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Dr. Anne Katharina Zschocke, Pionierin ganzheitlicher Mikrobiologie. [Foto: Alexandra Kaumanns]

„Bakterien bilden unsere Lebensgrundlage“ UND Buchverlosung „Natürlich heilen mit Bakterien“

Umland, Morenhoven: Wir Menschen prägen maßgeblich die Erde, denken wir. Dass es bereits seit Milliarden von Jahren, lange, bevor der erste Mensch seinen aufrechten Gang übte, andere Lebewesen gab und noch immer gibt, die das Leben auf diesem Planeten und auch uns Menschen wesentlich gestalten, beginnen wir erst langsam wieder zu entdecken. Dabei sind diese Lebewesen so winzig klein, dass wir sie mit dem bloßen Auge nicht sehen können. Und, zugegeben, viele Menschen ekeln sich bereits und sehen das krankmachende Grauen vor sich, wenn sie nur ihren Namen lesen: Bakterien. „Dieses Bild beruht auf einem Missverständnis“, erklärt die Wahleifeler Bakterienexpertin Dr. med. Anne Katharina Zschocke. Die international gefragte Referentin und Buchautorin gilt als die Pionierin ganzheitlicher Mikrobiologie. Es sei Zeit umzudenken. „Wir sollten erkennen, dass Bakterien unsere Lebensgrundlage bilden. Bekämpfen wir sie, bekämpfen wir uns selbst.“ Stattdessen dürften wir wieder lernen, das Zusammenwirken mit den Bakterien zu fördern, in der Landwirtschaft, im Garten, im Haushalt, beim Reinemachen und auch in unserem Körper.

Warum?

Vor 4,6 Milliarden Jahren entstand unsere Erde, vor 3,8 Milliarden Jahren entwickelten sich die ersten Einzeller, die Urbakterien. Sie organisierten sich zu Grüppchen, in denen sie Stoffe bildeten, die sie zum Überleben brauchten. Biofilm heißt diese Gruppenschicht. Ein Schmier, den wir irgendwann sehen, wenn wir lange genug nicht die Zähne putzen. Einige Forscher gehen davon aus, dass im Laufe der Jahrmillionen die Einzeller größer wurden und kleinere schluckten. Einige wurden zu Mehrzellern, aus denen irgendwann Quallen, Pflanzen, Fische, Dinosaurier und wir Menschen entstanden.

Währenddessen haben die einzelligen Bakterien alle höheren Lebewesen begleitet, sie unterstützt und für sie wichtige Jobs übernommen. „Am besten sieht man diesen lebendigen Kreislauf noch in der bäuerlichen Landwirtschaft, die ohne Chemie auskommt“, erzählt Zschocke: Pflanzenwurzeln nehmen die Bakterien aus dem Boden auf, sie brauchen diese für ihr Wachstum. Tiere fressen die Pflanzen, Menschen ernähren sich von den Pflanzen und Tieren. Über den Kot gelangen viele dieser aufgenommen Bakterien wieder in den Boden zurück und wirken im Kreislauf fort, heutzutage zumindest über natürlichen tierischen Dünger.

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Bakterien als Krankmacher oder Gesundheitsmotoren? Eine Frage des Gleichgewichts. [Quelle: AT-Verlag]

„Noch zu Goethes Zeiten betrachteten die Menschen das Leben auf der Erde und auch den Menschen selbst als Ganzes. Dann kam das 19. Jahrhundert und veränderte dieses Weltbild radikal“, sagt Zschocke. Die Naturwissenschaften blühten auf, jede für sich. Der menschliche Körper wurde in seine Einzelteile zerlegt, jedes Organ, jede Zellgruppe, jede Stoffgruppe für sich separat analysiert. Das Ganzheitliche ging verloren. Die Erkenntnis, dass Bakterien zu uns gehören und uns in unserer Gesundheit unterstützen können, verschwand. „Bis vor einigen Jahren dachte man, Bakterien in Organen wären schädlich. Heute weiß man, dass jedes Organ seinen ganz speziellen Bakterienclub hat.“ Neue Studien belegten, dass Neugeborene ein sechsfach höheres Risiko hätten, ein Asthma zu entwickeln, wenn bei den Eltern zuvor das „Magengeschwür“-Bakterium Helicobacter pyloris „erfolgreich“ bekämpft, beseitigt und nicht an das Kind weitergegeben wurde. „Dieses Bakterium hat uns während der menschlichen Entwicklung stets begleitet und wichtige Funktionen im Magen übernommen“, weiß Zschocke. „Und das tut es auch jetzt noch, wenn es sich mit anderen Bakterien im Gleichgewicht befindet.“

Dürfen wir nun leben wie die Dreckspatzen und jedes Bakterium willkommen heißen?

„Definitiv nein“, sagt die Bakterienkennerin. Das richtige Grundverständnis dafür, dass es unterschiedliche Bakterienlandschaften gibt, die für sich kommunizieren – auf der Wiese, dem Acker, dem Hof, dem Wohnzimmer, im menschlichen Körper und dort selbst auf den verschiedenen Körperteilen und in den Organen – und dass man diese Landschaften durch richtige Hygiene nicht vermischt, sei essentiell. Sonst könne es passieren, dass eine Bakterienart an den falschen Ort gelange und Schaden anrichtet. „Es gibt keine Krankheitskeime an sich. Es ist immer eine Frage der Menge, die auf einen bestimmten Lebensraum trifft, eine Frage des Gleichgewichts“, erklärt Zschocke. Zur richtigen Hygiene gehört auf der einen Seite, dass man sich die Hände vor dem Essen wäscht, am Esstisch isst und nicht am Computer, auf der Straße oder im Zug. Dazu gehört, dass man seine Straßenschuhe direkt nach dem Betreten der Wohnung auszieht und den Esstisch sowie die Küchenplatte nicht mit demselben Tuch wischt wie den Boden darunter, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Auf der anderen Seite heißt richtige Hygiene auch, Reinigungsmittel zu verwenden, die auf natürlicher Basis arbeiten. „Bakterien sehen chemisch-synthetische Produkte als fremd an und beginnen, sie zu zersetzen. Die Spaltprodukte können schädlich sein“, erklärt Zschocke. Außerdem könne es so passieren, dass sich Bakterien veränderten, aus dem ursprünglichen Netzwerk ausfielen und zu Krankmachern würden.

Denn dieses Netzwerk, das so genannte Mikrobiom, sei es, was eine optimale Bakteriengesellschaft ausmache. Es entsteht durch Vielfalt an unterschiedlichen Bakterientypen, einer großen Fülle und einer guten Verständigung untereinander. Auf diese Weise kontrolliere sich das Mikrobiom selbst, setzt sich Grenzen. „Der Biofilm beispielsweise ist eine hauchdünne Schicht“, erklärt Zschocke. Ein gutes Mikrobiom in unserem Körper unternehme vielfältige Aufgaben, beeinflusse positiv die Verdauung, das Immunsystem und die Psyche. Dabei ist es auf gutes Futter angewiesen, das wir den Bakterien beispielsweise mit der Nahrung über Ballaststoffe zuführen. Bei Bedarf kann der einzelne sein Mikrobiom mit von außen zugeführten Bakterien unterstützen. „Dabei ist es wichtig, dass diese verschiedenen Bakterienarten gemeinsam herangezogen wurden, damit die Kommunikation untereinander funktioniert.“

Für wen sich so eine Bakterienkur eignet, erfahren Interessierte beispielsweise nächsten Freitag, 7. April. Dann ist Dr. Anne Katharina Zschocke um 20.00 Uhr ins Kreaforum nach Morenhoven (Eichenstraße 3 / Vivatgasse) eingeladen. In einer Lesung mit anschließendem Gespräch spricht sie über das Thema ihres neuen Buches „Natürlich heilen mit Bakterien“. Die Zuhörer erfahren neue Erkenntnisse der Mikrobiomtherapie mit praktischen Anleitungen, Tipps und auch Fallberichten zur Heilung körperlicher sowie seelischer Krankheiten. Die Eintrittskarten für 7,00 Euro sind vorab unter www.kreaforum.de erhältlich.

Gewinnspiel:
Gemeinsam mit Frau Dr. Zschocke und dem AT-Verlag verlosen wir fünf Exemplare ihres neuen Buches mit Widmung. Wer eines gewinnen möchte, sendet uns den Buchtitel und seine Anschrift bis zum 7. April per E-Mail an . Allen Einsendern viel Glück!
31.3.2017LebenUmland, Morenhoven0 Kommentare js

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