Eifel: Kinder und Klassik? Das ist kein Gegensatz. Ganz im Gegenteil: Musik macht richtig Spaß, wenn schon die Kleinsten sie hautnah erleben und genießen können. Freude und Begeisterung für klassische Musik zu wecken, ist die Idee von „Rhapsody in school“. Pianist Lars Vogt rief die Bewegung vor zehn Jahren ins Leben und – wann immer es geht – sind seine Wegbegleiter als musikalische Botschafter an den Schulen unterwegs. Koordinatorin zwischen den Musikern und den jeweiligen Schulen ist die Kölnerin Sabine von Imhoff.
Auch während des Festivals „Spannungen“ gaben einige Musiker den Schülern der Region Einblick in die Klassik, ihre künstlerische Arbeit und vor allem ihr individuelles Instrument. Die junge Nachwuchs-Pianistin Kiveli Dörken gastierte im Gymnasium am Wirteltor, der ehemaligen Schule von Festivalleiter Lars Vogt. Die sechsten Klassen der Euskirchener Marienschule verbrachten einen Vormittag mit dem Cellisten Gabriel Schwabe und die junge Geigerin Byol Kang, bereits Konzertmeisterin beim Deutschen Symphonieorchester Berlin, begeisterte die Kinder des Schleidener Clara-Fey-Gymnasiums. Besonderes Highlight aber war der Besuch von Jana Bousková, eine der besten Harfenistinnen weltweit, in der Heimbacher Grundschule.
„Entschuldigt, aber ich muss die Harfe erst einmal stimmen“, griff Jana Bousková den Wissensdurst der Kinder auf, denn das schwül-warme Wetter mache ihrem Instrument schwer zu schaffen. Und während sie Saite um Saite nachspannte, beantwortete sie schon Fragen, die aus den interessierten Viertklässlern nur so heraussprudelten. Im Laufe dieser außergewöhnlichen Musikstunde lernten die Pänz, dass die 47-saitige Harfe eines der ältesten Instrumente der Welt ist. Bis zu zwölf Stunden übe sie täglich, beantwortete die Musikerin eine weitere Frage. Bereits mit sieben Jahren entdeckte Jana Bousková – Tochter einer ebenfalls berühmten Harfenistin und eines Flötisten – das Instrument für sich: „Damals glaubte ich, alle kleinen Mädchen spielen Harfe.“ Zu Beginn sei es schwer gewesen, die Saiten mit den Fingerkuppen zum Klingen zu bringen. „Das ist wie beim Wandern. Erst gibt es Blasen und dann eine schützende Hornschicht“, erklärte sie und zeigte den staunenden Kindern ihre Hände.
Ganz genau schauten die Kinder hin, als Jana Bousková Werke von Prokofjew, Tschaikowski oder Rössler-Rosetti, einem Zeitgenossen Mozarts, anspielte. „Wie viele Finger kommen beim Harfenspiel zum Einsatz“, wollte sie anschließend wissen. Auch diese Frage konnten die Heimbacher Grundschüler bravourös beantworten: Ihnen war aufgefallen, dass die kleinen Finger immer Pause haben.
Absolut verblüffend war der Effekt, als Jana Bousková schmale Papierstreifen zwischen die Saiten webte. „Werden die Töne nun lauter oder leiser“, wollte sie von den Schülern wissen. Das Ergebnis: Laute, schnarrende Töne schepperten durch den Raum. Bei ihrer Kostprobe aus Smetanas „Moldau“ perlten die Töne jedoch so sanft, dass ein Mädchen andächtig anmerkte: „Das klingt, als ob ein Engel spielt.“ Worauf sich die Harfenistin mit strahlendem Lächeln für das Kompliment bedankte, vorsorglich aber über ihre beiden Schultern schaute und meinte: „Aber ich habe doch gar keine Flügel!“
Ein Wiedersehen mit der charmanten Musikerin gab es beim Kinderkonzert im Jugendstil-Kraftwerk. Wie in den Jahren zuvor hatte Lars Vogt ein anspruchsvolles Programm zusammengestellt: Moderiert wurde der musikalische Vormittag diesmal von Malte Arkona, dem quirligen Entertainer aus dem „Tigerenten Club“. Im Rahmen dieser „Jungen Bühne“ wurden auch die Förderpreise verliehen: Die Gesangsschulen der Martin-Luther-Grundschule Düren und der Südschule Düren erhielten vom Hauptsponsor RWE einen finanziellen Zuschuss in Höhe von 800,00 Euro für ihr nächstes gemeinsames Musikprojekt, das sie erneut unter der Leitung von Regionalkantor Hans-Josef Lövenich auf die Bühne bringen wollen. Mit Ausschnitten aus ihrem Musical „Max und die Käsebande“ hatten die Sänger die kleinen Kraftwerk-Gäste musikalisch eingestimmt. Mit der gleichen Summe unterstützt der Kunstförderverein Düren die Arbeit der Musikschule Heimbach/Nideggen, die jedes Jahr die „Turmbläser“ der „Spannungen“-Woche stellt.
Faszinierend zu sehen, dass selbst bei den Konzerten im historischen Jugendstil-Kraftwerk mittlerweile moderne Technik Einzug hält: Als Lars Vogt gemeinsam mit Klarinettistin Sharon Kam und Sopranistin Juliane Banse die „Lieder eines fahrenden Gesellen“ von Gustav Mahler interpretierte, saß Kiveli Dörken als „Notenwenderin“ neben dem Festivalleiter am Flügel. Doch statt traditionell Notenseiten umzublättern, tippte sie auf ein flachformatiges I-Pad, um dem Notenfluss zu folgen.
Auf Grund der schwülen Hitze im Kraftwerk fiel es einigen Kindern manchmal schwer, sich auf die klassischen Stücke zu konzentrieren. Doch bei dem Beitrag „New York Honk“ von Thomas Demenga waren sie alle wieder voll bei der Sache: Die turbulente Komposition spiegelt den rasanten Straßenverkehr in der amerikanischen Metropole wider. Aaron Pilsan am Flügel und Cellist Kian Soltani ließen die Autofahrer und Fußgänger akustisch so eindrucksvoll durch die überfüllten Straßen flitzen, dass die kleinen Konzertgäste atemlos lauschten. Martinshorn und ungeduldiges Hupkonzert waren in dem furiosen Stück genauso herauszuhören wie Ruhephasen vor den roten Ampeln.Leider lenkten die flapsigen Sprüche des TV-Moderators Malte Arkona oft von der geballten Spielfreude der Musiker ab. So zeigt ein Junge minutenlang mit dem Finger auf, um ganz, ganz dringend eine Frage loszuwerden. Doch sein Interesse galt nicht der klassischen Musik. „Bist Du der Moderator von ‚Deutschlands beste Klasse’“, fragte er den Entertainer. Routiniert schlug der Moderator schnell einen Bogen zurück zu den Spannungs-Musikern und antwortete schlagfertig: „Ja. Und Ihr erlebt hier gerade Deutschlands beste Klassik!“
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