Hürtgenwald: Die Bürgerinitiative (BI) „Pro Grundschule Bergstein“ und der Rat der Gemeinde Hürtgenwald haben unterschiedliche Auffassungen über die Beschulung der Bergsteiner Kinder. Während eine Mehrheit der Gemeinderäte und Bürgermeister Axel Buch dafür plädiert, die zweiklassige Grundschule in Bergstein aus Kostengründen zu schließen und die Kinder per Schulbus in die Gemeinde Vossenack zu fahren, um sie dort zu unterrichten, argumentieren die Bergsteiner für ihren Schulstandort und den hier praktizierten jahrgangsübergreifenden Unterricht.
Die BI wirft Bürgermeister Axel Buch vor, zu seinen eigenen Wahlversprechen aus dem Jahr 2015 nun nicht mehr zu stehen. „Unsere gemeindlichen Grundschulen in Straß, Vossenack und Bergstein leisten hervorragende Bildungsarbeit vor Ort – ein dauerhafter Erhalt dieser Schulen muss unser Bestreben sein“, hatte Buch noch 2015 anlässlich der Bürgermeisterwahl kommuniziert.
Nur ein Jahr später, am 27. Oktober 2016, hatte der Gemeinderat in einem Beschluss festgelegt, „den Teilstandort Bergstein der Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Vossenack/ Bergstein zum 31.07.2017 aus pädagogischen, schulorganisatorischen und finanziellen Gründen zu schließen.“
Angeführt für diese Entscheidung wurden Kostengründe. Durch die Schließung könnten jährlich 40.000 Euro eingespart werden. Weitere Investitionen in die Schule – hier spricht man von „Optimierung der Bausubstanz“ – würden wegfallen. Darüber hinaus kritisiert der Rat die Unterrichtsqualität aus „pädagogischen und schulorganisatorischen Gründen“. An der zweiklassigen Grundschule würde nur eine begrenzte Anzahl an Lehrpersonen zur Verfügung stehen, damit wären zusätzliche Förderangebote und Arbeitsgemeinschaften nicht möglich, auch sei hier eine Ganztagsbetreuung nicht gegeben, so der Gemeinderat.
Die Bergsteiner Bürgerinitiative (BI) „Pro Grundschule Bergstein“ bezweifelte die Argumente für die Schulschließung und sammelte Unterschriften gegen diese Ratsentscheidung und für ein Bürgerbegehren in allen Hürtgenwalder Ortsteilen. In diesem Bürgerantrag stimmten über 25 Prozent der stimmberechtigten Hürtgenwalder Einwohner der BI und ihren Argumenten zu. Daraufhin musste der Rat erneut über das Thema abstimmen. Auch am 30. März beschloss die Gemeindevertretung mit Mehrheit, an der Schließung der Bergsteiner Grundschule festzuhalten und das Votum der 1807 Bürger, die sich für den Erhalt des Standortes ausgesprochen hatten, zu überstimmen.
Damit kommt es nun zu einem Bürgerentscheid. Nach der Satzung können die Hürtgenwalder, innerhalb der 24. Woche 2017 – von Montag, dem 12. Juni, bis einschließlich Sonntag, dem 18. Juni – von 8.00 bis 18.00 Uhr ihre Stimme für oder gegen die Ratsentscheidung im Rathaus in Kleinhau abgeben. Es gibt auch die Möglichkeit zur Briefwahl.
Stimmen mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja, also für den Erhalt der Grundschule in Bergstein, so muss der Rat dem Bürgerwillen auch – gegen die getroffene Ratsentscheidung – folgen.
Info zur Wahl: http://www.huertgenwald.de/de/aktuelle-meldung-detailseite/Buergerentscheid-zum-Grundschulstandort-Bergstein-110I/
Im Vorfeld war es zu Diskussionen über die Kosten, den Standort Bergstein zu erhalten, gekommen. Die Gemeinde argumentiert mit 530.000 Euro, die in eine Sanierung und zusätzlich Brandschutzmaßnahmen zu investieren wären. Dem widerspricht die Bürgerinitiative und verweist darauf, dass es sich hier – auch laut Aussage der Gemeinde – um Kann-Kosten handeln würde und dass die Bergsteiner Schule die beste Bausubstanz aller drei Grundschulen in der Gemeinde habe. Auch würden die entstehenden Instandsetzungs- und Ausbaukosten an der Schule in Vossenack für zusätzliche Klassenräume, um die zusätzlichen Schüler aus Bergstein aufzunehmen, von der Verwaltung nicht gegengerechnet. Nach einer Stellungnahme des Kämmerers für den Rat im Oktober 2017 würden in Vossenack zusätzlich 880.000 Euro benötigt, diese Summe würde aber nicht in der Argumentation der Verwaltung für die Schulschließung in Bergstein genannt. Das angebliche Einsparpotential durch die Aufgabe des Standorts Bergstein wurde – nach Ansicht der BI – bis jetzt nicht ansatzweise belegt.
Ein weiterer Streitpunkt sei die Schulwegdauer für die Grundschulkinder aus Bergstein, Zerkall und Brandenberg, um zukünftig nach Vossenack zu kommen. Hier wäre die zumutbare Schulwegdauer für die Grundschüler durch die Verwaltung schöngerechnet worden, indem man nur die reine Busfahrzeit zugrunde gelegt hätte, um die Genehmigung zur Standortschließung – trotz unzumutbarer Schulwegs-Länge – von der Bezirksregierung zu erhalten. „Von ‚Kurze Beine – Kurze Wege’ dem Argument der NRW-Schulpolitik für die Erhaltung kleiner, wohnortnaher Grundschulstandorte im ländlichen Raum, könne hier wohl keine Rede sein“, argumentiert Michael Jansen von der BI.
Mit einem Flyer „Steht auf, wenn ihr Hürtgenwalder seid!“, Plakaten und Autoaufklebern wirbt die Bürgerinitiative für ein „JA“ der Bürger zum Standort Bergstein, „weil eine Schließung finanziell, schulpolitisch, pädagogisch und für ganz Hürtgenwald keinen Sinn macht!“
Nur bei Aufrechterhaltung aller drei Schulstandorte in Straß, Vossenack und Bergstein sei der Schulweg für alle Kinder aus der Gemeinde Hürtgenwald fair und weiterhin zumutbar, argumentiert die BI.
„Mit drei funktionierenden Grundschulstandorten bleibt die Gemeinde Hürtgenwald auch für junge Familien attraktiv. Familien, die Hürtgenwald dringend benötigt! Wer unserer Gemeinde eine Zukunftsperspektive geben will, muss in Schule und Bildung investieren und darf gewachsene Strukturen nicht mutwillig zerstören“, ist Michael Jansen überzeugt.
Zeitrahmen: Montag, 12. Juni, bis Sonntag, 18. Juni.
Abstimmungslokal: Rathaus der Gemeinde Hürtgenwald, August-Scholl-Straße 5, 52393 Hürtgenwald-Kleinhau
Das Abstimmungslokal ist von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
Stimmabgaben per Briefwahl müssen bis Sonntag, 18. Juni, 16.00 Uhr,
bei der Gemeinde Hürtgenwald eingegangen sein.
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