Bad Münstereifel, Effelsberg: Wenn ein Auto an uns in der Eifel vorbeifährt, hören wir sein Geräusch, spüren vielleicht den Windzug dabei. Seine Masse aber bemerken wir nicht, geschweige denn, die Welle, die durch die beschleunigte Masse des Autos ausgelöst wird. Umso bemerkenswerter ist es, dass nun Forscher derartige Wellen, so genannte Gravitationswellen, im Weltall nachweisen konnten – und zwar fast hundert Jahre nachdem Albert Einstein ihre Existenz vorhergesagt hatte. Mit der Detektion von Gravitationswellen haben die Wissenschaftler jetzt eine Möglichkeit gefunden, auch den „dunklen Teil“ des Weltalls zu erforschen, nämlich den, der sich nicht durch Licht-, Radio-, Röntgen- und Gammastrahlung erfassen lässt. Denn die detektierten Wellen wurden nicht von einem vorbeifahrenden Auto ausgelöst, sondern von zwei Schwarzen Löchern erzeugt, also von Objekten, deren Anziehungskraft so stark ist, dass aus ihnen keine Materie und kein Licht herausgelangen. Diese Schwarzen Löcher waren gerade dabei ineinander zu stürzen und zu verschmelzen. Ihre Schwingungen waren dabei so stark, dass sie sogar unsere 1,3 Milliarden Lichtjahre entfernte Erde, und damit unsere Eifel, einmal durchzogen, wobei das Signal nur mit feinsten Messinstrumenten eine halbe Sekunde lang nachweisbar war.
Schön, können Sie sagen, aber was hat das mit uns Eifelern zu tun?Immerhin, das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover war an der Datenanalyse beteiligt. Und noch ein weiteres Max-Planck-Institut (MPI) beschäftigt sich mit Schwarzen Löchern und Gravitationswellen: Das MPI für Radioastronomie in Bonn, Außenstelle bei Bad Münstereifel-Effelsberg. Hier steht eines der weltweit größten Radioteleskope mit einem Durchmesser von 100 Metern. Eine der derzeitigen Institutsmissionen ist es beispielsweise, langwellige Gravitationswellen (in Ergänzung zu den oben beschriebenen kurzwelligen Gravitationswellen) aufzuspüren. Ein weiteres Forschungsprojekt ist die Messung kosmischer Radiostrahlung bei höchster Auflösung, erklärt MPI-Mitarbeiter Norbert Junkes. Diese wird erzielt durch die weltweite Vernetzung von Radioteleskopen zu einem virtuellen Riesenteleskop. Das Effelsberg Teleskop ist wegen seiner großen Oberfläche und damit hohen Empfindlichkeit für schwache Radiosignale sehr begehrt. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen Zentren von aktiven galaktischen Kernen und deren Gasströme, so genannte Jets. Die Wissenschaftler versuchen hierbei, die direkte Umgebung dieser Zentren darzustellen. Die Zentren vermuten sie in Form von Schwarzen Löchern, deren Masse die unserer Sonne millionen- bis milliardenfach übersteigt. Normal Sterbliche können direkt hier auf Erden eine erste Vorstellung des galaktischen Abenteuers erlangen, nämlich auf dem Galaxienweg, einem astronomischen Wanderweg am Radioteleskop Effelsberg. Der Weg deckt fast die komplette kosmische Entfernungsskala ab. Außerdem finden im Besucherpavillon des Radioteleskops Effelsberg regelmäßig Diavorführungen und Vorträge statt.
Donnerwetter, sagen Sie vielleicht jetzt, Weltraumforschung findet sogar bei uns in der Eifel statt. Aber was haben wir davon? Ist das nicht hinausgeworfenes Geld?
Nein, findet zumindest Harald Bardenhagen, Astronom und Betreiber der Sternenwarte „Astronomie-Werkstatt” in Vogelsang (www.sterne-ohne-grenzen.de). Die neuesten Entdeckungen zählten zum Bereich der Grundlagenforschung. Was sich einmal durch sie für das Alltagsleben entwickelt, wüssten die Forscher zum jetzigen Zeitpunkt zwar auch nicht. „Aber als früher die Lichtgeschwindigkeit gemessen wurde, dachten sich viele Menschen auch: Na und? Heute arbeiten Handwerker mit Lasermessgeräten, die mittels Lichtgeschwindigkeit Entfernungen ermitteln.” Das Apollo-Raumfahrt-Programm, an dem zigtausend Firmen und Mitarbeiter beteiligt waren und das den Menschen auf den Mond brachte, habe neben ein paar Kilogramm Mondgestein und der Erkenntnis über die Entstehung dieses Himmelskörpers vor allem eines gebracht: Neue Wege der organisierten Zusammenarbeit, die später in normale irdische Wirtschaftsabläufe eingeflossen sind, sowie neue Entwicklungen in der Instrumententechnik. „Als 1978 der erste GPS-Satellit mit einer Rakete in eine Umlaufbahn in 20.200 Kilometern Höhe geschossen wurde, war nicht klar, dass diese Technik heute für Landwirtschaft, Wettervorhersage, Schifffahrt und Raumfahrt unerlässlich ist”, ergänzt Bardenhagen. Außerdem sieht der Sternenführer in der Faszination für das Weltall einen treibenden Motor für Kreativität und Motivation und das schon bei den Kleinsten. Der 58-Jährige kann da aus Erfahrung sprechen. „Mich zum Beispiel hat während der Schulzeit allein mein Interesse für Astronomie im Englisch-Unterricht gerettet.” Der Englischlehrer wusste von seinem Hobby. Damit Bardenhagen sein Englisch aufbessert, hat der Lehrer ihm stapelweise englischsprachige Astronomie-Zeitschriften als Ferienlektüre mitgegeben. „In der ersten Woche habe ich mir nur die Bilder angesehen, dann griff ich zum Wörterbuch. Seitdem ging es mit meinem Englisch aufwärts.”
Seit zwei Jahren betreibt er nun die Sternenwarte mitten in der Eifeler Natur und möchte beim gemeinsamen Sternegucken Jung und Alt mit dem Astrofieber anstecken. Und auch ein drittes Sternenerlebnis hat die Eifel zu bieten: Bei Bad Münstereifel, auf dem Berg Stockert, steht der Astropeiler, das erste frei bewegliche Radioteleskop Deutschlands. Viele Jahre war Sendepause. Jetzt ist der Astropeiler wieder in Betrieb. Ab Mai werden hier sonntags regelmäßig Führungen angeboten. Für zahlreiche Amateurastronomen und interessierte Besucher aus Nah und Fern ist der sternenreiche Nachthimmel der Eifel ein besonderer Anziehungspunkt. Als erster international anerkannter „Dark Sky Park“ in Deutschland ist der Sternenpark Nationalpark Eifel mittlerweile weltweit bekannt www.sternenregion-eifel.de
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