Nideggen: Die Musikschule Düren beendet ihr Angebot für die Schüler in Nideggen mit dem Ende des Schuljahres 2016/2017. Mit dem Aus für dieses Förderangebot zieht man in Düren die Konsequenzen aus einer jahrelangen Hängepartie um die finanzielle Beteiligung der Stadt Nideggen an den jährlichen Kosten des Musikunterrichts.
Von 2002 bis 2013 hatte es eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Städten Düren und Nideggen gegeben, in der der finanzielle Anteil der Eifelkommune an dem Unterrichtsangebot geregelt war. Nachdem Nideggen sich 2012 außer Stande gesehen hatte, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, waren von der Bezirksregierung in Köln Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen für die Stadt verabschiedet worden. Damit war – durch den Sparkommissar – die Streichung sämtlicher „freiwilligen Leistungen“ im Stadthaushalt verbunden. Also für die Zukunft – ab dem Jahresende 2013 – auch kein Geld mehr für die Musikschule Nideggen.
Seitdem sprang der Förderverein der Musikschule Düren in die Bresche und suchte Sponsoren für die jährlich anfallenden Kosten von circa 12.000 Euro, die bis dahin die Stadt beigesteuert hatte. Es gelang, eine Überbrückungsfinanzierung zu sichern und so auch für die letzten drei Jahre den Fortbestand der musikalischen Ausbildung in Nideggen zu gewährleisten.
Beginnend mit der musikalischen Früherziehung im Kindergarten, setzt sich die Kooperation der Musikschule in den Grundschulen der Stadt fort. Ein wichtiger Baustein ist das Klassenmusizieren. Jedes Kind kann mit Blockflöte oder Keyboard erste Erfahrungen sammeln. Spielerisch werden Noten gelernt, Konzentration und Sozialverhalten in der Gruppe geübt. „Wir sind ein Team und müssen aufeinander hören“ beschreibt Musikpädagoge Renold Quade eine wichtige Grundlage des Klassenmusizierens. Ab dem dritten Schuljahr kommen Blasmusikinstrumente zum Einsatz. Die Kinder können die Instrumente ausprobieren und sich für Querflöte, Horn oder Posaune entscheiden. Aber auch Saxophon oder Tuba stehen in kleinen Größen für die jugendlichen Musiker zur Auswahl. Die älteren Kinder aus der vierten Jahrgangsstufe erklären den Jüngeren die Funktionen der einzelnen Instrumente und wie man den unterschiedlichen Blasinstrumenten eine Melodie entlockt. Dann zeigen die „Großen“, was sie in einem Jahr als Orchester bereits alles gemeinsam erarbeitet haben.
Das pädagogische Konzept, gemeinsam als Ensemble aufzutreten, spornt die jungen Musiker an. Die Nideggener Bläserklassen sind mittlerweile zum festen Bestandteil des jährlichen Kammermusik-Festivals „Spannungen“ im Heimbacher Jugendstil-Kraftwerk geworden. Meist bis zum Abitur bleiben die jungen Musiker ihrer Truppe treu. Ohne die Turmbläser der Musikschule Düren, Abteilung Heimbach/Nideggen, wurde seit 1999 kein einziges Klassikkonzert an der Rur begonnen. Vom Turm des historischen Kraftwerks begrüßen mindestens acht der jungen Musiker die Gäste musikalisch zu jeder Konzertveranstaltung.Das Erfolgskonzept droht nun zu scheitern. Die Musikschule Düren hat die Stadt Nideggen aufgefordert, sich zumindest mit einem Teilbetrag der jährlichen Kosten an der musikalischen Ausbildung der Kinder zu beteiligen. Dazu sieht sich die Stadt Nideggen nicht in der Lage. Zur Begründung heißt es, Nideggen könne als „Stärkungspakt Kommune“ keine „freiwilligen Leistungen“ genehmigen. Ein Antrag der „Menschen für Nideggen“ (MfN), im Haushalt für 2017 wenigstens einen einmaligen Teilbetrag von 6.500 Euro zuzuschießen, um den Unterricht für das zweite Halbjahr 2017 zu gewährleisten, wurde Anfang November im Haupt und Finanzausschuss abgelehnt. Auch der Hinweis, dass diese Ausgaben voraussichtlich von der Bezirksregierung genehmigt würden, wenn sie durch Einsparungen an anderer Stelle aufkommensneutral gestaltet wären, führte nicht zu einer Mehrheit im Ausschuss. „Die Musikschule hat anscheinend keine Lobby in Nideggen“ resümierte MfN-Fraktionsvorsitzender Erwin Fritsch enttäuscht.
Bei der Musikschule Düren hatte man in den vergangenen Jahren durchaus Verständnis für die knappe Finanzplanung in Nideggen gezeigt. Man schlug vor, die Stadt solle sich in einer schriftlichen Willensbekundung für den Fortbestand der Musikschule in Nideggen einsetzen. Aber auch dieser Vorschlag wurde bisher von Bürgermeister Schmunkamp abgelehnt. Bei der Musikschule Düren zog man daraufhin die Notbremse. Die Beendigungsmitteilung zum Ende des nächsten Schuljahres wird in diesen Tagen an die Eltern der circa 200 Nideggener Musikschüler verschickt. In der Begründung zum Ende des Musikunterrichts heißt es:Auch wenn die Musikschule ein wichtiger Baustein kommunaler Bildung ist […] und das Grundschulprojekt der Bläserklassen in Nideggen mehrfach wegen seiner hohen Qualität ausgezeichnet wurde, sieht sich die Stadt Nideggen […] weiterhin nicht in der Lage, wieder Verantwortung zu übernehmen – auch eine bloße Absichtserklärung, wieder perspektivisch in den gekündigten Vertrag einzusteigen (die noch keinerlei finanzielle Verpflichtung mit sich bringen würde), wird abgelehnt. Aus diesem Grund wird die Musikschule Düren ihre Arbeit vor Ort in Nideggen zum 31.07.2017 beenden. Der Musikschulunterricht Ihrer Kinder wird selbstverständlich bis zum Ende des Schuljahres wie gewohnt in Nideggen stattfinden.
Die betroffenen Eltern sind fassungslos. Fällt doch damit – neben der Grundschulbetreuung – auch das frühkindliche, musikalische Förderprogramm in den Nideggener Kindergärten weg. Die preisgekrönten Turmbläser verlieren ihren Nachwuchs. „Es ist traurig, dass in einer Kommune, die auf wirtschaftliche Entwicklung setzt und junge Familien für die Stadt gewinnen will, das kulturelle Angebot für die Kinder ohne Not eingeschränkt wird“, äußert sich eine junge Mutter verständnislos.
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