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Das Gnadenbild im Kermeter

Heimbach, Mariawald: Einst lebten in Heimbach zwei Brüder, die sich vom Fischfang ernährten. Der eine war fromm, der andere betete nicht gern. Eines Tages, als beide in Köln eine Traglast Fische verkauft hatten, sah der Fromme in einem Bilderladen eine Statue der schmerzhaften Mutter, die ihren toten Sohn auf dem Schoße trug. Das Bild fesselte seine Aufmerksamkeit. Er mochte sich stellen, wohin er wollte, immer fiel der schmerzhafte Blick der Mutter Gottes auf ihn. Weil er nicht genug Geld bei sich hatte, konnte er das Bild nicht kaufen. Er bat deshalb den Händler, das Bild für ihn aufzuheben, damit er ihm später den Preis zahlen könne.

Das geschah auch bei der nächsten Gelegenheit, und freudig eilte er mit seinem Kleinod nach Hause. Der fromme Bruder stellte das Bild in einem dichten Hainbuchenstrauche auf. Die Äste hieb er im Viereck etwas ab. Täglich wollte er hier bei seinem Hingange zur Urft – denn die beiden Brüder gingen jeden Morgen zur Urft, um Fische zu fangen – das Muttergottesbild verehren. Obschon er immer später als sein Bruder zum Fischfange kam, war seine Arbeit ertragreicher. Das verdross den Bruder, und ärgerlich sprach er zu ihm: „Wo bleibst du immer so lange aus, und wie kommt es, dass du in kürzerer Zeit mehr fängst als ich?“ Der Fromme wollte ihm das nicht sagen, weil er fürchtete, der Bruder möchte ihn beim Beten stören.

Am Abend dieses Tages nahm er das Bild mit nach Hause und verbarg es in einem Wandschränkchen hinter dem Ofen. Wie wunderte sich der Fischer am Morgen, als er das Bild nicht fand. Betrübt machte er sich auf den Weg zur Arbeit. Sein Staunen wurde noch größer, als er das Bild an der alten Stelle im Walde sah. Er nahm es noch einmal mit, aber es wiederholte sich das gleiche Ereignis. Am Morgen sah er das Bild wieder in dem Strauche. Das geheimnisvolle Tun des Frommen fiel dem Bruder auf, und er schlich ihm an einem Morgen nach und fand ihn kniend vor dem Bilde. Darüber geriet er in Zorn. Er griff einen Dornzweig, schlug damit nach dem Beter und traf zugleich das Bild, das er mit einem Dorne etwas ritzte. Aber, o Wunder! Aus der verletzten Stelle floss frisches Blut. Jetzt war der Zorn des Bösen verraucht. Er ging in sich und störte von nun an seinen Bruder nicht mehr. Später trug der fromme Bruder Steine zusammen, baute an der Stelle ein Heiligenhäuschen und stellte darin das Bild auf. Die Zahl der Wallfahrer wuchs immer mehr an, und eines Tages ließen sich fromme Mönche dort nieder und legten den Grund zu dem Kloster Mariawald.

Aus dem Buch „Von Römern, Rittern und ruschigen Juffern“: Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurgebiet, gesammelt von Heinrich Hoffmann, 185 Seiten.

Das Buch erschien erstmals 1911. Knapp 100 Jahre später wurde es durch Reinhild von Capitaine digitalisiert und neu veröffentlicht.

18.9.2020LebenHeimbach, Mariawald0 Kommentare Gast Autor

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