Umland, Belgien: Das war aber auch fällig! Nachdem die kleine Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens im Jahre 2014 bei der Unesco den Antrag eingereicht hatte, die Belgische Bierkultur als immaterielles Welt-Kulturerbe anzuerkennen, ist die Entscheidung dafür am Mittwoch im äthiopischen Addis Abeba gefallen. Die Unesco-Liste mit dem immateriellen Kulturgut ist, ähnlich wie das materielle Weltkulturerbe – in dem bisher 1052 Denkmäler in 165 Ländern (814 als Kulturdenkmäler und 203 als Naturdenkmäler sowie 35 Denkmäler sowohl als Kultur- als auch als Naturerbe gelistet sind) – weltweit anerkannt und von großer Bedeutung, nicht zuletzt für die Geehrten selber.
Wenn von Bierkultur gesprochen wird, geht die Bedeutung des Begriffes über das Bier als Getränk weit hinaus. Gerade in Belgien ist rund um dieses Getränk eine Welt entstanden, die vieles umfasst. Und so anerkennt die Unesco all das, was in Belgien mit Bier zu tun hat. Aus dem kleinen Land kommen immerhin mehr als 1.500 verschiedene Sorten, die sich zu einem wesentlichen Teil von dem unterscheiden, was zum Beispiel in Deutschland gemeinhin als Bier gesehen wird. Nicht gebunden an ein – längst obsoletes – Reinheitsgebot, entstanden hunderte von Spezialbieren, darunter Fruchtbiere mit Kirschen oder Heidelbeeren, Flaschengärungen, Abteibiere, Trappistenbiere und viele weitere Varianten der Braukunst.
Ambitionierte Bierliebhaber entwickeln in den mehr als 200 belgischen Brauereien immer wieder neue Getränke, und die Neugier der Genießer gibt ihnen Recht. Ein solches Bier wird nicht einfach weggeschluckt, sondern durchaus ähnlich getrunken wie guter Wein oder manche Spirituose. Natürlich gibt es auch in Belgien Massenbiere für den raschen Schluck, aber denen wäre eine solche Auszeichnung gewiss nicht verliehen worden. Nein, es sind vielmehr die oft nur regional erhältlichen Gebräue, um die herum sich ein volkstümlicher Kult gebildet hat. Da gibt es Bierfeste, manchmal nur für die nähere Umgebung einer Brauerei, aber auch mit Bieren aus allen Regionen auf der Grande Place in Brüssel.
Fast jedes Bier hat sein eigenes Glas, und Brauer wie Genießer schwören darauf, dass ihr Bier auch nur im dafür geformten Glas seine volle geschmackliche Prägnanz entwickelt. Was gar nicht so weit hergeholt ist, schließlich werden nicht ohne Grund auch andere Getränke aus speziellen Gläsern getrunken, warum also nicht auch ein mit Sorgfalt gebrautes Bier? Da gibt es Gläser, die wie Kelche ausschauen, andere sehen wie große Likörgläser aus, und es gibt sogar ein Glas, das einem Kuhhorn nachempfunden ist und in einem eigenen kleinen Holzgestell ruht.Auch im Grenzland zwischen Eifel und Ostbelgien gibt es Brauereien, die es zu besuchen lohnt. Nahe Malmedy liegt in einem idyllischen Tal die kleine Brasserie de Bellevaux, wo man auch lecker essen kann; für das Publikum ist dort an den Wochenenden geöffnet, Besichtigung des Brauhauses inklusive. In Hombourg zwischen Gemmenich und Aubel ist die Brasserie Grain d’Orge zu finden, die sowohl Biere unter eigenem Namen als auch die einiger Orte und Gaststätten produzieren. Gleich neben der Kirche von Hombourg liegt eine Kneipe, in der diese Biere ausgeschenkt werden. Die wohl größte Brauerei nahe der deutschen Grenze findet man etwas außerhalb von Aubel in der Abtei Val Dieu, dort ist eine Braumeisterin für die Geschicke zuständig.
Jetzt im Winter stellen etliche der belgischen Brauereien sogenannte Weihnachtsbiere her, die nach einer besonderen Rezeptur gebraut werden und nur kurzzeitig erhältlich sind. Weihnachtsbier hat eine lange Tradition und wurde früher nur für besonders gute Kunden in Handel und Gastronomie als Festtagsgabe abgefüllt. Doch natürlich erkannten die Brauer bald, dass sie mit solchen Spezialabfüllungen auch beim breiten Publikum Erfolg haben würden. Ein Bière de Noel wird auch von Val Dieu angeboten und lohnt einen kleinen Ausflug zur auch ansonsten sehenswerten alten Abtei im „Tal Gottes.“
Die Auszeichnung seitens der Unesco wird dem weltweiten Renommée des belgischen Bieres einen weiteren wichtigen Aufschub geben: Schon jetzt gehen 60 Prozent der Produktion ins Ausland, nach Frankreich, nach Italien, in die USA und nach China. In Deutschland hingegen ist es weniger verbreitet, was nicht zuletzt am deutschen Reinheitsgebot liegt. Doch zum Glück liegt für den genießerisch geprägten, weltkulturell offenen Eifelaner Belgien ja nicht unerreichbar weit. In diesem Sinne: „Santé!“
Siehe auch
- Von frommen Männern und süffigen Bieren (I.)
- Von frommen Männern und süffigen Bieren (II.)
- Von frommen Männern und süffigen Bieren (III.)
Eine recht vollständige Liste der belgischen Brauereien und Biere finden Sie hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Brauereien_in_Belgien
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