Hürtgenwald: „Unsere gemeindlichen Grundschulen in Straß, Vossenack und Bergstein leisten hervorragende Bildungsarbeit vor Ort – ein dauerhafter Erhalt dieser Schulen muss unser Bestreben sein“, so Bürgermeister Axel Buch am 11. September 2015 auf Facebook.
Ein Jahr später: Bürgermeister Axel Buch und der Rat der Gemeinde haben sich in ihrer Sitzung am 27. Oktober 2016 mit Mehrheit dafür ausgesprochen, den Grundschulverbund der beiden Grundschulen in Vossenack und Bergstein mit Ende des Schuljahres 2016/2017 aufzulösen, die Grundschule Bergstein zu schließen und die Kinder aus Bergstein ab Beginn des nächsten Schuljahres am Standort in Vossenack zu unterrichten.
Diese Entscheidung stößt bei vielen Bürgern und den Eltern der Bergsteiner Schüler auf Unverständnis, würde doch eine Schließung der Grundschule in Bergstein für die Kinder einen wesentlich längeren, täglichen Schulweg bedeuten. Auch finanzielle Einsparungen – wie von der Gemeinde vorgebracht – würde eine Zusammenlegung der Schulstandorte in Vossenack, bedingt durch die nötigen Umbauarbeiten, nicht bringen, hat man bei der Bürgerinitiative „Pro Grundschule Bergstein“ (BI) nachgerechnet.
Das Argument der Verwaltung, es gäbe zukünftig zu wenig Kinder, um die zwei Klassen in Bergstein auszulasten, wird von der Elterninitiative dahingehend gekontert, dass bisher Bergstein als Zuzugsgebiet für neue Bewohner und Familien – auch wegen des vorhandenen Schulstandortes – attraktiv ist. Sollte die Grundschule aufgelöst werden, würde ein wichtiger Eckpfeiler der dörflichen Gemeinschaft wegbrechen und damit der Ansiedlung junger Familien im Dorf einen Bärendienst erweisen.
Auch der von der Gemeinde in Auftrag gegebene „Schulentwicklungsplan“, eine Untersuchung vom Februar 2016, sieht eine Zunahme bei den Schülerzahlen in Bergstein in den nächsten Jahren. Diese Zuwachsraten liegen über den Vergleichszahlen der Grundschulen in Vossenack und Gey. Dies würde – nach Ansicht der BI – auch für eine Beibehaltung des Schulstandortes in Bergstein sprechen: Die zweiklassige Grundschule sei ein Erfolgsmodell und wird bei Eltern und Kindern angenommen. Somit wäre eine Auflösung dieses Standortes kontraproduktiv für die weitere Entwicklung der Gemeinde.
Der „Schulentwicklungsplan“ kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass die Reduzierung auf einen Schulstandort in Vossenack und eine damit einhergehende Auflösung der Schule in Bergstein ein größeres und flexibleres Unterrichts- und Raumangebot am Standort Vossenack ergeben würde. Allerdings müssten dann in Vossenack umfangreiche Umbauarbeiten vorgenommen werden, um die zusätzlichen Kinder aus Bergstein beschulen zu können. Damit würden höhere Kosten auf die Gemeinde zukommen.
„Der Grundschulstandort in Bergstein ist ein wesentlicher sozialer und kultureller Faktor, der den Zuzug junger Familien langfristig sichert und somit dem demografischen Wandel entgegenwirkt“, so die BI. Zusätzlich müsste bei einer Schließung die Mehrheit der Schüler aus Bergstein einen wesentlich längeren Schulweg zurücklegen, der dann auch über den gesetzlichen Vorgaben (60 Minuten) eines „zumutbaren Schulweges“ liege.
Die angeblichen pädagogischen Vorteile bei einem einzigen Standort sind nach Ansicht von „Pro Grundschule Bergstein“ nicht hinreichend begründet und belegt. So würde es bei Zusammenlegung an dem geplanten Standort Vossenack zu einer schlechteren pädagogischen Schülerbetreuung kommen. Nach dem maßgeblichen Schulgesetz würden nur sieben Lehrkräfte für die acht, dann zu bildenden Grundschulklassen zur Verfügung stehen. Damit ist eine ausreichende pädagogische Förderung im bisherigen Umfang nicht mehr möglich, so die BI in ihren Ausführungen.
Laut Schulgesetz sei es möglich, den Schulbetrieb in Bergstein weiterhin fortzusetzen. Diese Möglichkeit, die Schule zu erhalten, wurde laut Bürgerinitiative von Verwaltung und Politik nicht hinreichend untersucht. Der Elternwille sowie der angebotene Einsatz der Eltern zur Unterstützung im Schulbetrieb wäre ebenfalls nicht angemessen berücksichtigt. Unter anderem wurde in Bergstein ein Förderverein gegründet, um die Schule und schulische Aktivitäten auch finanziell zu unterstützen.
Nach einer Umfragen der BI unter den Eltern sei davon auszugehen, dass im Fall einer Schließung in Bergstein viele Schulkinder aus Bergstein, Brandenberg und Zerkall von ihren Eltern in näher gelegenen Grundschulen in den Nachbargemeinden eingeschult würden. In der Folge wäre somit eine effektivere Auslastung des Schulstandorts in Vossenack nicht mehr gewährleistet.
Der Standort in Bergstein ist, nach Ansicht der Bürgerinitiative, im Vergleich zu anderen Grundschulstandorten der Gemeinde bezüglich der anfallenden Kosten pro Schüler auch bei der aktuellen Schülerzahl durchaus attraktiv und nicht zu teuer.
Auch die Kostenschätzung der Hürtgenwalder Gemeindeverwaltung für die notwendigen Renovierungs- und Umbaumaßnahmen an den Schulgebäuden wird durch die Bürger angezweifelt, „da sie nicht in allen Teilen transparent und somit auch nicht nachvollziehbar“ sei.
Die BI ist mit der Entscheidung im Rat der Gemeinde Hürtgenwald, die Grundschule in Bergstein zu schließen, absolut nicht einverstanden. Zu viele Argumente sprächen gegen diese Ratsentscheidung, deswegen sollen jetzt die Hürtgenwalder Bürger nach ihrer Meinung gefragt werden.
Die Bürgerinitiative hat am 31. Oktober beantragt, ein Bürgerbegehren für den Erhalt des Grundschulstandortes Bergstein in die Wege zu leiten. Um einen solchen Antrag zu stellen, benötigt die Initiative 734 Unterschriften von wahlberechtigten Bürgern der Gemeinde Hürtgenwald, die diesen Antrag unterstützen.
Der Zuspruch der Bevölkerung ist, nach Aussage der Initiatoren, überwältigend. Allein in der ersten Woche konnten bereits 683 Unterschriften gesammelt werden. „Erwähnenswert ist dabei die Tatsache“, so die Initiative weiter, „dass bislang weder alle Ortsteile der Gemeinde Hürtgenwald noch alle Straßenzüge in Bergstein, Brandenberg, Zerkall, Kleinhau, Gey, Straß und Horm aufgesucht werden konnten.“
Im Dezember wollen die Bergsteiner auch in den Ortsteilen Schafberg, Großhau, Hürtgen, Vossenack, Simonskall und Raffelsbrand um Unterstützung für ihre Schule werben.
Zusätzlich liegen die Unterschriftenlisten in folgenden Geschäften aus:
- Casa Rustica Walburga Keßel, Pfarrer-Dickmann-Str. 38, Vossenack
- Kiosk Monika Jansen, Zum Steinbruch 12, Kleinhau
- SPAR-Markt Luysberg, Kallstr. 11, Bergstein
- Frischmarkt Hoegen, Dürener Str. 49, Gey
Unterschriftsberechtigt sind alle Einwohner der Gemeinde Hürtgenwald, die mindestens 16 Jahre alt sind. Es wird darauf hingewiesen, dass die einzelnen Felder leserlich und vollständig auszufüllt werden müssen.
Weitere Helfer zum Sammeln von Unterschriften sind herzlich willkommen. Für Rückfragen steht Britta Stockheim unter der Telefonnummer 02429 – 908322 zur Verfügung.
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Seit den siebziger Jahren werden im ländlichen Raum die Schulen geschlossen, die Läden geschlossen, die Jugendheime geschlossen und man wundert sich, dass es nur noch alte Menschen auf dem Dorf gibt. Warum sollte sich eine Familie das antun, in einem Ort ohne Infrastruktur? So ziehen die Familien also in die Kernorte oder gleich in die Stadt oder deren Speckgürtel. Zurück bleiben die Alten oder die „Doofen“ und Gekniffenen, die den Absprung nicht geschafft haben. Das Konzept des Jahrgangsübergreifenden Lernens, indem zum Beispiel drei Jahrgänge in einer Klasse beschult werden, ist ein hervorragendes Mittel, um auch kleine Schulen zu erhalten. Liebe Kommunalpolitiker, grabt euren Dörfern doch nicht das eigene Grab, sondern kämpft dafür, dass die Orte lebendig bleiben. Ohne Infrastruktur stirbt alles. Seid kreativ, bindet die Leute ein. Mit Sachzwängen kann man jede Diskussion abwürgen. sonst gibt es wieder jede Menge beleidigte Leberwürste, die dann komische Parteien wählen.
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