Heimbach: Die großen Bühnen der Welt sind ihr Zuhause, doch diesmal spielte die Klarinettistin Sharon Kam für ein ganz anderes Publikum: Im Rahmen der Festivalwoche Spannungen trat sie vor den Kindern der Heimbacher Grundschule auf. Spitzbübisch lächelnd stellte sie ihr Instrument vor und beantwortete die vielen Fragen der Kinder. Mit den unterschiedlichsten Musikbeispielen zeigte sie die vielfältigen Klangfarben der Klarinette.
Mal füllten mit dem Katzenthema aus „Peter und der Wolf“ geschmeidige Melodien den Raum, dann wieder wurde es „ganz schräg, laut und frech“ wie im Jazz. Tänzelnd und stampfend brachte sie kurz darauf Klezmer-Musik zu Gehör: „Ethnische Musik, voller kleiner Halbtöne“, wie sie den Kindern erklärte. Ja, sie übe jeden Tag und mache nur selten Urlaub von ihrer Klarinette, erzählte sie. Das sei so ähnlich wie beim Fußballspielen, wer nicht trainiert hat keinen Spaß. „Es macht nur Spaß, wenn man etwas kann.“ Da gab es keinen erhobenen Zeigefinger, sondern nur eine große Liebeserklärung an ihr Instrument und die Musik.
Der Jubel war riesig, als die charmante Musikerin selbst auf einer ausgehöhlten Mohrrübe und Pastinake musizierte. Um zu erklären, wie eine Klarinette aufgebaut ist, pustete sie zunächst in die präparierte Möhre. Doch ohne Mundstück mit Blättchen keine Musik! Kurzerhand steckte sie das Mundstück ihres Instruments auf das Gemüse und verstärkte den Klang, indem sie in das untere Ende ihrer „Möhrinette“ einen kleinen Plastiktrichter steckte. Entzückend und unvergesslich für die Kinder, wie sie anschließend „Hänschen klein“ und „Alle meine Entchen“ intonierte!
Obwohl es bereits zur Pause geklingelt hatte, blieben viele Kinder im Klassenraum. Denn jeder wollte selbst ausprobieren, wie es gelingt, aus der Klarinette, mit der Sharon Kam zuvor betörende Klangwolken gezaubert hatte, einen Ton herauszulocken. Mit liebevoller Geduld erklärte die israelische Musikerin, die mit zwölf Jahren den ersten Klarinettenunterricht bekam, wie Mund und Lippen zu formen sind, damit der Luftstrom optimal durch das Instrument streichen kann. Probiert und gepustet wurde so lange, bis bei jedem ein erster Ton zu hören war…
Wie inspirierend diese außergewöhnliche Schulstunde war, zeigte sich anschließend in den Kinder-Kommentaren. Genau wie in den vergangenen zehn Jahren, wenn ein musikalischer Botschafter von „Rhapsody in School“ in der Klasse zu Besuch war, trugen die Schulkinder ihre Erlebnisse in Form eines kleinen, selbst gestalteten Buches zusammen, das später an Sharon Kam übergeben wurde. In wenigen Sätzen schilderten die Pänz ihre Eindrücke und bebilderten jedes Blatt mit bunten Zeichnungen. Da fliegen Noten übers Papier, gemalte Musikinstrumente stehen auf den Tischen und gezeichnete Kinder klatschen Beifall. In den Sprechblasen sind Kommentare wie „Genial!“, „Wow, wie schön!“ oder „Die Klarinette ist cool!“ zu lesen. Der Viertklässler Daniel fasste seine Begeisterung mit wenigen Worten zusammen: „Es war einer der schönsten Grundschultage für mich.“
Zwei Tage später gestalteten die Heimbacher Grundschulkinder unter Leitung von Paula Schipperges das musikalische Entree zum traditionellen Kinder-Konzert im Jugendstil-Kraftwerk. Mit Orffschen Instrumenten trugen die Viertklässler „Die Forelle“, „Zulu meeting“ und das „Hexeneinmaleins“ vor. Aus voller Seele musizierend, singend, klatschend und wispernd – von ihrer Lehrerin am Flügel begleitet. „Das sind Musiken, die wir ganz normal im Musikunterricht erarbeiten. Die Kinder meiner Klasse haben keine besondere Ausbildung, nehmen an keiner besonderen AG teil, sind aber hochmotiviert und von Musik einfach begeistert“, erklärte Paula Schipperges dem jungen Publikum, das dank des von RWE gesponserten Busshuttle-Dienstes kostenlos zum Konzert anreisen konnte. Teils ungestüm, teils ehrfürchtig eroberten Hunderte von Kindern aus umliegenden Schulen die begehrten Festival-Plätze, nachdem draußen die jungen Turmbläser unter Leitung von Renold Quade das Event – genau wie bei den abendlichen Konzerten für Erwachsene – angekündigt hatten.
Was die Spannungen-Musiker zu kindgerechten Moderationen von Festivalleiter Lars Vogt dann präsentierten, war musikalisches Entertainment der Meisterklasse. Die Violinistin Anna Reszniak ließ bei einem Nationaltanz ihre Geige temperamentvoll aufjubeln, denn „bei uns in Polen haben wir Tanzen im Blut.“ Lars Vogt erklärte den andächtig lauschenden Kindern, wie man „mit Musik Stimmung herbeizaubern“ kann. Bei einem Klavier-Trio von Brahms huschten imaginäre Geister durchs Kraftwerk. Einem 300 Jahre alten Kontrabass wurden tänzelnde Elefanten-Töne aus „Karneval der Tiere“ entlockt. Und bei den Klängen eines Janacek-Concertinos sahen die jungen Zuhörer ein übermütiges Eichhörnchen vor sich, nachdem Lars Vogt aus einem Brief des Komponisten zitiert hatte. Für Janacek glich die Melodienfolge „einem vorlauten Eichhörnchen, das im Käfig schnurrt wie meine Klarinette und für die Kinder im Laufrad tanzt.“
Absolutes Highlight war der clowneske Auftritt von Cellistin Tanja Tetzlaff und dem Weltklasse-Schlagzeuger Hans-Kristian Kjos Sorensen, die zum Vergnügen der Kinder virtuoses Spiel und ansteckenden Nonsens miteinander verbanden. Da wurde auf der Bühne mit Notenständern und riesigen Partituren gekämpft, die partout nicht liegenbleiben wollten. Da wurde komödiantisch gezankt und gefoppt, während die rasanten Cello-Klänge durchs Kraftwerk rauschten. Anrührend wie Sorensen anschließend die schmollende Cellistin umgarnt und – auf ihrem Cello zärtlich trommelnd – ein versöhnliches Lied anstimmt. Einfach grandios!
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