Heimbach, Vlatten: Sie steht nicht nur geografisch im Zentrum des Dorfes, die Vlattener Jugendhalle bildet auch den gesellschaftlichen Mittelpunkt des Ortes: Seit Generationen trifft sich die Bevölkerung in dem markanten Festsaal mit der gewölbten Kuppeldecke, um hier gemeinsam Taufen und Hochzeiten, Kirmes oder Karneval zu feiern. Nun rückt das Gebäude selbst in den Fokus, denn 1916 – vor genau 100 Jahren – wurde die Jugendhalle eingeweiht. Mit einem großen Festwochenende wird das runde Jubiläum am 27. und 28. August gefeiert. (Programmablauf siehe Infokasten)
1914 wurde der erste Spatenstich ausgeführt und trotz Ausbruchs des Ersten Weltkriegs gelang es den Vlattenern, die so genannte „Turn- und Jugendhalle“ nach den Plänen des Gerolsteiner Architekten Eberhard Arens zu vollenden. Die Kosten wurden damals mit 18.500 Mark veranschlagt. „Während der Bauphase hat meine Großmutter, Margarete Fischer, jeden Mittag für die Arbeiter gekocht“, erzählt Stefanie Schlömer, deren Familie über Generationen hinweg einen kleinen Dorfladen neben der Jugendhalle führte. Genau wie viele andere Vlattener hat auch sie alte Fotos rausgesucht, um die Geschichte der Jugendhalle beim Festwochenende in einer kleinen Ausstellung dokumentieren zu können.
„1928 wurde die Jugendhalle mit einer Heizung ausgestattet“, weiß die Ur-Vlattenerin aus den Erzählungen ihrer Familie, denen sie schon als Kind begierig lauschte. „Für das Dorf damals eine Sensation.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg sei das Heizungssystem aber kurzerhand ausgebaut worden, um das damalige Amtshaus in Hergarten beheizen zu können. Mit einem riesigen eisernen Bollerofen wurde das „Wohnzimmer von Vlatten“ anschließend auf Temperatur gebracht. Ein Vorsprung im Podest des hölzernen Fußbodens erinnert noch heute an den ehemaligen Standort.
Von Anfang an wurde die Jugendhalle intensiv genutzt: In den 1930er Jahren hütete Kindergärtnerin „Tante Berta“ hier die Vlattener Pänz und für junge Frauen fand in den Räumen eine „Kochschule“ statt. Unter den Teilnehmerinnen auch die junge Nelly Fischer, Mutter von Stefanie Schlömer. „Ihre alten Aufzeichnungen habe ich immer noch“, erzählt die 69-Jährige. Nach den, in Sütterlin geschriebenen Rezepten werden noch heute die Weihnachtsplätzchen der Familie gebacken. Ob Musikfest, Theaterspiel oder traditionelles „Hahnenköppen“ – die Jugendhalle war und ist Treffpunkt für Jung und Alt.
100 Jahre nach der Einweihung wird die Jugendhalle weiterhin von allen Vereinen aktiv genutzt. Organisiert und koordiniert werden die Festivitäten vom Verein Jugendwohl, der 1951 – vor 65 Jahren – ins Leben gerufen wurde. Zwischen 8.000 und 10.000 Euro muss der Verein pro Jahr berappen, um den Unterhalt der Jugendhalle zu gewährleisten. Das sind Zweidrittel der anfallenden Kosten, den Rest trägt die Stadt Heimbach. Dazu kommen immer wieder Reparaturkosten: So musste noch kurz vor dem Jubiläum ein morscher Fußbodenträger ausgetauscht und eine von Schimmel befallene Wand freigelegt werden. „Bei der letzten Renovierung ist die falsche Farbe verwendet worden“, erklärt Ortsvorsteherin Ingrid Müller, die gleichzeitig erste Vorsitzende des Vereins Jugendwohl ist.
Selbst im 21. Jahrhundert bleibt die Halle ihrem Namen treu: „Allein der Karnevalsverein trainiert hier regelmäßig mit 70 Kindern“, erzählt Hanni Latz als Jugendvertreterin des Vereins. „Unsere St. Martins-Umzüge beginnen in der Kirche und enden in der Jugendhalle“, fügt sie hinzu. Auch ihr Mann Hans-Josef hat intensive Erinnerung an das Gebäude: In den 1970er Jahren betreute er als Filmvorführer die monatlichen Kinoveranstaltungen in der Halle.Schatzmeisterin Sabine Hochsattler-Frohn bringt es auf den Punkt: „Die Jugendhalle ist die ‚gute Stube‘ von Vlatten“, sagt sie mit strahlendem Lachen. Sie weiß, wovon sie redet, denn auch sie hat hier geheiratet.
Am Samstag, dem 27. August, werden die Feierlichkeiten um 20.00 Uhr mit einem musikalischen Auftakt zum 100-jährigen Bestehen eröffnet. Das abendliche Programm ist auf alle Generationen zugeschnitten: Zu Beginn spielen die Original Bleibach Musikanten. Gegen 21.30 Uhr unterhält Sänger und Trompeter HaPe Jonen das Publikum, bevor um 22.30 Uhr die Coverband „Strike Up“ die Jugendhalle in eine Disco verwandelt. Karten zum Preis von acht Euro gibt es vorab bei der Vlattener Bäckerei Krupp und an der Abendkasse.
Am Sonntag, dem 28. August, beginnen die Feierlichkeiten um 9.30 Uhr mit der Heiligen Messe, die der Schmidter Chor „Laudate Dominum“ musikalisch begleitet. Im Festzug ziehen die Besucher anschließend zur Jugendhalle, wo um 11.15 Uhr der feierliche Festkommerz beginnt. Ab 14.00 Uhr gibt es Spiel und Spaß für die ganze Familie. Während sich die Kleinen auf der Hüpfburg austoben können, oder mit Holzklötzen und Lehmbauarbeiten selber zu Baumeistern werden, ist bei den Erwachsenen „Schlagfertigkeit“ bei einer Benefiz-Aktion und einem Schätzspiel gefragt. Um 20.30 Uhr klingt das Festwochenende mit einem musikalischen Schlussakkord des Musikvereins 1909 Vlatten vor der Jugendhalle aus.
Wer Vlattens „gute Stube“ für eigene Feste buchen möchte, kann sich per Mail direkt an den Verein Jugendwohl wenden: . Pro Wochenende kostet der traditionelle Veranstaltungsort 150,00 Euro, zuzüglich der jeweils anfallenden Nebenkosten. Inbegriffen ist die Nutzung einer voll eingerichteten Küche mit Geschirr für 120 Personen.
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