Eifel: Burkhard Grebes Lieblingsinsekten haben sechs Beine, vier Flügel, einen langen Hinterleib und heißen Libellen. „Ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert, wie farbenreich, filigran und atemberaubend schnell sie sind“, erzählt der 56-Jährige. Hat der Chemiker Zeit, ist er draußen in der Natur auf Libellenerkundung. Gemeinsam mit seinem Freund Jochen Rodenkirchen hat er im letzten Jahr die grüne Flussjungfer über den Swistbach bei Weilerswist fliegen sehen, erstmals im Kreis Euskirchen. Zu der Zeit haben sie auch die kleine Zangenlibelle an der renaturierten Erft gesichtet.
Noch lässt sich nicht sagen, ob diese beiden Libellenarten nun hier bei uns heimisch sind. Von der Gabelazurjungfer schon. 2005 hat Burkhard Grebe diese Kleinlibelle in schwarz-blauer Optik und einer Flügelspannweite von vier Zentimetern erstmals an den Juntersdorfer Teichen bei Zülpich gesichtet, seitdem dauerhaft. Für den Libellenfreund sind dies „glückliche Momente“. Bis Ende der 1990er war Nordfrankreich das nördlichste Verbreitungsgebiet der Gabelazurjungfer. Über Luxemburg schließlich kam sie nach NRW. Jetzt ist sie zwischen Portugal und Kirgisistan heimisch. An den Juntersdorfer Teichen ist Burkhard Grebe gern. Sie sind nah an seinem Wohnort und bei sonnigem, windstillem Wetter kann er hier viele Libellen mit seinem Fernglas sichten, weil die Teiche den Libellen einen optimalen Lebensraum bieten: Sie sind klein und daher nicht mit Fischen, den Fraßfeinden ihrer Larven, besetzt. Die Larven können sich gut im Wasser festsetzen und entwickeln, weil die Fließgeschwindigkeit in den Teichen sehr gering ist. Außerdem sind diese nicht überdüngt. Dennoch gibt es für die Larven ausreichend feines Substrat und für die Libellen selbst genügend Insekten als Futter. Von den in Deutschland geschätzt 80 lebenden Arten konnten an den Juntersdorfer Teichen mehr als 40 nachgewiesen werden. Wenn Burkhard Grebe zum Bestimmen die Libelle mit seinem Fernglas nicht scharf genug sieht, zieht er auch schon mal die Schuhe aus, krempelt die Hose hoch und steigt zu ihr ins Wasser. Glücklicherweise ist dies selten der Fall. Denn mit ein wenig Übung lassen sich „die Großen“ wie die Große Königslibelle auch aus der Ferne und oft auch mit bloßem Auge bestimmen. „Groß“ ist hierbei relativ, denn im Vergleich zur Meganeura monyi aus dem Zeitalter des oberen Carbon ist die Große Königslibelle mit einer Flügelspannweite von elf Zentimetern ein Winzling: Die fossile Riesenlibelle brachte es auf eine Flügelspannweite von 70 Zentimeter und gehört damit zu den größten Insekten, die je gelebt haben. Im Falle der Meganeura monyi war das vor rund 300 Millionen Jahren auf dem Gebiet des heutigen Frankreich. Odonata, wie der wissenschaftliche Name der Libellen lautet, mögen es bunt: Der Brustabschnitt der Großen Königslibelle beispielsweise ist grün gefärbt, der Hinterleib der Männchen hellblau, erläutert Burkhard Grebe. Entlang des Rückens läuft ein schwarz gefärbtes Band. Die Weibchen hingegen haben einen blaugrünen Hinterleib, ihr Längsband am Rücken ist breiter als das der Männchen und braun. Wer Glück hat, sieht diese Libellenart im Garten umherfliegen. Mit etwa einem Gramm Körpergewicht ist sie schon richtig schwer und nicht so ein Leichtgewicht wie die Gabel-Azurjungfer mit ihren 20 Milligramm.Libellen können viel besser sehen als wir. Der Kopf der Großen Königslibelle beispielsweise besteht fast nur aus Augen. Es sind Facettenaugen, die es diesen Insekten ermöglichen, 300 Bilder pro Sekunde zu verarbeiten. So können sie schnell reagieren. Wir hingegen registrieren zur selben Zeit nur 25 Bilder. Ihre Flügel sind zudem so gebaut, dass sie schnell starten und beschleunigen können. Durchschnittlich erreichen sie eine Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern.
So vielfältig an Farbe, Gewicht und Größe wie die einzelnen Libellenarten, so unterschiedlich sind auch ihre Larven, erklärt Burkhard Grebe. Sie passen sich in ihrem Verhalten der Art des Gewässers und den Fraßfeinden an: Einige Arten buddeln sich im Schlamm ein und lauern von hier aus geschützt auf Nahrung, andere sind mit Dornen ausgestattet und begeben sich am Grund auf Wanderschaft nach Futter. Dabei fressen sie so ziemlich alles, was ihnen unter Wasser begegnet. Wissenschaftler vermuten, dass die Dornen die Larven vor ihrem Schicksal als Fischmahlzeit schützen, weil sie die Fische im Maul pieksen würden. Wie auch immer: Eine passende Überlebensstrategie ist für die Larven essentiell, schließlich verbringen die Libellen den größten Teil ihres Lebens in diesem Entwicklungsstadium, mehrere Monate bis zu fünf Jahre. Im Frühjahr krabbeln die Larven dann an Land, um als Libelle für vier bis sechs Wochen durch die Luft zu fliegen. Mit einer Ausnahme: Die Winterlibelle überwintert als erwachsenes Tier. Hierbei überdauert sie den Winter in Kältestarre und lebt fast ein Jahr. Im Frühjahr legt das braun gefärbte Weibchen seine Eier ab, die dann gegen August schlüpfen.
Libellen stehen bei uns unter Artenschutz. Ihre natürlichen Feinde sind Frösche und Fische, seltener Vögel wie der Baumfalke, und der Mensch, wenn er Gewässer verschmutzt und trockenlegt. Die Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen e.V. (http://libellula.org/) sammelt Daten zu Gefährdung und Verbreitung der Libellen in Deutschland und erhält diese auch von Hobby-Odonatologe Burkhard Grebe. Er betont, dass Libellen friedliche Tiere sind. Gebissen hat eine Libelle Grebe noch nie.
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.