Umland: Aktuell kann dem Naturbeobachter auffallen, dass die eigentlich giftigen Früchte des Ilex-Strauches verstärkt von Amseln gefressen werden. Hierauf macht Diplom-Biologe Immo Vollmer, Naturschutzreferent des Umweltverbandes Naturschutzinitiative (NI) aufmerksam. „Ein täglich von mir beobachteter Strauch leuchtete seit dem Herbst voller roter Früchte. Aber erst nach Neujahr sah man Amseln in solcher Menge am Strauch fressen, dass er schon vor dem 15. Januar leergefressen war“.
Wie ist das zu verstehen? In der toxikologischen Literatur liest man, dass 20-30 der beerenähnlichen Steinfrüchte für den Menschen tödlich sein können.
Wenn aktuell jede Amsel pro Tag mehr als 30 Früchte frisst, zuvor aber nicht, zeigt das, dass die Früchte zuerst auch für die Amseln ungenießbar waren. Frost und auch der zeitliche Abbauprozess von Giftstoffen bringt es mit sich, dass die schon zuvor verführerisch lecker für die Vögel aussehenden Früchte erst nach einiger Zeit essbar sind,
erläutert Vollmer.
Ähnliche Effekte kennen man auch von anderen Früchten. Viele Menschen wissen noch, dass auch Schlehen, Eberesche oder Weißdorn-Früchte erst nach dem Frost besser genießbar und für Marmelade zu verarbeiten sind.
Es ist aber nicht nur der Frost, weiß Immo Vollmer zu berichten. Beim Gang am letzten Wochenende durch eine winterliche Heckenlandschaft fielen keine Schlehen mehr auf. Holunderbeeren gibt es schon lange nicht mehr. Hagebutten waren nur noch wenige zu sehen, aber der Weißdorn und der Wasser-Schneeball waren noch voller roter Früchte. Die schwarzen Früchte des Efeus sind zurzeit noch grün. Erst zum Ausgang des Winters sind diese schwarz und werden dann auch von verschiedenen Vögeln gefressen. Ginge es nur nach dem Frost, würden alle Früchte gleichzeitig genießbar und die Vögel lebten zwei Wochen im Übermaß, bevor der Rest irgendwann verfault und das große Hungern einsetzt.Gesetze der Evolution
Hier sind vermutlich die Gesetze der Evolution die Triebkraft. Pflanzenarten, die die gleiche Verbreitungsstrategie verfolgen, sollten besser nicht zur gleichen Zeit ihre Früchte anbieten. Denn die Pflanze hat ja einen Vorteil von der energieaufwändigen Früchteproduktion. Meist sind die Samenkerne widerstandsfähig gegen die scharfen Verdauungssäfte in den Vogelmägen. Der Vogelklecks in vielleicht einem Kilometer Entfernung lässt dann wieder einen neuen Strauch entstehen.
Die Naturschutzinitiative e.V. (NI) nimmt die Beobachtungen zum Anlass, um auf Grundanforderungen zur Vogelfütterung hinzuweisen:
Vogelfütterung ist zum Erhalt der Arten nicht zwingend erforderlich. Es macht aber Freude, das Verhalten der Vögel zu beobachten und damit viel über die Vögel zu lernen. Auch helfen wir durchaus den Tieren, da unsere Landschaft – aber auch unsere Gärten – in vielen Bereichen inzwischen so verarmt sind, dass eine kontinuierliche Ernährung schwierig ist.
Vogelfütterung sollte aber immer nur ein kleiner Teil dessen sein, was man für die Tiere machen kann. Ein strukturreicher Garten mit zahlreichen heimischen Sträuchern (gern Früchte tragend), Haufen aus Laub und Geäst, wo sich kleine Kerbtiere verstecken, aber auch Igel unterkriechen können, wo überständige Stauden mit einem Rest an Samen belassen werden, wobei in den Halmen auch Larven solitär lebender Bienenarten überwintern, sind Orte, wo viele Tiere den Winter überstehen können. Das gilt natürlich auch für Bereiche außerhalb der Ortschaften. Hier muss darauf geachtet werden, dass die Vielfalt von Pflanzenarten und Biotopstrukturen erhalten bleibt.
Bezüglich Fütterung weist die NI auf ein richtiges Verhalten hin: Füttern sollte man nur, wenn auch auf die hygienischen Verhältnisse geachtet wird. Die Corona-Epidemie lehrt, dass Ansammlungen von Individuen mit einem Risiko von Ansteckungen verbunden sind. Dies gilt gerade im Winter, wenn die Vitalität etwas geschwächt ist. Bei den Vögeln besteht das gleiche Problem. Aus den letzten Jahren wurde teilweise ein großflächiges Sterben von Meisen, Grünfinken oder Amseln durch Erreger dokumentiert. Dieses fand oftmals im Umfeld von Fütterungen statt. Das klassische „nette“ Vogelhäuschen, wo die Vögel auf dem Futter sitzen und die Oberfläche verkoten, tötet mehr Vögel, als dass es diese über den Winter rettet. Besonders dann, wenn stets nur nachgekippt wird und keine regelmäßige Reinigung stattfindet. Neben den sich nach wie vor gut verkaufenden „netten“ Vogelhäuschen bietet der Handel zahlreiche Futterspender, bei denen die Vögel nicht auf dem Futter sitzen und wo dieses vor Feuchtigkeit geschützt ist, damit es nicht verdirbt. Auch Wassertränken sollten regelmäßig gereinigt werden.
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