Bad Münstereifel, Iversheim: Nur durch Zufall wurde die „Römische Kalkfabrik“ beim Bau einer Wasserleitung Mitte der 1960er Jahre entdeckt und in der Folge vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege ausgegraben. Sechs Öfen, um Kalk zu brennen, wurden dabei freigelegt, „Opus caementitium“ hieß der aus dem gebrannten Kalk hergestellte Beton der Römer. Ein Gemisch aus gebranntem Kalk, Vulkan-Asche und Wasser bilden des Mineral Strätlingit. Es verhinderte die Rissbildung des antiken Betons. Das Pantheon mit seiner über 43 Meter freitragenden Kuppel und das Kolosseum in Rom wurden mit diesem Material erbaut.
Aber auch im Wasserleitungsbau spielte „Opus caementitium“ die wichtigste Rolle: Mit dem, aus gebranntem Kalk gewonnenen Hartmörtel war es möglich, die römischen Wasserleitungen absolut dicht zu verlegen und Wasser verlustfrei über große Strecken zu transportieren. Wieso stand aber eine solche antike „Zementfabrik“ ausgerechnet in Iversheim?
Wichtigster Grund war sicher das oberhalb Iversheims vorkommende Dolomitgestein, das sich hervorragend zur Kalkgewinnung eignete. Somit ergaben sich kurze Wege: Aus den Steinbrüchen direkt in die Kalköfen. Den Transport des fertigen, gebrannten Kalks auf dem Wasserweg über die Erft zu den Baustellen der Römer – bis hinunter nach Xanten – sieht man ebenfalls als wichtigen Grund für den Standort.
Dass der Iversheimer Kalk für den Bau der römischen Wasserleitung aus der Eifel nach Köln benötigt und verwendet wurde, ist vorstellbar. Schließlich lag doch ein Teil dieser Großbaustelle nur wenige Kilometer von den geologischen Kalkvorkommen der so genannten „Sötenicher Kalkmulde“ entfernt. Die Römische Wasserleitung nach Köln gehört zu den spektakulärsten römischen Technikbauen nördlich der Alpen. Fast 100 Kilometer weit lief das Eifeler Quellwasser in freier Gefällestrecke bis zur Hauptstadt der römischen Provinz „Germania Inferior“. Köln war damals – im 1. und 2. Jahrhundert nach Christus – schon Großstadt: Etwa 20.000 Menschen lebten innerhalb und außerhalb der Befestigungsmauern der Rheinmetropole. Die Wasserversorgung von Thermen, öffentlichen Brunnen und Privathäusern mit dem wohlschmeckenden Wasser aus der Eifel war der Auftrag an die Bautrupps der römischen Armee. Nur sie konnten die entsprechende Infrastruktur gewährleisten, die ein solches Mammutprojekt erforderte: Eine – auch noch aus heutiger Sicht – ingenieurtechnische Großleistung. Musste doch das Eifeler Quellwasser aus dem Raum Nettersheim, um nach Köln zu gelangen, im freien Gefälle die Wasserscheide zwischen Maas und Rhein überwinden. Mit einer für die damalige Zeit unglaublichen Präzision wurde das geringst mögliche Gefälle auf 14 Zentimeter pro Kilometer Streckenlänge berechnet und anschließend – an den Nordhängen der Eifel entlang – gebaut!
Bei den Iversheimer Ausgrabungen fanden die Archäologen einen Ofen – noch gefüllt mit Kalkgestein. Daraus zog man den Schluss, dass die Kalkbrennerei vor 1.700 Jahren fluchtartig von ihrer Mannschaft verlassen worden war. Für die Bodenkundler war dieser gefüllte Ofen ein großer Gewinn. So konnten sie die Bauweise und Beschickung der Kalköfen authentisch nachvollziehen. Einer der sechs Öfen wurde in der Folge von den Archäologen restauriert und ein Brennversuch nach römischer Methode gestartet. Die Bautechnik bewährt sich noch heute: 25 Tonnen Dolomitgestein wurden bei fast 1000 Grad zu 12,5 Tonnen Kalk gebrannt! Dieser Ofen, außerhalb der Ausgrabungsstelle, ist das ganze Jahr über frei zugänglich. Fünf weiteren Öfen wurden ausgegraben, drei davon sind heute noch zu besichtigen.
Die Ausgrabungsstelle der drei Kalköfen kann vom 1. Mai bis 31.Oktober an den Wochenenden – Samstag: 13.00 -16.00 Uhr, Sonntag: 11.00 –16.00 Uhr – und auch nach Voranmeldung außerhalb der Zeiten besucht werden. Die Betreuung und Führungen durch diese einmalige römische Kalkbrennerei leistet der Iversheimer Dorfverschönerungsverein seit zehn Jahren ehrenamtlich.
Ansprechpartner: Helmut Ruß, Tel 02253 – 3385 oder , weitere Informationen: hier
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