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Inmitten des Herver Landes liegt die Abtei Val Dieu, wo außer Käse auch ausgezeichnete Biere produziert werden. [Grafik: awb]

Limbourger Käse: Gestank und Genuss – Teil I

Umland, Belgien: Mark Twain erzählt in einer Kurzgeschichte von einem Mann, der den Sarg eines verstorbenen Freundes mit der Eisenbahn zum Ort der Beisetzung im Gepäckwagen begleitet. Er kommt mit einem anderen Frachtgutbegleiter ins Gespräch, dem er erzählt, sein Freund im Sarg sei vor drei Tagen plötzlich tot umgefallen. Der Andere rümpft daraufhin die Nase und sagt: „Sie meinen gewiss vor drei Monaten.“

Ein Irrtum, wenn auch ein nachvollziehbarer. Der im Wagon herrschende, infernalische Gestank kommt aber nicht aus dem Sarg, sondern aus der Reisetasche des Begleiters. In dieser transportiert er nämlich einen Limburger Käse.

Die im Hessischen liegende Stadt Limburg war vor kurzem wieder einmal in den Schlagzeilen, da hatte sich eine Veganerin über das Lied „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ beschwert, das mittags vom Glockenspiel des Rathauses dargeboten wurde und empfindliche Seelen wie die der Beschwerdeführerin über Gebühr belastete. Zuvor war Limburg durch den etwas barock haushaltenden Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst auch außerhalb seiner Stadtgrenzen bekannt geworden, versank aber inzwischen wieder im gewohnten Tiefschlaf. Der fromme Gottesmann hält sich nach seinem Rückzug von den Ufern der Lahn nun in Rom auf , wo er ein neues Amt beim Heiligen Stuhl „in aller Stille“ antrat. Ganz ähnlich, die Älteren werden sich erinnern, erging es einst Heinz Rühmann, der in die abgelegene Inselgemeinde Abbotts Rock versetzt wurde, da er sich zum Unwillen des zuständigen Bischofs immer wieder in Kriminalfälle einmischte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Dass Limburg, das hessische „Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion“ hier Erwähnung findet, dient einzig der Vorweg-Klärung eines nicht wenig verbreiteten Irrtums: Limbourger Käse hat mit der Stadt an der Lahn ganz und gar nichts zu tun (was man schon an dem zusätzlichen Buchstaben o im Namen erkennt). Die Limburger sind kulinarisch zwar ebenfalls auf dem Posten; dort ist man stolz auf ein mit Senf gewürztes und paniertes Kotelett, gefüllt mit Sauerkraut, Dörrfleisch und Essiggurken sowie der Beilage Bratkartoffeln. Der so infernalisch duftende Käse-Stinker kommt jedoch aus einer ganz anderen Region, nämlich dem niederländisch-belgischen Gebiet zwischen Lüttich, Maastricht und Aachen, das zwischen dem frühen 11. Jahrhundert und dem Ende des 18. Jahrhunderts das Herzogtum Limb(o)urg bildete. Er wurde anfangs von Mönchen in den reichlich vorhandenen Klöstern des Herzogtums gekäst, später dann auch ringsum von bäuerlichen Betrieben. Mag sein, dass besonders durchgereifter Limbourger Käse – bei (un)günstigem Westwind – von dort bis ins Hessische duftet, ansonsten gibt es aber keinerlei Verbindung zwischen dem Städtchen Limbourg und der danach benannten Region in der Wallonie und Limburg an der Lahn. Womit das geklärt ist.

Nachdem wir durch einen schweren Sandweg in einer tiefen Schlucht die Höhe des Berges, der das Gebiet der Stadt Aachen von der Provinz Limburg scheidet, erreicht hatten, lag dieses herrliche Land wie ein Garten vor uns; und je weiter wir hineinkamen, desto reizender ward die Aussicht auf die kleinen umzäunten Wiesen und Viehweiden, welche die sanften, wellenförmigen Hügel bedecken. Überall ist diese Gegend mit einzelnen, oder höchstens zu drei und vier beisammengestellten Hütten gleichsam besäet, die zum Theil massiv oder von Backsteinen, zum Theil von Fachwerk gebauet, ein wohlhabendes Völkchen andeuten, das hier von der Viehzucht und vom Wollspinnen lebt. Auf viele Meilen weit sieht man die wogichten Hügel überall mit lebendigen Heerden, und hier und dort auch mit hochstämmigen Bäumen geziert; auf Meilen weit liegen, ein paar gute Büchsenschüsse von einander, die einzelnen Bauerhütten. Es ist unmöglich, sich hier etwas anderes, als Einfalt und Gleichheit der Einwohner, zu denken; man irrt in Gedanken von Haus zu Haus, und erblickt überall fleißige Spinner, frohe Hirten und reinliche Käsemacher.“

Georg Forster schrieb diese Notizen zu dem flämisch-wallonischen Landstrich; zusammen mit Alexander von Humboldt bereiste er die Gegend und beschrieb sie später in seinen Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich aus dem Jahre 1791. Eine Beschreibung, die auch heute noch zutreffend ist, wie man leicht erkennen kann, wenn man das Land von einer der zahlreichen Höhen überschaut, die weite Blicke bis zu den Abraumhalden bei Lüttich und den Mergelsteinbrüchen nahe Maastricht und weit darüber hinaus ermöglichen. Die von Foster beschriebenen kleinen, umzäunten Wiesen und Viehweiden und die sanften, wellenförmigen Hügel gibt es ebenso noch wie die vereinzelt stehenden Gehöfte aus massivem Stein oder Fachwerk. In manchen von ihnen werden wie seit Jahrhunderten Limbourger Käse produziert, deren Geschmacksnoten von doux (mild) bis piquant extra (infernalisch) reichen, je nach Reifegrad. Im Zentrum des Gebietes liegt das Städtchen Herve, nach dem der Limbourger offiziell benannt wird, dort produziert eine Großkäserei im industriellen Umfang das, was ringsum nur noch in ganz wenigen Klein- und Kleinstbetrieben liebevoll zur Reife gebracht wird.

Der zweite Teil von „Limbourger Käse: Gestank und Genuss“ folgt nächste Woche.

7.7.2017LebenUmland, Belgien0 Kommentare awb

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