Umland, Jülich: „Ein Traum geht in Erfüllung. Ich bin noch immer ganz euphorisch“, erzählt der promovierte Ingenieur Kai Wieghardt und meint damit nicht seinen gestrigen 54. Geburtstag, sondern die Einweihung von „Synlight“.
Das ist eine Testanlage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt am Standort Jülich, deren 149 Hochleistungsstrahler gebündelt ein Vielfaches der natürlichen Sonnenstrahlung erzeugen können. Eine künstliche Super-Sonne, wetterunabhängig installiert in einem Gebäude in der Nähe des Jülicher Solarturms. Dr.-Ing. Kai Wieghardt ist der federführende Kopf hinter der Anlage. „Wir interessieren uns für neue Technologien, um aus Sonnenenergie Strom oder Treibstoffe zu erzeugen. Diese Technologien basieren nicht auf Photovoltaik, sondern auf konzentrierter hochdosierter Solarstrahlung.“
Jeder einzelne der 149 verspiegelten Scheinwerfer mit einem Durchmesser von einem Meter in dem neuen Gebäude hat die Lichtleistung eines Großkino-Projektors. Gemeinsam erzeugen sie eine Lichtintensität, die zirka dem 10.000-fachen der natürlichen Sonneneinstrahlung auf der Erdoberfläche entspricht. Die Strahler können einzeln bewegt und ausgerichtet werden und so auf den bestrahlten Objekten hohe Temperaturen erzeugen oder langjährige UV-Strahlung simulieren. Mit der gebündelten Lichtausbeute können Temperaturen von bis zu 3.500 Grad Celsius erzeugt werden. Für die Experimente stehen den Nutzern der Anlage (aus Wissenschaft und Industrie) drei Bestrahlungskammern zur Verfügung. Die notwendigen Lampen werden, je nach Bedarf, gebündelt, oder flächig auf den Testaufbau ausgerichtet. Mit den drei Kammern können mehrere Experimente zeitgleich vorbereitet und die Anlage ausgelastet werden.
Das geplante Forschungsspektrum ist breit gestreut: Tests für solarthermische Kraftwerke, Experimente in der photochemischen Chemie oder auch Bestrahlungstests für Materialien im Bereich der Raumfahrt sind geplant. Ein wichtiger Teil der Forschungsarbeiten wird sich mit neuen Herstellungsverfahren zur Wasserstoffgewinnung befassen. Mit den Laborversuchen möchten die Wissenschaftler die umweltfreundliche Treibstoffproduktion so effizient wie möglich machen. Dazu sollen mit hohen Temperaturen auf aufgeheiztem Metall die Wassermoleküle im Wasserdampf in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt werden. Der Sauerstoff reagiert mit dem Metall. Wasserstoff bleibt übrig. Hiermit können die Forscher dann beispielsweise Treibstoffe herstellen. „Wir möchten die Sonne nutzen, um Brennstoffe regenerativ zu erzeugen“, sagt Wieghardt. „Das ist unser großes Ziel.“
Diese solarthermischen Experimente können nun dank „Synlight“ wetterunabhängig und unter Laborbedingungen auch in unseren Breiten weiter erforscht und entwickelt werden. Damit werden die Grundlagen geschaffen, um später Großanlagen mit natürlichem Sonnenlicht in sonnenreichen Regionen zu betreiben. „Solarthermische Großanlagen können im relativ sonnenarmen Deutschland nicht betrieben werden. Zum Einsatz kommen sie aber in sonnenreicheren Regionen wie Nordafrika und dem Nahen Osten“, sagt Wieghardt. Auf diese Weise könne den Menschen dort eine Perspektive geboten werden. Die Kraftwerkindustrie aus NRW, die bisher auf diesem Gebiet gut aufgestellt sei, könnte dafür Schlüsselkomponenten liefern.Aber auch für die Raumfahrt leistet die Anlage einen Beitrag: Über die Hochleistungsstrahler könne ein ähnlich starkes Licht mit einem hohen UV-Anteil erzeugt werden, wie es im Weltall vorherrsche, erklärt Ingenieur Wieghardt. Der UV-Anteil der Xenon-Scheinwerfer gleiche dem ultravioletten Spektrum der Sonne. Der harte, kurzwellige Anteil des Lichts kann zur Materialoptimierung genutzt werden. Materialproben von Satellitenbaustoffen, die für den Einsatz im Weltraum getestet werden sollen, oder auch die langjährige Materialbelastung durch UV-Strahlung auf Flugzeugteile können im neuen Synlight-Labor simuliert werden.
Der Strom für die Synlight-Strahler kommt aus der Steckdose. Leuchten die 149 Xenon-Strahler unter Volllast, ist der Strom-Jahresverbrauch einer vierköpfigen Familie in vier Stunden erreicht. Zweieinhalb Jahre hat der Bau von „Synlight“ gedauert. Die künstliche Sonne hat das DLR-Institut für Solarforschung mit Geldern vom Land NRW (2,4 Millionen Euro) und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (1,1 Millionen Euro) finanziert. Zum ersten Mal strahlen darf die künstliche Sonne im Rahmen eines Forschungsprojektes des DLRs. Hierbei wird es um die solarchemische Wasserstoffherstellung gehen.
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