter anderem eines von vier Ausstellungsplakaten mit den Autogrammen von vier Astronauten. Mitmachen lohnt sich also.
Einige Daten und Fakten zur ISS
Maße: 109m lang, 73m breit
Flugbahnhöhe: etwa 400 km
Geschwindigkeit: etwa 28.000 km/h
Erdumrundung: in knapp 93 Minuten
Sonnenauf- und Untergang: 16 Mal in 24 Stunden
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