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Überlebenskünstler Steinkauz. [Foto Achim Schumacher]

Experten-Analyse: Die Steinkauz-Brutsaison im Kreis Düren

Eifel: „2018, das Jahr der zahlreichen meteorologischen Kapriolen. Ein milder Winter, der seinen Namen nicht verdiente. Ein von Frost und Schnee geprägter finaler Wintereinbruch im März. Ein abrupter Übergang vom Spätwinter in den Sommer mit geradezu explodierender Vegetation. Gefolgt von einer wechselhaften, von Gewittern geprägten Periode mit mehreren Starkregenereignissen, welcher eine Dürreperiode folgte, die bis weit in den Spätsommer andauerte. Nicht leicht für eine kleine Eule wie dem Steinkauz, den rechten Zeitpunkt zum Beginn einer Brut zu finden.“

Diese Wetter-Beschreibung von Peter Müller, Eulen-Experte aus dem Kreis Euskirchen, trifft auch für den Kreis Düren zu. Aufgrund des späten Wintereinbruchs unterbrachen viele der Käuzchen die Balz oder gaben eine frühe Brut auf. Da die meisten Steinkäuze in den kalten Nächten nicht ‚riefen‘, unterbrach auch die Gesellschaft zur Erhaltung von Eulen – kurz  EGE  genannt – das stimulierende „Verhören“ mit einer Klangattrappe. Später fielen einige geplante Kontrollen der Nisthilfen wegen Starkregens – im wahrsten Sinne des Wortes – ins Wasser.

Das unbeständige Wetter behinderte anschließend auch die Heuernte, sodass in vielen Kauz-Revieren zur Zeit der Jungen-Aufzucht das Gras für eine erfolgreiche Jagd auf Mäuse viel zu hoch war.


„Zu unserer Überraschung trafen wir dennoch viele Junge in den Nisthilfen an. Es war uns allerdings ein Rätsel, wovon sich die kleinen Eulen ernährten. Denn die Mäuseknappheit war offensichtlich. In nur einem einzigen Kasten waren die Küken regelrecht auf Mäusefellen gebettet. Mehr als zehn dieser Felle konnten in einem Nistkasten archiviert werden. In einer anderen Nisthilfe gab es lediglich eine einzige tote ‚Vorratsmaus‘. In einer dritten fanden wir einen Maulwurfspelz und in einer weiteren Röhre Reste einer Maus und eines Maulwurfes“, analysiert Doris Siehoff.

Spuren von Singvogelfedern oder Insektenresten in den Brutkästen lassen auf die Überlebensstrategien der Käuze schließen. In Dürboslar lagen beispielsweise in einer Nisthilfe mehr als zehn Köpfe mit Geweihen männlicher Hirschkäfer. In anderen Nisthilfen wurden Überreste von Nashorn- und Mistkäfern entdeckt, in den meisten aber gar keine Überreste größerer Beutetiere. Standen in Muldenau sogar Äpfel auf dem Speiseplan? Jedenfalls war die Streu grün gesprenkelt von zerkleinerten Apfelstückchen.

„Seit neun Jahren sind Doris Siehoff und ich gemeinsam unterwegs und heute stand die Herbstkontrolle an“, schildert Achim Schumacher (www.as-naturfotografie.de) den unermüdlichen Einsatz.

Wir befürchten, dass wegen der schlechten Ernährungslage mehr Käuze als sonst bereits in ihrer Jugend umkamen.

Bereits am 6. Juni entdeckten die Naturschützer in einem Revier Eischalenreste und einen beringten, schon eingetrockneten toten fünfjährigen Kauz. Es war das Weibchen, das in dieser Nisthilfe nachgewiesenermaßen bereits 2016 erfolgreich gebrütet hatte und vermutlich auch 2017.

Am gleichen Tag wurden in der zweiten Nisthilfe des Reviers ein brütendes vorjähriges Weibchen registriert. Die Jungen dieser Brut wurden im Alter von 20 Tagen am 14. Juli von Doris Siehoff und Achim Schumacher beringt. Ein Spezialist hielt den toten Kauz aufgrund der Knochenbeschaffenheit für das Opfer einer innerartlichen Auseinandersetzung. Was war geschehen? Hatte das neue Weibchen die alte Revierinhaberin verdrängt oder lebensgefährlich verletzt?

Für die Steinkauz-Population schwerwiegender als die Verluste von Einzeltieren ist jedoch der weitere Rückgang der Streuobstwiesen und –weiden. Der zunehmende Verlust alter Obstbäume, sowie der Rückgang der Milchviehhaltung. In vielen Dörfern gebe es keine einzige Kuh mehr auf der Weide zu sehen, argumentiert Siehoff. Ohne die Pferdehaltung- meint sie – gäbe es besonders im Nordkreis noch viel weniger Weideland. Aber vielfach mangelt es den Pferdeweiden an Bäumen und die älteren Restbestände würden häufig immer noch nicht vor Verbiss geschützt, sondern als Bewirtschaftungshindernis angesehen.

Zu beklagen ist auch vor allem im Südkreis der fortschreitende, zerstörerische Befall der Obstbäume mit Misteln.

Rückblickend zieht Doris Siehoff trotzdem eine positive Bilanz: „Insgesamt war es jedoch ein sehr erfreuliches Kauz-Jahr. Die Zahl der besetzten Reviere blieb gegenüber dem Vorjahr in etwa konstant. Sechs Reviere wurden neu besiedelt, andere Reviere wiederbesiedelt, aber auch einige nicht besetzt.“

Anzahl JUV pro Brut* 1 2 3 4 5 Summe
Zahl der Bruten 3 15 38 36 11 103
Beringte JUV 3 29 114 140 55 341
Unberingte JUV 1 4 5
JUV insgesamt 3 30 114 144 55 346

Die Zahl der Bruten und die Zahl der Jungen pro Brut lagen allerdings deutlich über der vom Vorjahr. Daher konnten so viele Junge wie nie zuvor im Kreis Düren beringt werden: In 103 Bruten mit 346 Jungen betrug die Zahl der Jungen (JUV) pro Brut im Durchschnitt 3,4 (Vorjahr: 87 Bruten und 268 beringte JUV, Durchschnitt 3,0 JUV/Brut). In diesen 103 Bruten mit bekannter Brutgröße konnten 341 Junge beringt werden. Fünf Jungvögel blieben allerdings unberingt, da sie zu klein oder unerreichbar waren. Rein statistisch ergab die Beringung der Nestlinge in diesen Bruten 2018 dieses Ergebnis:

Außerdem wurden acht schon sehr alte Junge aus fünf Bruten beringt , in denen weitere Jungvögel bereits ausgeflogen waren.

Diese Nestlinge und Bruten sind wegen der unbekannten Brutgröße in der Tabelle nicht erfasst.“

Daneben gab es noch sieben Naturbruten und acht Bruten, in denen alle Junge bereits flügge waren. In 13 Fällen kam es zu Brutaufgaben bzw. –verlusten. In der Summe ergibt dies 103+5+7+8+13=136 Bruten (Vorjahr 123).
„Des Weiteren stellten wir in 50 Revieren durch Verhören oder Sichtbeobachtungen Käuze oder deren Spuren, z.B. Gewölle, fest. Brutnachweise dort gelangen aber nicht. Insgesamt fanden wir 186 besetzte Reviere (Vorjahr 188). Die tatsächliche Zahl dürfte noch etwas höher liegen.

Kauzdorf Nr. 1 war wie in den beiden Vorjahren Nideggen-Berg mit 20 Jungen in acht erfolgreichen Bruten (im Vorjahr 21 Junge in sechs erfolgreichen Bruten). Darunter waren zwei Naturbruten mit insgesamt vier Jungen.

Es wurden 378 Käuze beringt, 349 junge und 29 erwachsene. Die ersten Junge wurden am 24. Mai und die letzten am 14. Juli 2018 beringt (Vorjahr: 23.05.2017 bzw. am 27.07.2017).

Die Zahl der Wiederfunde lag unter der vom Vorjahr, ist noch verbesserungsfähig und kann mit der Erhöhung der Anzahl der Kontrolltermine gesteigert werden. Insgesamt hatten wir 77 Wiederfunde, darunter nur neun Männchen. Der älteste Kauz war bereits elf Jahre alt. Es war das alte Weibchen aus Huchem-Stammeln, das hier zumindest seit 2013 brütet, möglicherweise auch schon in den Jahren davor. Von 2013 bis 2017 hat es dort 20 Junge großgezogen, in 2018 waren es weitere vier Junge.

Durchschnittlich befanden sich die Käuze im 3,7ten Kalenderjahr. Gemeldet wurden uns bis jetzt sechs Totfunde junger, flügger Käuze: Drei Jungvögel lagen tot in der Wiese, ohne dass die Todesursache festgestellt werden konnte. Zwei ertranken in Pferdetränken und einer endete als Verkehrsopfer. Leider kommt es immer wieder vor, dass junge Käuze in offenen Wasserbehältern ertrinken.

In Versuchen zum Verhalten der Käuze beim Hineinfallen in solche Behälter haben niederländische Steinkauz-Schützer festgestellt, dass eingelegte Bretter oder Pfosten den Käuzen nicht helfen, wohl aber Plastikkörbe, die nur etwas kleiner sind als die Behälter selbst. Hieran klettern die kleinen Eulen blitzschnell nach oben und retten sich so vor dem Ertrinken. Die Biologische Station im Kreis Düren hat nun solche Kübel mit Korb angeschafft und stellt sie Tierhaltern in Steinkauz-Revieren zur Verfügung.

Ein junger Kauz überstand lebend, aber verrußt den Absturz in einen Kamin. Zudem wurde im Jahr 2018 aus dem Kreis Euskirchen und dem Ort Beek in den Niederlanden Käuze aus dem Kreis Düren gemeldet. Der Wiederfund aus Beek erfolgte exakt 1.375 Tage nach der Beringung in einer Entfernung von 41 Kilometern zum Beringungsort. Leider wurde dieser Kauz am 12. September in einem Gebäude tot aufgefunden.

Nun, im Herbst, stehen die Reparaturen beschädigter Nisthilfen an, damit der urige Kauz auch im nächsten Jahr erfolgreich Nachwuchs in der Eifel aufziehen kann. Allen, die das Steinkauz-Projekt der EGE im Kreis Düren mit Rat und Tat unterstützen, sei vorab herzlich gedankt“, animiert Doris Siehoff zur Teilnahme an den schützenden Maßnahmen.

26.10.2018NaturEifel0 Kommentare Gast Autor

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