Eifel: Im „normalen“ Leben arbeitet Ralf Winterhoff in einem Sägewerk in der Nähe von Aachen. Dort gehören Schnittschutzhose und Sicherheitsschuhe zu seiner Berufsbekleidung. Doch in seiner Freizeit entert er eine andere Welt: Dann verwandelt sich der Betriebsleiter in einen ruchlosen Piraten. Gemeinsam mit seinen Seeräuber-Kumpanen organisiert er seit 15 Jahren Piraten-Events in ganz Europa:
Die actiongeladenen Stücke spielen in einer Zeit, „als die Schiffe noch aus Holz und die Männer aus Eisen waren“, meint Ralf Winterhoff mit gekonnt martialischer Seebär-Miene. „Zu Beginn traten wir mit einem halbstündigen Comedy-Programm und vielen Spezialeffekten auf Märkten auf.“ Daraus entwickelte sich nach und nach eine ganze Bühnenshow. Mittlerweile hat das etwa 40-köpfige Ensemble drei selbst geschriebene Stücke im Repertoire. Literarisches Vorbild ist Robert Louis Stevensons Erfolgsroman „Die Schatzinsel“. Winterhoff, der als berüchtigter Captain Flint auf der Bühne steht, betont: „Wir spielen keine überlieferte Historie nach, sondern zeigen, wie es hätte sein können.“ Unterstützt werden sie bei ihren Auftritten von Fecht-Crews aus Frankreich oder Tschechien. Erfahrene Pyrotechniker sorgen für atemberaubende Bühneneffekte.In unsern Reihen sind Handwerker, leitende Angestellte und sogar ein Herzchirurg.
Vor fünf Jahren hat Ralf Winterhoff einen Vierkanthof in Vlatten gekauft, in dessen malerischem Ambiente zunächst die Probenarbeit der neuen Stücke stattfand. Als Freilichtbühne für ihre Aufführungen diente lange Zeit die Jülicher Zitadelle, doch vor zwei Jahren sind die Piraten in Xanten-Birten vor Anker gegangen. Die Arena des dortigen Amphitheaters aus der Römerzeit liefert nun die passende Naturkulisse.
Der Ursprung seiner Leidenschaft liegt im kölschen Karneval, schaut der mittlerweile 47-Jährige zurück. Schon als kleiner Knirps stand Winterhoff Jahr für Jahr am Straßenrand und fieberte dem Defilee der „Original Ersten Kölner Piraten“ im Rosenmontagszug entgegen. „Danach hätte der Zug enden können, das war für mich schon der absolute Höhepunkt.“ Später heuerte er bei der Truppe an: „Hier bin ich in die Lehre gegangen“, lacht er. Später lernte er in Wuppertal historisches Schaufechten und entwickelte die Idee der Bühnenprogramme.
„Ich bin perfektionistisch veranlagt“, sagt er über sich selbst. Und so müssen die Kostüme und Kulissen bis ins kleinste Detail stimmen. „Eine gute Freundin von uns ist Schneiderin“, schildert er und so werden die Kostüme den zahlreichen Darstellern direkt auf den Leib geschneidert. Aber wie es sich für einen richtigen Piraten gehört, sind die vielen Gefechte natürlich auch am Outfit – dem zerrissenen Wams oder den durchlöcherten Schuhen – abzulesen. Schließlich sollen die Seeräuber-Spektakel so authentisch wie möglich über die Bühne gehen.Mittlerweile ist eine ganze Stuntman-Crew, die sonst für Film und Fernsehen ihren Hals riskiert, mit an Bord, um spektakuläre Szenen zu spielen. „Manche von ihnen sagen, das sei viel cooler, als bei Filmaufnahmen immer von einem Auto ‚überfahren‘ zu werden’“.
Momentan steckt Ralf Winterhoff mit seiner Seeräuber-Crew mitten in den letzten Proben des neuen Stücks „Die Quelle des ewigen Lebens“. Premiere ist am 15. Juli in Xanten. Bereits am Vorabend hat er schweres Geschütz aufgefahren. Dann gastiert auf der Waldbühne des Pirates Action Theaters die schwedische Band Pat Razket & Support und präsentiert handgemachten Piraten-Folk – als Einstimmung zur Premiere am nächsten Tag.
„Ich liebe es, Pirat zu sein!“ So lautet nicht nur das Lebensmotto von Ralf Winterhoff, sondern auch sein rebellischer Ausruf nach jeder Aufführung. Dann, wenn Captain Flint nach der allerletzten Fecht -und Kampfszene im Rauch und Dampf der Kanonen die Bühne verlässt.
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