Eifel: Bei dem Hofe Merberich stand auf einem Hügel eine alte Kapelle, die im Volksmunde durch folgenden Vorfall „Wolfskapelle“ genannt wurde. Früher kamen die so genannten „Päedchesdrievere“ (Pferdetreiber) in die Dörfer, um die Frucht aufzukaufen, die sie in Säcken auf den Rücken ihrer mageren Tiere luden und in den Städten absetzten. Sie reisten meist mit sechs und mehr Pferden. Oft übernachteten sie in den Wäldern und überließen die Tiere für die Nacht jungen Burschen, die bei ihnen wachen sollten. Damals hausten auch Wölfe in unseren Wäldern. Die Jungen waren oft in ihrem Wachtdienste saumselig. Kamen nun Wölfe, so suchten sich die Tiere selbst zu schützen. Sie stellten sich in einem Kreise auf, mit den Köpfen nach innen und kehrten den Wölfen das Hinterteil und schlugen, wenn die Bestien sie angreifen wollten, mit den Hufen aus. Dabei sorgten zwei Pferde auch meist dafür, dass sie hinten noch durch einen Baum gedeckt waren.
Einmal lagerten die Leute mit ihren Pferden im Merbericher Walde. Weil die Jungen nicht genug acht gegeben hatten, hatte ein Pferd sich von den übrigen getrennt und wurde bald von einem Wolf verfolgt. Das Pferd flüchtete in seiner Angst nach der offenen Kapelle. Der Wolf stürzte ihm nach in die Kapelle hinein. Die Bestie suchte dem Pferde nach der Kehle zu springen, jedoch das Tier kehrte ihr den Hinterleib dar und stieß dabei die Türe zu, und beide saßen gefangen. Der Wolf wagte nun nicht mehr, das Pferd anzugreifen, sondern duckte sich in eine Ecke, wo er bis zum Morgen keinen Laut von sich gab. Da kamen die Besitzer des Pferdes, und eine Kugel machte dem Leben des Wolfes ein Ende. Seit der Zeit erhielt die Kapelle den Namen Wolfskapelle.
Das Buch erschien erstmals 1914. Knapp 100 Jahre später wurde es durch Reinhild von Capitaine digitalisiert und neu veröffentlicht.
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