Hürtgenwald, Vossenack: Literatur in neuer Form an ungewöhnlichen Orten vorzustellen, das haben sich die Organisatoren der 2013 erstmals durchgeführten Lit.Eifel zur Aufgabe gemacht. Mit zunehmendem Erfolg. Auch die Auftaktveranstaltung des Jahres 2017 begeisterte das Publikums: Rund 350 Zuhörer waren ins Franziskusgymnasium gekommen, um den Bestsellerautor und Vatikankorrespondenten Andreas Englisch zu erleben, der aus dem „Nähkästchen“ des Vatikans plauderte und 90 Minuten lang Anekdoten rund um Papst Franzikus und dessen Vorgänger zum Besten gab.
Der jetzige Papst wohnt im Gästehaus der Heiligen Martha auf 20 Quadratmetern und nicht wie seine Vorgänger seit Jahrhunderten im Apostolischen Palast. Franziskus verzichtet auf Sekretäre und Kammerdiener, hat den 300er Mercedes („Gehört der mir?“) verkaufen lassen und einen brasilianischen Slum-Priester zum Kardinal und Kontrolleur der Vatikanfinanzen erhoben. Er nimmt eine Wäschereimitarbeiterin, einen Liftboy aus dem Gästehaus und andere sogenannte „einfache Menschen“ mit auf Auslandsreisen, um sie Staatspräsidenten und Königinnen vorzustellen. Er liegt mit der Kurie mehr oder weniger im Dauerclinch und fährt im Papa-Mobil vom Petersplatz auf die Via della Conciliazione und damit gegen das Protokoll und gegen den Protest der Polizei unangemeldet aus dem Vatikanstaat auf italienisches Staatsgebiet, um dort Millionen von Pilgern zu segnen. Und als es durch die Menschenmassen, die dort nach der Heiligsprechung der Päpste Johannes XXIII und Johannes-Paul II ausharren, keinen Rückweg in den Vatikan gibt, lässt Papst Franziskus auf die Autobahn abbiegen, um schließlich an einem Supermarkt zu stoppen und mit einkaufenden Frauen zusammen auf dem Parkplatz ein Vaterunser zu beten…
„Wenn Sie mir vor zehn, 20 oder 30 Jahren als Vatikankorrespondent gesagt hätten, dass ich so etwas einmal mit einem Papst erlebe, ich hätte Sie für verrückt erklärt“, konstatierte Bestsellerautor Andreas Englisch in der prall gefüllten Aula des von Franziskanern geführten Gymnasiums Vossenack.
An die rund 90minütige Autorenlesung, die eher ein gesten- und pointenreicher Standup-Vortrag war, schloss sich eine von Margareta Ritter, Vorsitzende der Lit.Eifel, moderierte Fragerunde an, in der viele Zuhörer sich zu Wort meldeten. Sie fragten Andreas Englischs Insiderwissen ab, ob denn im Lutherjahr 2017 mit einer Freigabe des gemeinsamen Abendmahls zu rechnen sei, wie es um die Gesundheit von Franziskus steht und auch, ob Papst Johannes Paul I. eines natürlichen Todes gestorben sei. Der Abend war kurzweilig und überwiegend heiter. Die ernste Tatsache, dass an der Spitze der katholischen Kirche zurzeit ein Mann steht, der es mit der Nachfolge Jesu Christi fundamental ernst meint, kleidete Englisch durchweg in ein Feuerwerk aus Anekdoten und respektlos direkter Rhetorik.
Das galt nicht nur für seine von großer Sympathie getragenen Schilderungen des aktuellen Papstes und seiner Vorgänger, sondern auch für sich selbst. „Vatikanexperte“ zunächst für die Nachrichtenagentur UPI sei er geworden, obwohl er – bis dahin Fußballberichterstatter – im Bewerbungsgespräch zu Protokoll gegeben habe, dass er weder gläubig sei, noch „einen blassen Schimmer vom Innenleben der katholischen Kirche“ besitze: „Ich bekam den Job trotzdem, weil ich wenigstens die Frage positiv beantworten konnte, ob ich als Junge Messdiener gewesen bin.“Vor und nach der eindrucksvollen Vorstellung in der Aula des Franziskusgymnasiums Vossenack, das dieses Jahr 50-jähriges Bestehen feiert, signierte Andreas Englisch im Foyer Bücher, vor allem sein neuestes Buch „Kämpfer im Vatikan“ und den Bildband „Franziskus“.
Neben seiner Arbeit als Italien- und Vatikankorrespondent schrieb er Romane und Sachbücher wie den Bestseller „Johannes Paul II. Das Geheimnis des Karol Wojtyla“ oder den Longseller „Franziskus – Zeichen der Hoffnung“. Seine Bücher wurden in neun Sprachen übersetzt. Andreas Englisch lebt mit seiner Frau und seinem Sohn im römischen Stadtviertel Monteverde hinter dem Vatikan. [pp]
Weitere Informationen zu Veranstaltungen unter www.lit-eifel.de.
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