Eifel: Anscheinend hat die von CDU und FDP bei der letzten Landtagswahl versprochene und von den Wählern honorierte Absicht, den weiteren Windradausbau in den Wäldern einzuschränken, keine Auswirkung auf der kommunalen CDU-Ebene. Der Wille der Landesregierung, die Windräder im Wald mit einem neuen Landes-Entwicklungs-Plan (LEP) auszuschließen, hat bei den CDU-dominierten Gemeinden der Nordeifel den gegenteiligen Effekt erreicht. Überall in den Kommunen werden noch schnell Pachtverträge geschlossen oder Ausschreibungen organisiert, um in den Genuss von möglichen Pachterträgen auf Gemeindeland zu kommen. Der Schutz des Waldes als Erholungsraum und Rückzugsort für Mensch und Tier ist den jeweiligen Gemeinderatsmitgliedern meist herzlich egal. Gesehen werden nur die möglichen Pachteinnahmen.
Aber auch in den Bereichen, wo die Landesregierung direkt Einfluss nehmen könnte, um den Schutz der Wälder und des Eifeler Landschaftsbildes vor Verspargelung zu bewahren, wird nichts von ihr unternommen.
Im Gegenteil: Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW als Wald-Eigentümer fordert im Dezember 2017 interessierte Bewerber auf, ein Angebot für landeseigene Flächen zur Errichtung von Windanlagen im „Suchraum Stolberg“ abzugeben… Also ein halbes Jahr nach der Erklärung der Landesregierung, den weiteren Windradausbau im Wald in einem überarbeiteten LEP zukünftig zu unterbinden.
Der Landesbetrieb bietet eine Waldfläche von 283 ha landeseigener Liegenschaften (Staatswald) in Stolberg „für die Errichtung und den Betrieb von Windanlagen“ an.
Die interessierten Projektierer werden aufgefordert, Gebote für einen Gestattungsvertrag zur Anpachtung des Geländes abzugeben. Das EIFELON vorliegende Angebotsschreiben stammt vom 20. Dezember 2017. Es ist bereits die zweite Aufforderung von Wald und Holz, für den Stolberger Wald Angebote abzugeben: Bereits im April 2017 – also vor der NRW-Wahl und unter Umweltminister Remmel – hat Wald und Holz die Waldflächen in Stolberg für den Windradbau angeboten. Dann kam der Wahlkampf mit der CDU-Aussage, Windräder im Wald zukünftig nicht mehr zuzulassen. Das Verfahren wurde folglich ausgesetzt. Aber nur um sechs Monate nach der Wahl, im Dezember 2017, unter der neuen schwarz-gelben Landesregierung erneut ausgeschrieben zu werden?
Zur Erinnerung: Die Landtagswahl fand im Mai 2017 statt. Nach dem Sieg der schwarz-gelben Koalition war klar, dass ein weiterer Ausbau von Windrädern im Wald in NRW nicht im Interesse der Koalition ist. Damit stellt sich die Frage, ob Wald und Holz NRW im Dezember 2017 entgegen den Interessen der eigenen Landesregierung handelte, oder – falls das nicht der Fall war- , ob bereits ein halbes Jahr nach dem NRW-Wahlsieg hier ein erster Bruch des gegebenen Wahlversprechens vorlag und das nun schwarz-gelbe Umweltministerium an den Remmel’schen Plänen, die NRW-Wälder zu verspargeln, festhielt.
Unter welchen Bedingungen diese Ausschreibung stattgefunden hat und wer zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde, liegt im Dunkeln. Aufgrund der Angebotsgröße wäre hier eine EU-weite Ausschreibung zu vermuten gewesen. Dagegen spricht, dass die Angebotsunterlagen nicht veröffentlicht wurden. Ob damit dem EU-Recht für öffentliche EU-weite-Ausschreibungen entsprochen wurde oder hier ein Regelverstoß vorliegt, der zur Ungültigkeit des Ausschreibungsverfahrens führen würde, bleibt einer juristischen Prüfung überlassen.
Tatsache ist, dass in der Folge ein Zuschlag auf das Angebot erfolgte. STAWAG/juwi haben mit ihrer Planung, im Gebiet Wehebachtäler-Leyberg nördlich des Hürtgenwalder Peterbergs elf Windanlagen errichten zu wollen, den Zuschlag zum Gestattungsvertrag erhalten.
Die geplanten elf Windräder sollen, geht es nach dem Exposé von Wald und Holz und der Planung von STAWAG/juwi, in einem Gebiet zwischen Raffelsbrand/Peterberg im Süden und der Wehebachtalsperre im Norden aufgestellt werden. Östlich begrenzt durch die Gemeindegrenze zu Hürtgenwald, westlich durch die Landesstraße 24 und die Stolberger Ortsteile Vicht und Zweifall.
Besonders brisant: Noch 2015 wehrt sich die CDU-Fraktion im Stolberger Stadtrat und ihr Bürgermeister Tim Grüttemeier – heute StädteRegionsrat – mit Entschiedenheit gegen die Ausweisung von Windrädern im Wald. (2014 hatte die rot-grüne Landesregierung den Windenergie-Erlass überarbeitet und ab diesem Zeitpunkt auch Windräder im Wald für zulässig erklärt.)
Die Stolberger CDU erklärte 2015 ihren Ausstieg aus der Planung weiterer Windkonzentrationszonen zwischen Schevenhütte und der Wehebach-Talsperre.
„Wir sind gegen die Ausweisung von Konzentrationszonen im Wald“, so die CDU-Fraktion vor der entscheidenden Ratssitzung und ging damit auf Gegenkurs zum Koalitionspartner SPD. Trotz einer Vereinbarung im – mit der SPD – geschlossenen Koalitionsvertrag.
Für die CDU sei es auch tabu, Stadtbezirke mit infrastrukturellen Problemen wie Schevenhütte, Zweifall, Venwegen und Breinig zusätzlich mit Windrädern zu belasten, …] es fehle bislang ein Gutachten über die Auswirkungen des Infraschalls […]. Darüber hinaus wären ganze Ortschaften von Schlagschatten und Lärm betroffen, auch wolle die CDU keine Industrialisierung von Naturräumen, soweit die Partei im August 2015.
2017 und einen Regierungswechsel später ist eine derartige Rücksichtnahme auf die Bevölkerung und die Naturräume anscheinend nicht mehr geboten. Allerdings wurde dieser Richtungswechsel nicht in einer öffentlichen Sitzung beschlossen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass eine Zustimmung zu elf Windrädern auf dem Stolberger Stadtgebiet sicher nicht ohne Zustimmung der Fraktionen im Stolberger Rathaus entschieden wurde.
Die großflächige Zerstörung der Nordeifel zugunsten einer nicht zuverlässigen und damit fragwürdigen Energieausbeute durch Windräder geht also weiter. Laut Bundesamt für Naturschutz (BfN) steht bereits jede vierte der circa 30.000 Windanlage in Deutschland in einem Schutzgebiet.
In Simmerath beabsichtigt der Rat, mit weiteren Windräder das Lammersdorfer Ortsbild und die Eifellandschaft zu ihrem landschaftlichen Nachteil zu verändern. Im Lammersdorfer Wald sollen zu den dort bereits aufgestellten sieben Windanlagen weitere zwei 200-Meter-Räder im Westen des Waldes in der Nähe einer Siedlung hinzukommen. Gedacht ist an 210-Meter-Anlagen mit einer Leistung bis zu 4,8 MW. Die Anlagen sollen in der bereits ausgewiesenen Windkonzentrationszone errichtet werden.
Aber auch der Buhlert, das Waldgebiet zwischen Strauch und Schmidt dem Kalltal und dem Rursee soll, geht es nach dem Simmerather Gemeinderat, ein Energiewald werden.
Der Buhlert ist bekannt aus der Schlacht um Hürtgenwald und mit seinen erhaltenen Bunkeranlagen ein ehemaliger Bestandteil der Westwalls und stark umkämpfter Wald zwischen der Deutscher Wehrmacht und der US Army. Noch heute zeugen Schützengräben, Bunker, Bombentrichter und viele Bodenfunde von den schweren Kämpfen im Frühjahr 1945.
Die Simmerather Verwaltung und Bürgermeister Hermann schlagen nun vor, den geschichtsträchtigen Wald im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung Investoren zur Aufstellung von Windanlagen anzubieten. Dazu wäre im Buhlert eine Änderung des Flächennutzungsplans notwendig, um eine weitere Windkonzentrationsfläche auszuweisen.
Die CDU und die anderen Parteien im Ausschuss, mit Ausnahme der FDP, haben dem Vorhaben bereits zugestimmt. Ratsmitglied Herman-Josef Bongard (FDP) hatte erhebliche Vorbehalte, weil mit den geplanten sechs Anlagen am Buhlert das Landschaftsbild des Rursees beschädigt würde. Das werde sich auf die touristische Infrastruktur negativ auswirken.
Aber auch in der Nachbargemeinde Hürtgenwald ist es mit dem Waldfrieden vorbei. Obwohl der Gemeinderat eine finanzielle Beteiligung am neuer Windpark Peterberg gegen das mehrmalige Votum von Bürgermeister Axel Buch abgelehnt hat, kann die Firma REA aus Düren hier ihr Windradprojekt durchziehen. Der Dürener Kreistag ist dem Investor zur Seite gesprungen und beteiligt sich großzügig über die kreiseigene Rurenergie mit Steuergeldern an der Waldvernichtung an den Hängen des Kalltals.
Die Wahlversprechen der Landesregierung „Keine weiteren Windräder im Wald“ werden auf den Höhenzügen der Nordeifel gerade völlig ‚ad absurdum‘ geführt. Die Landesregierung ist bis jetzt nicht in der Lage, ihren politischen Anspruch aus der Landtagswahl durchzusetzen. Der neue Landesentwicklungsplan kommt nicht vom Fleck und es sieht so aus, als würde Absicht dahinter stecken. Viele Wähler in den ländlichen Regionen NRWs haben die Hoffnung aufgegeben, dass wirtschaftspolitische Vernunft der CDU/FDP-Koalition den fragwürdigen Ausbau nicht grundlastfähiger Windanlagen stoppen wird. Landschaftsschutz und Naturerhaltung und die Rechte der Menschen auf ein ungestörtes Lebensumfeld haben im noch so genannten „Naturpark Eifel“ abgewirtschaftet.
Auflistung der vorhandenen und geplanten Wald-Windprojekte im Bermudadreieck Stolberg, Simmerath und Hürtgenwald. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Windpark(Ist) | Leistung in kW | WEA Total | Gesamt in kW |
Raffelsbrand | 1 x 500, 1 x 600, 2 x 2.300 | 4 | 5.700 |
Brandenberg | 1 x 1.000, 2 x 2.300 | 3 | 5.600 |
Lammersdorf Domäne | 1 x 850, 7 x 1.800 | 8 | 13.450 |
Strauch Michelshof | 7 x 2.000 | 7 | 14.000 |
Lammersdorfer Wald | 7 x 3.300 | 7 | 23.100 |
Summe | 29 | 61.850 |
Windpark(geplant) | Leistung in kW | WEA Total | Gesamt in kW |
Peterberg | 5 x 3.000 | 5 | 15.000 |
Lammersdorfer Wald | 2 x 4.800 | 2 | 9.600 |
Wehebachtäler-Leyberg | 11 x 4.800 | 11 | 52.800 |
Buhlert | 6 x 4.800 | 6 | 28.800 |
Summe | 24 | 106.200 | |
IST + PLAN | 53 WEAs | 168.050 |
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