Umland, Trier: Im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ beleuchtet das Stadtmuseum Simeonstift in einer medialen Ausstellung die Geschichte der Juden in Trier. Über 30 Interviews mit Expertinnen und Experten laden dazu ein, vermeintlich bekannte Orte in Trier und der Region neu zu entdecken. Neben den Erinnerungsorten des Holocaust werfen die Berichte auch Schlaglichter auf die Jahrhunderte des fruchtbaren Zusammenlebens von Juden und Nichtjuden.
Über Jahrhunderte bestand eine jüdische Gemeinde in Trier und brachte der Stadt nachhaltige Impulse. Bis heute zeugen die historischen Häuser der Judengasse oder der jüdische Friedhof in der Weidegasse sichtbar von dieser Vergangenheit. Viele Orte in Trier erzählen von diesem jüdischen Leben: Es sind Geschichten alteingesessener Familien, hoffnungsvoller Geschäftsleute und talentierter Kunstschaffender. Aber die Häuser, Straßen und Plätze waren auch Zeugen von Pogromen, Verfolgungen und der systematischen Vernichtung jüdischen Lebens im Nationalsozialismus.
Über 30 Video-Interviews an den Schauplätzen in Trier und der Großregion lassen die Spuren dieser Geschichte ebenso sichtbar werden wie die lebendige Gegenwart jüdischen Lebens in der ehemaligen Römerstadt.
Vorgestellt werden Händler, Künstler, Gelehrte, aber auch Orte wie der jüdischen Friedhof, die Synagoge, die Museumssammlungen und das Arye Maimon-Institut. Der Blick weitet sich auch über Trier hinaus: Das Dorf Aach bei Trier, die Synagogen in Wittlich und Thionville, die jüdischen Friedhöfe in Bingen und Worms werden in den Fokus gestellt. In kurzen Erläuterungen werden teils neue Forschungsergebnisse vorgestellt, teils wird bereits Bekanntes an Ort und Stelle referiert. Schwerpunkte der Interviews liegen im Mittelalter, sowie im 19. und 20. Jahrhundert.
Aktuell geht die Forschung davon aus, dass bereits zur Römerzeit eine jüdische Gemeinde vor Ort existierte, jedoch ist unklar, ob Kontinuität bis zum Mittelalter bestand. Die ersten schriftlichen Erwähnungen stammen aus der Mitte des 11. Jahrhunderts und finden sich auf einem Grabsteinfragment und in einer Handschrift der „Gesta Treverorum“. Anfang des 14. Jahrhunderts erlebte die Gemeinde ihre Blütezeit, das jüdische Viertel nahe am Hauptmarkt bestand aus rund 60 Gebäuden, in denen mehr als 300 Menschen lebten. Mit den Pestpogromen 1349 kam das jüdische Leben auch in Trier fast völlig zum Erliegen, 1418/19 erfolgte die endgültige Ausweisung aus Kurtrier. Erst im 17. Jahrhundert wurden jüdische Bürger wieder zugelassen, sie blieben aber eine kleine Minderheit, wenn auch recht gut integriert in die Stadtgesellschaft. Ihr Wohnbereich war nun nicht mehr zentriert im jüdischen Viertel, sondern über die gesamte Stadt verteilt.
Eine jähe Zäsur war der Nationalsozialismus, der Menschen jüdischen Glaubens und ihre Kultur in der Stadt brutal auslöschte und Verschleppung, Mord und Vernichtung ganzer Familien nach sich zog. Nach dem 2. Weltkrieg erwachte das jüdische Leben nur langsam wieder. Erst der Zuzug von Juden aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion ließ in den 1990er Jahren die Gemeinde auf rund 500 Personen anwachsen und ein reges Gemeindeleben entstehen.All diesen Aspekten versucht die Ausstellung Rechnung zu tragen: Dem Reichtum jüdischer Kultur, den Phasen des fruchtbaren Zusammenlebens, der Vertreibung, Ausgrenzung und Ermordung, aber auch dem vitalen Leben der heutigen Gemeinde. Die Ausstellung ist einer von mehreren Beiträgen der Stadt Trier zum Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.
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