Nideggen, Abenden: Die Menschen in Abenden sind sauer und empört. Die Wanderwege auf ihrem Hausberg, dem Kühlenbusch, sind meterhoch mit Reisig, Ästen und Baumstämmen verrammelt. Auf einem Hinweisschild bekommt der Wanderer mitgeteilt: „Dieser Weg ist aus Naturschutzgründen gesperrt und nicht mehr begehbar. Die Natur dankt für Ihr Verständnis! Der Eigentümer.“ Auf dem Hinweisschild prangt links das Emblem des Eifelvereins, rechts ist das Logo der Biologischen Station Düren abgedruckt. Das Hinweisschild soll Autorität vermitteln: „Ja, wenn der Eifelverein und die Bio-Station das mittragen…“
Auf Nachfrage von EIFELON zeigt sich die Leiterin der Biologischen Station in Nideggen-Brück, Heidrun Düssel-Siebert, irritiert: „Wir haben die Verwendung unseres Emblems für diesen Zweck nicht autorisiert.“ Es hätte Gespräche mit dem Eigentümer der Liegenschaft gegeben. Allerdings gäbe es von der Bio-Station keine Order, die Wanderwege zu sperren. Hier werde mit der Verwendung des Logos vom Waldbesitzer ein Anschein erweckt, der nicht der Realität entspreche. Auch beim Eifelverein reagiert man bei unserer EIFELON-Nachfrage überrascht und erklärt, man habe die Nutzung des Logos nicht gestattet.Wer also hindert die Bewohner von Abenden und ihre Urlaubsgäste daran, den Kühlenbusch auf den seit Jahrzehnten begangenen Wegen zu betreten? Eine Presseaussendung der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Düren versucht, die Maßnahme zu rechtfertigen. Man verweist auf die überregionale Bedeutung der Buntsandsteinfelsen als Flora-Fauna-Habitat (FFH), Naturschutz- und Vogelschutzgebiet und darauf, dass der Lebensraum von Wildkatze, Uhu und Kolkrabe in diesem Terrain wieder gestärkt werden solle. Weiter heißt es: „Im Einvernehmen mit dem Kreis Düren, dem Eifelverein, der Stadt Nideggen und dem Eigentümer der Fläche wurden […] einige der Pfade und Wege gesperrt, die sich nun wieder naturnah entwickeln sollen. Das geschah auch wegen Bedenken hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht.“ Man sei der Meinung „Unter dem Strich bleibt dennoch ein ausreichendes Wegesystem erhalten, um die einmaligen Buntsandsteinfelsen und die mageren, sonnenbeschienenen Waldhänge des Kühlenbusches zu erleben und zu genießen.“
Eine – auf Nachfrage von EIFELON – übersandte Karte zeigt den Wanderweg 37 als einzige noch offene Route auf den Kühlenbusch. Der Serpentinenweg vom Berrefeld aus, die so genannte Scheppe, wurde vom Eigentümer der angrenzenden Waldfläche mit Reisig und Baumstämmen dicht gemacht. Ein Konflikt, ist es doch in Deutschland jedermann gestattet, Wald zu betreten. Für Naturschutzgebiete gilt die Einschränkung, die Wege nicht zu verlassen. Werden nun an Naturschutzgebieten die Waldwege dicht gemacht, kommt das einem Ausschluss der Menschen aus dem Wald gleich.
In Abenden fühlt man sich eingekreist und ausgeschlossen. „Auf der eine Seite macht der Nationalpark die Wege dicht und auf der anderen Seite – dem Kühlenbusch – werden jetzt auch die Menschen aus dem Wald vertrieben und die Hänge gerodet“, reagieren die Bewohner mit Unverständnis. Die ebenfalls großflächig entfernten Fichten und Douglasien auf dem Hausberg der Abender begründet die Untere Landschaftsbehörde damit, dass es sich um standortfremde Baumarten handele, die im Rahmen der forstlichen Bewirtschaftung in den letzten 100 Jahren hier angepflanzt worden seien.
Im Ort hält man die Argumentation des Kreises mit dem Naturschutz für vorgeschoben, hätte sich doch gerade die Uhu-Population trotz bisher begehbarer Waldwege durchaus ungestört entwickelt. Man verweist auf zunehmende Einschränkung durch den neuen Grundeigentümer im Kühlenbusch, der sein Territorium im weiten Umfeld um die Schoeller-Villa von Wanderern und Spaziergängern freihalten wolle, um ungestört zu sein. Dafür würde auch sprechen, dass der neue Eigentümer letzte Woche seine Jagdflächen – rund um sein Anwesen – aus der Abender Jagdgenossenschaft herausgenommen hat und sie zukünftig als Eigenjagd betreiben will.
Eine Nachfrage von EIFELON beim Kreis nach dem genauen Wortlaut und dem Datum der getroffenen Verfügung wurde nur ausweichend beantwortet. „Neben den genannten naturschutzfachlichen-, sprachen auch haftungsrechtliche Gründe für eine Überarbeitung des Wegenetzes im Kühlenbusch, was insbesondere für den steilen Pfad nach Abenden gilt, der zuletzt im Zuge der Wegelenkung im Rahmen der ‚Qualitätsoffensive Rureifel‘ nicht mehr gepflegt worden war.“ Damit begibt sich der Kreis auf juristisch dünnes Eis, würde es doch im Umkehrschluss bedeuten, dass in der Rureifel nur noch Wege begangen werden dürften, für die ein Verantwortlicher die Pflegemaßnahmen gewährleistet. Nach dieser Argumentation müsste folglich für alle Wege, die nicht vom Eifelverein oder einer Kommune gepflegt werden, ein Betretungsverbot aus haftungstechnischen Gründen ausgesprochen werden. Das aber widerspricht dem Grundsatz des freien Waldbetretungsrechtes.
Ebenfalls fragwürdig: Die meterhoch mit Reisig und Baumstämmen gesperrte Zufahrt zum Kühlenbusch von der Landstraße 249 aus. Dazu der Kreis: „Der Sackgassen-Waldwirtschaftsweg, der von der L249 abgeht, war lange Jahre nicht begehbar und völlig zugewachsen und musste nur zur Wiederaufnahme der forstlichen Maßnahmen geöffnet werden. Er teilte sich in zwei Arme auf, die jeweils mit einem Wendehammer endeten. Von dort suchten sich Wanderer dann jeweils einen eigenen Weg querfeldein durch das Naturschutzgebiet. Sein Wiederverschluss stellt also den alten Zustand wieder her.“ Ein seltsames Argument, wenn der Kreis den vernachlässigten Pflegezustand des Forstweges als Begründung für seine Abschaffung benutzt. Dass diese Straße im Laufe der Jahre zugewachsen war, ist ein Versäumnis des für die Pflege Zuständigen und kann nicht vom Kreis als Argument für eine neuerliche Sperrung verwendet werden. Wem gehört dieser Wirtschaftsweg? Gibt es eingetragene Grunddienstbarkeiten?
In Abenden erinnert man sich daran, dass der Wirtschaftsweg ursprünglich als Rettungsweg und als Zufahrt für die Feuerwehr zur Brandbekämpfung am Kühlenbusch angelegt wurde. Das würde auch durchaus Sinn machen, um bei einem Waldbrand die oberhalb im Kühlenbusch liegenden Wohnhäuser zu schützen. Ob es damit verantwortbar ist, diesen Weg mit seiner Funktion zu sperren, wäre zumindest zu hinterfragen. Wer trägt die Verantwortung, wenn’s brennt und die Feuerwehr nicht löschen kann oder Verletzte vom offiziellen Wanderweg geborgen werden müssen? Der Vorwurf, die Wegesperrungen über den Kopf der Bewohner hinweg veranlasst zu haben, ohne die Bevölkerung in solche Überlegungen einzubeziehen, steht im Raum. Ein Abender Bürger formulierte: „Wir fühlen uns in die Zeiten der Feudalherrschaft zurückversetzt: Der Grundbesitzer entscheidet, die Bevölkerung hat dann nur noch zu gehorchen.“
- 19.08.2016: Wegesperrung am Kühlenbusch: Bürgerinformation statt Bürgerbeteiligung
- 12.08.2016: Neuer Termin: Bürgerbeteiligung zum Kühlenbusch
- 24.06.2016: Bürgerbeteiligung zur Wegesperrung am Kühlenbusch
- 29.04.2016: Wer hat das Wegerecht am Kühlenbusch?
- 22.04.2016: Sondersitzung zum Thema "Kühlenbusch"
- 15.04.2016: Neues vom Kühlenbusch
Bisher 8 Kommentare
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Sehr geehrte Redakteure von Eifelon,
mit diesem Artikel, haben Sie mir aus tiefster Seele gesprochen. Ich war teilweise Augenzeuge der Maßnahmen zur Sperrung der Wege. Habe damals beobachtet wie die Reisighaufen unterhalb des Berrefelderweges aufgehäuft wurden. Dies geschah von dem Beteiligten mit „Pokerface“ damit nur ja keiner auf die Idee kommt ein Mal nachzufragen, was das Ganze solle. Einer meiner liebsten, schönsten und romantischsten Wege ist mir vor der Haustüre genommen worden und das nach großherrlicher Gutsherrenart. Und auch noch so scheinheilig unter Verwendung fremder Logos und Namen. Ich bin entsetzt!!!!
Freundliche Grüße
Ihr Eifelliebhaber
Der Rureifel-Tourismus e.V. möchte auf zwei Dinge hinweisen.
1. Der seit 2011 existierende Wanderweg Nr. 37 wird von einem beauftragten Wegepaten regelmäßig und ohne Anlass zur Kritik gepflegt, was die Ausschilderung und kleine Pflegearbeiten betrifft.
2. Die seit 2011 festgelegte Trasse des Wanderweges 37 und der „Buntsandsteinroute“ sind durch die beschriebenen Maßnahmen / Sperrungen nach unserer Kenntnis nicht beeinträchtigt.
Hierbei handelt es sich offenbar um Wege, die zwischen 2009 und 2011 einvernehmlich zwischen Eifelverein, BioStation, den Kommunen und Unterer Landschaftsbehörde aus dem Netz der Wanderwege genommen wurden.
Der Kreis Düren und die Rureifel haben diesen Prozess seinerzeit finanziert und moderiert. Ein Blick auf die aktuelle Ausgabe der Wanderkarte 2 des Eifelvereins verdeutlicht diese Aussage.
Im Artikel der Eifelon wird ja ausdrücklich gesagt, dass der Weg Nr. 37 der einzige noch offene, und von den Maßnahmen nicht betroffen ist. Darum geht es doch gar nicht.
Man darf jetzt auf die Reaktion des Eifelvereins, der Biologischen Station sowie des Gesetzgebers gespannt sein. Auf diesen dreist – frechen Rechtsbruch des neuen Eigentümers kann nur eine scharfe und konsequente Reaktion erfolgen.
D. Bauer
[…] am 25. April weitere Informationen zu den Verfahren bei Wegesperrungen zu geben. Die online-Zeitung EIFELON fasst umfassend zusammen, was bisher geschehen ist. EIFELON liefert auch eine für die Öffentlichkeit […]
Nun, der Eifelverein weiß nach eigener Aussage nichts von Wegesperrungen im Kühlenbusch.
Eine Anfrage beim Leiter der biologischen Station wurde samt Antwortschreiben von Leiter der Station an den Besitzer und an die Untere Landschaftsbehörde des Kreises verdeckt (bcc) weitergeleitet.
Der Fragende wurde daraufhin vom Besitzer der Flächen ( triumphierend) angeschrieben!
Eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Vertrauensmißbrauch Datenschutzvergehen an den Kreis Düren blieb bislang erfolglos. Der Fragenersteller wollte eigentlich nur die Aussagen des Geschäftsführers der Forstbetriebsgemeinschaft bestätigt haben wollte, dass alle Verbände mit zugestimmt haben. So hat es mir derjenige selbst berichtet.
Außerdem hörte ich, gegen kritische Anwohner des Kühlenbusch’s wurden verschiedenste anonyme Anzeigen vorbracht. Ich bin offen gesagt froh nicht im Kühlenbusch zu wohnen…
[…] Verbot des Betretens als schon immer gegeben zu begründen. Mit den jetzt offensichtlichen riesigen Aufschüttungen von Gehölz als wirkliche Sperrungen war das Thema nur „hochgekocht“. Dagegen war die Diskussion in […]
Die ULB des Kreises Düren gab jetzt bekannt, dass es bereits seit 2004 ein Verbot der jetzt gesperrten Wege gab.
Dies wurde jedoch nicht umgesetzt.
Durch die Aussage der ehemaligen Eigentümerin bei der Sitzung am Montag 25.4.2016:
„Wir haben es einfach nicht umgesetzt die Wege zu sperren!
So wie es jetzt der neue Eigentümer gemacht hat.“
Da stellt sich aber doch die Frage:
Der Kreis beschließt etwas, was der Öffentlichkeit 10 Jahre jedoch nicht mal mitgeteilt wird.
Es liegt alleine im Ermessen eines Einzelnen dann dies umzusetzen, wenn er es möchte?
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