Umland, Bonn: Exakt 130 Jahre nach ihrer Errichtung musste die neoromanische Basilika St. Lambertus in Erkelenz-Immerath 2018 dem Braunkohlentagebau Garzweiler weichen. Bei den Ausgrabungsarbeiten nach der Niederlegung des Sakralbaus, stießen die Archäologen auf interessante Details. Die gerade abgetragene Basilika war auf den Fundamenten einer früheren, dreischiffigen Dorfkirche mit Westturm und Kapellenanbauten errichtet worden. Diese erwuchs wiederum aus einer schlichten hochmittelalterlichen Saalkirche. Ein markanter Entwicklungsschritt in der Baugeschichte fällt in das frühe 16. Jahrhundert, als man den schlichten romanischen Rechteckchor durch einen größeren, mehreckigen Chorabschluss (Polygonalchor) im Stil der Spätgotik ersetzte.
Aus diesem Chor stammt der Schlussstein, der momentan als Fund des Monats August im Foyer des Bonner LandesMuseum kostenlos zu sehen ist. Er war das zentrale Konstruktionselement, auf den alle sechs Gewölberippen zuliefen. Somit erfüllte dieser hellblau gefärbte und fein bearbeitete Schlussstein nicht nur statische Funktion, sondern bildete auch den Blickfang der damals neuen Chordecke.Himmelblau bedeutete zu damaliger Zeit ein Abbild des taghellen Himmels, und war gleichzeitig ein Symbol für Reichtum; während ein tiefes Dunkelblau den nächtlichen Blick aufs Firmament widerspiegelte.
In den Schlussstein, zu dem die sechs Deckenstreben zusammenstrebten, war eine „Tartsche“ – das mittelalterliche Wappen- und Turnierschild eines berittenen Adeligen – eingemeißelt. „Leider lässt sich nicht mehr erkennen, zu welcher Familie es einst gehörte“, bedauert Schuler. Denn dieser Adelige wird wohl Geldgeber für den Neubau der Kirche gewesen sein…
Anhand der zahlreich gefundenen Steinfragmente konnten die Archäologen jedoch analysieren, dass die neogotische Kirche einst bunt und kunstvoll ausgemalt gewesen sein muss. Später sei sie bordeauxrot und danach grau getüncht worden. „Das konnten wir erkennen, als die einzelnen Farbschichten herausplatzten“, erläutert Schuler, der die analytischen Grabungsarbeiten leitete.
Neben dem nun im Bonner LandesMuseum ausgestellten Gewölbeschlussstein wurde unter dem Boden der alten Kirche auch ein gotisches Weihwasserbecken aus dem alten Kirchturm gefunden. In tiefer gelagertem Schutt entdeckten die Archäologen ebenfalls den Hauptportalbogen der Vorgängerkirche. In das Blaustein-Portal ist die Inschrift „AO 1767“ gemeißelt. „Dieses Fundstück wird nun hergerichtet und soll als Dekorelement in die Neu-Immerather Kirche integriert werden“, erklärt Dr. Alfred Schuler, der für den Tagebau Garzweiler zuständige Archäologe des Landschaftsverbands Rheinland (LVR).
Großes Staunen gab es auch über die Bergung von zwei römischen Weihesteinen. „Einer davon muss als Treppenstufe zur Kirche benutzt worden sein“, meint der Grabungsleiter. Nur so ließe sich der starke, muldenartige Abrieb des Sandsteins erklären. „Das sieht aus wie die abgetretene, steinerne Schwelle eines alten Bauernhauses, über die Jahrhunderte lang Menschen ein- und ausgingen.“
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