Eifel: Über sechseinhalb Jahre hat sich ein 20-köpfiges Autorenteam des Dürener Stadtmuseums mit der Zeit des Ersten Weltkriegs beschäftigt und anhand von zahlreichen Quellen recherchiert, was die Kriegsjahre für das damals blühende Düren bedeuteten. „Die Zeit des Ersten Weltkriegs war für die Dürener Lokalgeschichtsschreibung bisher absolute „Terra incognita“. Anscheinend hat sich niemand dafür interessiert, wie die Bevölkerung mehr als vier Jahre lang Zustände und Entbehrungen ertrug, von denen sich keiner vorher eine Vorstellung gemacht hatte. Nur so konnte es zu Aussagen kommen wie der folgenden, von der man nicht weiß, ob sie nur aus Naivität oder aus Ahnungslosigkeit getan wurde: ‚Jedoch brauchte trotz der Bewirtschaftung im Kreise Düren kein Kunde zu hungern'“, schreibt Bernd Hahne, Vorsitzender des Fördervereins, in seinem Vorwort zu der dreibändigen Publikation „In Großer Zeit. Heimatfront Düren 1914 – 1918“. Hahne und das Recherchen-Team mussten also – „was die Erarbeitung dieser für Düren doch so bedeutenden Zeitspanne anging – im Grunde ganz von vorne anfangen.“
Die über 1.000 Seiten sind prall gefüllt mit mühsam zusammengetragenen damaligen Zeitzeugen-Schilderungen, Zeitungsberichten, Zufallsfunden und Informationen aus anderen Archiven in ganz Nordrhein-Westfalen.
Um eine belastbare Grundlage für eine umfassendere Darstellung des Themas in einem Begleitbuch zu erlangen, wurden die Dürener Lokalzeitungen jener Jahre (Dürener Zeitung, Dürener Volkszeitung und Rur-Zeitung) intensiv ausgewertet. Parallel dazu wurden die Bestände des Stadt- und Kreisarchivs Düren, des Landesarchivs NRW in Duisburg, des Stadtarchivs Aachen, des Diözesanarchivs Aachen, des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs und des Archivs der Industrie- und Handelskammer in Köln, des Archivs des Landschaftsverbandes Rheinland in Pulheim, des Staatsarchivs Eupen und des Bundesarchivs nach Unterlagen durchforstet,
schildert Hahne die Sisyphos-Arbeit des Historiker-Teams.
Eine erste kleine Ausstellung mit den bis dato vorhandenen Beständen des Stadtmuseums brachte eine beachtliche Resonanz in der Bevölkerung, die sich nicht zuletzt in einer Fülle von Hinweisen an das Dürener Stadtmuseum äußerte. Zwar überwogen dabei Militaria wie Wehrpässe und Feldpostkarten, doch boten sie immerhin unter diesem Aspekt einen Zugang zu lokalen Verhältnissen.
Hinzu kamen im Zuge der Bearbeitung durch Schenkungen bzw. Leihgaben oder Erwerbung, oft genug durch ‚Zufall‘, eine Reihe von wahren „Glücksfunden“ zum Thema in unseren Besitz oder zu unserer Kenntnis. Zu nennen sind hier etwa das Tagebuch einer leider namentlich noch nicht identifizierbaren, vom Dürener Schoellershammer stammenden jungen Lehrerin oder das Kriegsalbum des Helmuth Schüll, der Nachlass des aus Düren stammenden Pädagogik-Professors Gottfried Hausmann, der als achtjähriger Junge mit seinem an der Front stehenden (gleichnamigen) Vater eine über die ganzen Kriegsjahre währende, mit eigenhändigen Zeichnungen versehene Korrespondenz begann, oder die Kindheitserinnerungen der Helene Lejeune, deren Mutter Ende August 1914 im Kindbett starb, während ihr Vater schon an der Front war. Durch diese und eine ganze Reihe ähnlicher Dokumente war es möglich, dem Werk an vielen Stellen eine persönliche, zeitgenössische Authentizität zu verleihen.
Die Gliederung in fünf große Kapitel folgt einer ungefähren chronologischen Abfolge – von der langsam entstehenden Kriegsgefahr über den erfolgten Eintritt und die ersten Auswirkungen des Krieges auf die Stadt, die Versuche zur Bewältigung der Probleme, die sich auswachsende Verzweiflung bis hin zum „Blutzoll“, den letztlich alle zahlen mussten. Innerhalb dieser großen Abschnitte gibt es unterschiedlich umfangreiche Beiträge zu den spezifischen Themen.
Stilistisch entschied sich das Autorenteam, möglichst oft die Original-Sprache der Quellen zu verwenden: „So erschienen uns der Geist der Zeit, ihre Terminologie, ihr Duktus und nicht zuletzt ihre Intentionen authentischer.“ Um das hervorzuheben, ist jeder Beitrag mit einem Zitat aus dem Text überschrieben.
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