Nideggen, Wollersheim: Wer wandernd oder radelnd die Region erforscht, wird – versteckt in Tälern und Mulden – so manches bauhistorische Kleinod entdecken. So wie die Gödersheimer Mühle in Nideggen-Wollersheim. 1973 erwarb Helmut Waldmann das alt-ehrwürdige Gemäuer und restaurierte die historische Anlage von Grund auf. Über 20 Jahre lang investierte er Geld, Zeit und Körperkraft in die Restaurierung – mit sorgsamem Blick und Liebe fürs Detail. In diesem verwunschenen Ambiente am Neffelbach könnte mittlerweile der nächste Märchenfilm gedreht werden…
Nur einen Steinwurf entfernt, liegt die ehemalige Burg Gödersheim, die Waldmann ebenfalls erwarb, um auch sie – Schritt für Schritt – wieder herzurichten. (EIFELON berichtete). Das weitläufige Gelände war damals völlig zugewuchert und das verwunschene Gemäuer galt viele Jahre als einer jener „lost places“, an denen sich abenteuerlich gestimmte Jugendliche in dem herrenlosen Gut zu nächtlichen Treffen verabredeten. „Das ganze endete oft im Vandalismus“, schildert Waldmann die Situation, und um dieses Kulturerbe vor der endgültigen Zerstörung zu retten, kaufte er 2016 die Burgruine und das dazugehörige Torhaus. „Es war damals in einem wüsten Zustand“, erzählt er voller Tatendrang, während er mich – vier Jahre später – durch die restaurierten Räume führt. Noch heute erinnerte eine tiefe Kerbe im historischen Treppengeländer an die zerstörerischen Ausschreitungen.
Auch in dem ehemaligen Torhaus fühle ich mich in die Vergangenheit zurückversetzt: Mit großer Detailtreue hat Waldmann das Gebäude aus dem 14. Jahrhundert – mit Rat und Tat der Denkmalpfleger – in den Originalzustand zurückversetzt. Dort, wo früher Müll und Prüll der ungebetenen Gäste lagerten, öffnen sich nun schlichte, weiß gekälkte Räume, die die Aura der Vergangenheit ausstrahlen.
Es sei nicht immer einfach gewesen, die passenden Baumaterialien zu finden, erzählt Waldmann als ehemaliger Forschungsleiter der Industrie, der nun die Kulturgüter der Region rettet. Musste ein tragender Deckenbalken erneuert werden, suchte der betagte Pfiffikus so lange im Internet, bis er das passende Teil gefunden hatte. Stilgerecht wurde auch der Boden des Torhauses mit quadratischen Blausteinplatten gefliest. „Die stammen ursprünglich aus einer Maastrichter Kirche und waren dort 300 Jahre lang verlegt“, beantwortet er meine staunende Frage. Historische Türen ergatterte er im rechtsrheinischen Rösrath. Moderne Heizkörper passen natürlich nicht ins solch geschichtsträchtige Gemäuer. Deshalb versteckte Helmut Waldmann die Wärmequellen als Wand-und Fußbodenheizungen.
Seine Markenzeichen? Das karierte Hemd, die strapazierfähige Breitcordhose, das verschmitzte Lächeln – und sein immenses Geschichtsinteresse. Er lebt für und mit seinen Ideen. „Im Mittelalter muss der heutige Neffelbach ein großer Strom gewesen sein“, erzählt er. Schließlich sei in historischen Aufzeichnungen immer nur vom ‚Neffelstrom‘ die Rede. Bis Kerpen, wo der Bach in die Erft mündet, waren einst 23 Wassermühlen in Betrieb. „Hier wurde das Korn der fruchtbaren Bördelandschaft gemahlen.“ Somit zähle die Region zu den ältesten Mühlenlandschaften in Europa. Durch die imposante Ritterburg genoss die angegliederte Mühle gleichzeitig den Schutz des Burgherren: Ein Geben und Nehmen.
Der damalige Burgherr und Mühlenbesitzer, Graf von Gödersheim, soll ein Nachfahre von Irmina, der Großmutter Karls des Großen, gewesen sein, schildert Waldmann. Die Kultivierung der Region gehe auf diese „Lehensgeberin“ zurück, weiß er zu berichten. Doch die erste Besiedelung reiche viel weiter zurück. So seien Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Gelände zwischen der Wassermühle und der Burg römische Weihe- und Matronensteine entdeckt worden, die mittlerweile im Bonner LandesMuseum lagerten. Antike Mauerreste eines römischen Gutshofes belegen zudem die frühe Bewirtschaftung des verborgenen Tales.
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