Umland, Düren: Mit dem Anbruch des neuen Jahrhunderts hat sich auch in Düren so einiges getan: Seit 1903 ist der große Friedhof im Osten der Stadt fertiggestellt, der noch heute „Neuer Friedhof“ genannt wird… Ein Jahr später werden Dürens Straßen erstmals elektrisch beleuchtet… 1905 wird die erste elektrische Feuermeldeanlage in Betrieb genommen…
Die Kanalisation des Stadtgebietes erfolgt ab 1907. Seit dem gleichen Jahr darf August Klotz sich auf Beschluss von Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich Oberbürgermeister nennen. 1908 fährt die erste elektrische Straßenbahn, ein Jahr später wird der neue Wasserturm auf dem Kölnplatz (heute Friedrich-Ebert-Platz) eingeweiht, ebenso das neue Krankenhaus in der Roonstraße. Am 15. November 1909 fliegt der erste Zeppelin über Düren – ein Bild, das fortan häufiger zu sehen ist.
Man sieht nun immer öfter Fahrräder auf den Straßen, sowohl mit männlicher als auch mit weiblicher Besetzung. Automobile, deren Besitz den Reichen vorbehalten ist, sind dagegen noch ein eher seltener Anblick. Die Dürener Jugend bewegt sich hauptsächlich mittels Rollschuhen fort – immer wieder gibt es darüber Beschwerden von Fußgängern und anderen Verkehrsteilnehmern. Besonders beliebt für waghalsige Manöver ist offenbar die prachtvolle Anlage rund um den Wasserturm auf dem Kölnplatz.
Mit einem neuen D-Zug nach Berlin, der auch in Düren hält, bekommt die Stadt einen weiteren Anschluss an die Welt. Diese über hundert Jahre alte Direktverbindung wurde zwischenzeitlich eingestellt und erst am 15. Juni 2009 wieder eingerichtet. Seit diesem Datum sind es jedoch – statt der damaligen D-Züge – ICEs, die erneut Touristen und Politiker in die Bundeshauptstadt bringen.
Historisches Datum für Düren war auch der 24. Oktober 1910: Damals passierte sogar Kaiser Wilhelm II. auf seinem Weg nach Brüssel den Dürener Bahnhof und wurde von zahlreichen Schaulustigen gegrüßt. Auch sonst ist das tägliche Leben stark preußisch-militärisch geprägt: Zum Geburtstag des Kaisers und ähnlichen Gelegenheiten wird die Stadt mit Flaggen geschmückt. Es gibt regelmäßige Rekrutenabende und Jubelfeiern verschiedener Regimenter. Soldaten und Reservisten auf den Straßen sind ein normaler Anblick. Dort gibt „de ahle Wölk“, ein preußischer Schutzmann, den Ton an. Er tut seit 1880 seinen Dienst in Düren und wird aufgrund seiner Präsenz und unverwechselbaren Persönlichkeit später zum Dürener Original.
Die Annakirche mit den sie umgebenden Plätzen Anna- und Ahrweilerplatz bildet das religiöse Zentrum Dürens. Hier besuchen nicht nur zahlreiche Bewohner der immer noch hauptsächlich katholisch geprägten Stadt den Gottesdienst, sondern hier findet auch seit mehr als 400 Jahren die Annaoktav zur Verehrung der Annareliquie statt, die der größten Dürener Kirche einst ihren Namen gegeben hat. Deren 100 Meter hoher Turm ragt über die Gebäude der Stadt hinaus und ist von weit her zu sehen.
Anna- und Ahrweilerplatz sind aber auch seit Jahrhunderten ein Zentrum des Dürener Brauchtums, schließlich hat sich hier aus dem zunächst kleinen Annamarkt die bis heute bestehende und bis weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Annakirmes entwickelt, die 1910 allerdings schon auf dem Annakirmesplatz stattfindet. Auch ohne Kirmes ist der Bereich um die Annakirche ein Zentrum der Lebendigkeit. Hier findet dienstags, donnerstags und samstags der Wochenmarkt statt, hier locken zahlreiche Geschäfte und Handwerksbetriebe Kunden an. Während aus dem Piano-Geschäft Terhöven Klavierklänge nach außen dringen, erklingt aus der Restauration „Zur Altdeutschen“ die typische Geräuschkulisse von ausgelassenen Feierlichkeiten oder lebhaften Diskussionen, denn schließlich finden hier nicht nur private Feiern, Vereinsfestivitäten, Vorträge und Konzerte, sondern auch politische Versammlungen statt.An dem Ort, an dem einst die Kaiserpfalz Karls des Großen stand und von dem aus sich Düren entwickelt hat, trifft 1910 eine bunte Mischung der Einwohner Dürens aufeinander. Hier wird gehandelt, gebetet, gesungen, getrunken, diskutiert, gefeiert und eingekauft, was Anna- und Ahrweilerplatz zu einem interessanten Hotspot für die virtuelle Zeitreise durch Düren macht. [Dürener Stadtmuseum/bwp]
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