Eifel: Eine Studie der Deutschen Akademien der Wissenschaften beschreibt unter dem unspektakulären Titel „Sektorkopplung – Untersuchungen und Überlegungen zur Entwicklung eines integrierten Energiesystems“ die notwendigen Schritte und Investitionen zu einer konsequenten dekabonisierten Stromversorgung bis 2050.
Professor Dr. Fritz Vahrenholt hat die Studie gelesen und sich ein paar Gedanken gemacht, zur schönen neuen Welt ohne fossile Energieträger. EIFELON findet, die Fakten der Studie und Vahrenholts Überlegungen zur deutschen Energie-Zukunft sollten auch unsere Leser kennen lernen:
Das Wallstreet Journal attestiert Deutschland im Januar 2019 die dümmste Energiepolitik der Welt.
Trotzdem werden die Forderungen nach dem Ausstieg aus Kohle, Kraftstoff und Erdgas immer schriller: Angefangen mit der Kohlekommission, die das Bundeskanzleramt zur Hälfte mit grünen Aktivisten besetzte, und ihrem waghalsigen Vorschlag, Deutschland solle bis 2038 aus der Kohle aussteigen. Robert Habeck und seine grünen Freunde folgten und forderten das Aus für den Verbrennungsmotor in 2030. Und als es im April vier Wochen lang sehr trocken war („Sehr schlimm!“, „Hat es noch nie gegeben!“) rief die Grünen-Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock die Klimakrise aus: Verdopplung des CO2-Preises und ein starkes Ordnungsrecht, das den Kohleausstieg per Gesetz regelt und Vorgaben für den Verkehr macht.
Nun fordern die Freitagskinder von Lummerland eine CO2-Steuer von 180 Euro noch in diesem Jahr, bis 2035 „Treibhausemissionen auf Netto-Null“ und hundert prozentigen Energiegebrauch aus den Erneuerbaren. Das würde bei CO2-Emissionen von rund 900 Millionen Tonnen in Deutschland einer CO2-Steuer von 162 Milliarden Euro im Jahr entsprechen.
Die Deutschen Akademien und die Sektorkopplung
Da lohnt es sich, die Studie des Akademieprojektes „Energiesysteme der Zukunft“ der „Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften“ mit dem Titel „Sektorkopplung – Untersuchungen und Überlegungen zur Entwicklung eines integrierten Energiesystems“ zu lesen.
Die vom Bund finanzierte und von Professoren aus Deutschland durchgeführte Untersuchung befasst sich auf 163 Seiten mit der Umsetzbarkeit und den Kosten der Energiewende.
An dieser Stelle könnte man fragen, weshalb der gesammelte technische Sachverstand unserer deutschen Akademien die Zukunft unserer Energieversorgung im Wesentlichen allein auf zwei Technologien stützen will: Windenergie und Photovoltaik? Warum die Wissenschaftler der Kernfusion, der inhärent sicheren Kernenergie ohne langlebige Rückstände (dual fluid reactor) sowie der CO2-freien Kohlenutzung (Carbon capture and sequestration) nicht den Hauch einer Chance geben? Weil Wissenschaft in Deutschland anscheinend nur noch in der Bandbreite des Mainstreams denken darf, etwa vom CDU-Parteitagsbeschluss bis zur Greenpeace-Resolution.
Es lohnt sich trotzdem, in die Studie reinzuschauen, um zu erahnen, was uns bevorsteht. Alle Sektoren – Strom, Verkehr und Wärme – werden zusammen betrachtet. Und siehe da: 80 Prozent der Energie werden fossil erzeugt, 7,5 Prozent durch Kernenergie und 13 Prozent durch Erneuerbare Energien. Wenn man bei den Erneuerbaren Energien die Biomasse (einschließlich Biogas und Biosprit) abzieht, bleiben schlappe 2,5 Prozent übrig: 1,5 Prozent der Primärenergie wird durch Windenergie erzeugt und ein Prozent durch Photovoltaik (Seite 10 der Studie). Das wird noch ein sehr langer Weg zu 100 Prozent.
Wenn man bis 2050 den Weg einer Dekarbonisierung um 90 Prozent gehen will, dann „wird mit rund 1.150 Terawattstunden sogar fast doppelt so viel Strom benötigt wie heute“ (Seite 10 der Studie), weil Verkehr und Wärme ebenfalls elektrifiziert werden sollen. Da man sich nur auf Photovoltaik und Windkraft verkrampft hat, kommt die Studie zum Schluss: „Die installierte Leistung an Windkraft und Photovoltaik müsste in diesem Fall (bei gleichbleibendem Energieverbrauch) gegenüber heute versiebenfacht werden.“
Wir haben heute etwa 30.500 Windenergieanlagen mit einer Kapazität von 59.000 Megawatt und 46.000 Megawatt Photovoltaik. Das Siebenfache an Solaranlagen würde fast alle in Deutschland möglichen Dachfassaden und andere Siedlungsflächen erfassen. Eine Versiebenfachung bei der Windenergie würde selbst bei Verdopplung der Kapazität der einzelnen Wind-Anlagen die Landschaft in Deutschland massiv verändern: Alle 1,5 Kilometer würde eine 200 Meter hohe drei bis fünf Megawatt-Anlage stehen. Wer mit offenen Augen durch die Republik fährt, kann das Ausmaß einer flächendeckenden Verspargelung in einigen Bundesländern bereits heute genießen. Deutschlandweite Landschaftszerstörung als Preis für eine nicht effiziente Stromversorgung?
Energiewende vor dem Abgrund
Die Studie lässt auch den Abgrund erahnen, auf den wir zugehen. „Die Dominanz der fluktuierenden Erneuerbaren Energien erfordert eine hohe Flexibilität auf der Stromerzeugungsseite und der Verbrauchsseite“, heißt es in der Studie. Im Klartext: Wenn die Natur nicht genügend Wind und Sonnenstrom liefert, müssen wir eben zeitweise ohne Strom auskommen…
Doch selbst in der ’schönen neuen Welt‘ der dezentralen Energieerzeugung wird es nicht ohne zentrale Großkraftwerke gehen. Die Studie schätzt, dass es etwa 60 bis 100.000 Megawatt Energie aus Großkraftwerken bedarf – natürlich auf Biogasbasis oder synthetischem Methan oder Wasserstoff gefahren -, um kurzfristige Zusammenbrüche zu verhindern. Zum Vergleich: Unsere heutige Großkraftwerkskapazität beträgt 90.000 Megawatt.
Ehrlich aber desillusionierend auch die Studienaussage, dass Batterien nur eine Lösung als Kurzzeitspeicher haben können. Voraussetzung für Langzeitspeicher ist die erfolgreiche Entwicklung von power-to-gas, also Windstrom per Elektrolyse in Wasserstoff oder gar Methan zu verwandeln. Das ist zwar heute noch absurd teuer, aber das schaffen wir schon, …bestimmt! – oder nicht? Allerdings kann es in Tagen der kalten Dunkelflaute (Hochnebel und kein Wind im Winter) zu Konflikten zwischen power-to-heat (also der Wärme auf Windstrombasis) und dem tagtäglichen Strombedarf bei knappem Angebot kommen, warnen die Autoren. Will sagen: Licht oder warme Heizung, das ist dann die Frage. Das Elektroauto bleibt sowieso stehen. An überlebenskritische Situationen, in denen Strom benötigt wird, wollen wir hier besser gar nicht denken.
Die Autoren korrigieren auch die verbreitete Fehleinschätzung, die E-Autos als mögliche Stromspeicher zu nutzen: „Die Pufferkapazität der Elektroflotte, liegt im Bereich von einigen Stunden.“ (Seite 57 der Studie) Sie hängt zudem davon ab, ob die „Autobesitzer bereit sein werden, ihre Batterien dem System zur Verfügung zu stellen.“ Sind sie größtenteils nicht bereit, die Souveränität über Ladung und Entladung zeitweise abzugeben, ist der Beitrag gering. Schlimmstenfalls könnte das zeitgleiche Laden vieler Autos zu bestimmten Tageszeiten zu einer zusätzlichen Belastung für das Stromnetz werden. Wie undankbar diese Autofahrer sind. Da hat man nun jede Straße in den Städten für sie aufgerissen, um dem „Ausbau der Verteilnetze“ – also Stromtankstellen an allen Ecken – Rechnung zu tragen und nun wollen sie auch noch bestimmen, wann sie fahren wollen und wann nicht.
Der 4600 Milliarden Flop
Die schöne neue Welt von Greta, Annalena und Robert hat ihren Preis.
Die Autoren der Studie setzen eine CO2-Minderung von 60 Prozent voraus, die ja bis 2030 erreicht werden soll (Seite 116, Grafik 35). Das heutige Energieversorgungssystem kostet bereits 250 Milliarden Euro jährlich. Will man dieses CO2-Zwischenziel (60%) in den nächsten zehn Jahren erreichen, wird es schon mal um 1.500 Milliarden Euro teurer. Strebt man eine 75 Prozent CO2-Minderung an, rechnen die Autoren mit zusätzlichen 800 Milliarden Euro, bei einer solchen auf 85 Prozent mit weiteren 1.000 Milliarden Euro. Für die Steigerung von 85 auf 90 Prozent CO2-Minderung bis 2050 müssten weitere 1.300 Milliarden geblecht werden. Zusammengerechnet ergibt sich eine Summe von 4.600 Milliarden Euro!
4.600 Milliarden Euro müssten demnach die deutschen Haushalte ausgeben, um 800 Millionen Tonnen CO2 zu vermeiden. Dies ist die Menge an CO2, die China derzeit jedes Jahr zusätzlich ausstößt, da es, 2015 – vereinbart durch das Pariser Klimaabkommen – bis 2030 jeden Monat ein neues Kohlekraftwerk errichten und in Betrieb nehmen darf.
Damit die Eltern von Fridays for future die 4.600 Milliarden richtig verstehen: Es sind im Jahr 153 Milliarden Euro. Bei 40 Millionen Haushalten in Deutschland bezahlt jeder Haushalt monatlich 320 Euro im Monat – netto und nur für die CO2-Reduktion. Und wenn es nach Greta und ihren Followern geht, nämlich bereits in 15 Jahren 100 Prozent Erneuerbare Energien zu erreichen, dann wären das 640 Euro im Monat – wenn es nicht vorher zu einem Zusammenbruch der deutschen Energieversorgung und damit der deutschen Wirtschaft gekommen ist, was sehr wahrscheinlich ist. 640 Euro sind ein Drittel des monatlichen Netto-Durchschnittsverdienstes in Deutschland von 1.890 Euro. Damit würden diese Haushalte dann in die Nähe oder unter die Armutsgrenze (60 Prozent des Durchschnittsnettoeinkommens) fallen.
Schöne neue Welt.
Bundesnetzagentur mahnt zum Aufbau von Reservekraftwerken
Dabei kommt Deutschland bereits heute nicht mehr klar mit dem notwendigen Umbau der Stromversorgung. Die Bundesnetzagentur warnt, dass bis spätestens 2022 eine Kraftwerksreserve von 10 000 Megawatt (was zehn Kernkraftwerken entspricht) aufgebaut werden muss.
Statt das aktuelle Stromversorgungsproblem zu lösen, erweitert die Bundesregierung das Aufgaben-Szenario auf Wärme und Mobilität. Alle drei Sektoren, die bislang von unterschiedlichen Energieträgern (Kohle, Erdgas, Erdöl) geprägt waren, sollen in Zukunft von einem einzigen abhängig gemacht werden: NUR Strom, gespeist aus Wind und Sonne. Wind und Sonne entscheiden dann, wann wir unser Auto bewegen können, wie viel Wärme wir im Winter nutzen dürfen und wann das Licht angeschaltet werden kann… Das nennt man einen nachhaltigen Kurzschluss.
Zuerst erschienen bei kaltesonne.de
Die Studie „Sektorkopplung“ – Untersuchung und Überlegungen zur Entwicklung eines integrierten Energiesystems kann hier heruntergeladen werden.
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Bei EIFELON zum Thema:
Bisher 1 Kommentar
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Ich habe einen soliden, fundierten, sehr sachlichen Beitrag eines Wissenschaftlers erwartet. Aber schon der erste Absatz belehrt mich eines Besseren. Da haut jemand in populistischer Manier um sich, zieht mit teilweise beleidigendem Wortschatz über Menschen her, die anderer Meinung sind als er.
Die wenigen sachlichen Inhalte des Gastbeitrags von Prof. Vahrenholt werden dadurch komplett unglaubwürdig. Von einem Wissenschaftler erwarte ich Inhalte. Dadurch werden bei mir erhebliche Zweifel geweckt, ob seine Erkenntnisse überhaupt irgendeinen Wert in der Klimadiskussion haben.
Würde meine Tochter ihrem Professor eine solche Arbeit vorlegen, würde er ihr die, bildlich gesprochen, links und rechts um die Ohren hauen.
Fazit für mich: zu emotional, unwissenschaftlich, populistisch, zweifelhaft.
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