Umland: Zwischen dem 16. und dem 26. Januar war es kalt in Deutschland. Eigentlich im Winter nicht ungewöhnlich, sollte man meinen. Das ist auch nicht weiter tragisch, man legt ein Scheit mehr in den Ofen, stellt die Zentralheizung höher und freut sich über Schnee und Wintersport.
In den Schaltzentralen der Stromversorger war allerdings keine entspannte Winterfreude angesagt. Hier kamen die Verantwortlichen heftig ins Schwitzen und unsere Energieversorgung an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Zehn Tage lang lieferten Wind und Sonne so gut wie keinen Beitrag zur Deutschen Stromversorgung. Es herrschte Windstille überall im Land. Alle noch verfügbaren konventionellen Kraftwerke – inklusive der Atommeiler – wurden an ihre Leistungsgrenze hochgefahren, Atomstrom aus Tschechien und Frankreich zusätzlich importiert.
Die jüngste „Kaltdunkelflaute“ an zehn Tagen im Januar – kein Wind, kaum Sonne – offenbarte das Ausmaß des „Speicherproblems“ von Wind- und Solarenergie. Konventionelle Kraftwerke mussten die Stromversorgung fast vollständig übernehmen. Die hohen Börsenstrompreise belegen die Stromknappheit in Deutschland während dieses Zeitraums.
Die „Stromspeicherung“ als Ausweg ist angesichts der Größenordnung des Stromverbrauchs illusorisch. Laut einer Analyse von Vernunftkraft wurden in diesen zehn Tagen circa 16 Milliarden kWh verbraucht. Für eine entsprechende Batteriespeicherung seine Investitionskosten von 16 Billionen (16.000 Milliarden) Euro fällig. Die einzige großtechnische Alternative über Pumpspeicherkraftwerke würde – zusätzlich zu den bestehenden sieben Anlagen – den Bau von 2.800 neuen Pumpspeichern mit je 1.000 MW Nennleistung erfordern.
Das letzte gebaute deutsche Pumpspeicherwerk Goldisthal ging 2003 ans Netz. Es hat eine Nennleistung von 1.000 MW und kostete 623 Millionen Euro. 2.800 entsprechende Pumpspeicher würden also mit circa 1.744 Milliarden an Errichtungskosten den Strompreis belasten. Ihr Einsatz an nur wenigen Tagen im Jahr würde zu einem hohen Subventionsbedarf führen. Ganz abgesehen von diesen enormen Kosten, gibt es nicht genügend geeignete Standorte mit entsprechendem Gefälle in der Bundesrepublik.
Doch nicht nur Kälteflauten, sondern auch Sturmtiefs bringen die wetterabhängige erneuerbare Stromversorgung immer häufiger und immer näher an den Kollaps: Ein Monat vor der Flaute war genau das Gegenteil der Fall. Der Weihnachtssturm 2016 versorgte das Land mit viel mehr Strom, als es benötigte.
Bei viel Sonne und Wind überschreiten die hohen Einspeisungen ins Netz immer öfter den gerade abgefragten Bedarf. Dann müssen EEG-Anlagen vom Netz genommen werden, um den Stromüberschuss zu begrenzen. Die dann nicht erzeugte Leistung muss aber – nach unseren Subventionsrichtlinien – trotzdem mit hohen Millionenbeträgen vergütet werden, genauso wie die Überproduktion von Windstrom, den wir nicht verbrauchen können. Dieser teuer subventionierte Strom wird dann an ausländische Abnehmer zu Minimalpreisen verkauft und landet – meist – im niederländischen Netz. Die Holländer haben flexible Gaskraftwerke, die sich dem deutschen Windstromüberschuss besser anpassen können.
Zusätzlich gefährdet das im Netz vorhandene Überangebot an fluktuierendem Strom aus ungleichmäßig laufenden Windenergieanlagen die Stabilität des Stromnetzes. Durch die wegbrechende Regelfähigkeit der konventionellen Anlagen – sie sollen ja nach und nach vom Netz genommen werden – wird die Netzstabilität extrem gefährdet. Die Situation, dass kein ausreichender Puffer zur Sicherung der Netzstabilität durch konventionelle Anlagen mehr vorliegt und der unverwertbare Anteil nicht regelbarer Energie zu negativen Strompreisen führt, wird zur Regel werden.
Viel schlimmer als die teure Entsorgung „wertlosen“ Stroms ist für die deutsche Stromversorgung der bald nicht mehr vorhandene Regelpuffer mit konventionellen Kraftwerken. Erst die konventionellen Kraftwerke stabilisieren das Stromnetz auf die notwendige Frequenz von 50 Hertz, um trotz der Einspeisung der unregelmäßigen regenerativen Energien die Netzfrequenz stabil zu halten. Die starke Zunahme von Eingriffen in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken („Redispatch-Maßnahmen“), um Leistungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen, künden von der Gefahr: Da die Spitzen der Erzeugung von Sonne- und Windstrom – der vorrangig ins Netz soll – ein Maß erreicht hat, dass die konventionellen Kraftwerke eigentlich zeitweise abgeschaltet werden müssten. Die Kraftwerke sind aber nötig, um die Netzfrequenz von 50 Hertz zu erhalten. Sollten sie wegfallen, schwindet die Regelfähigkeit des Netzes aufgrund der schwindenden Flexibilität der Erzeugung massiv. Der konventionelle Kraftwerksstrom, der diese stabilisierende Aufgabe – auch für die Erneuerbaren – wahrnehmen muss, kann nicht mehr im übervollen Netz untergebracht werden. Der Blackout wird in solchen Phasen immer wahrscheinlicher.
Aus diesen Gründen fordert die Initiative „Vernunftkraft“, ein Zusammenschluss von über 630 Bürgerinitiativen aus dem gesamten Bundesgebiet, den Ausbau wetterabhängiger Stromerzeugung unverzüglich einzustellen:
Die Faktenlage legt eindrücklich nahe, dass der weitere Ausbau wetterabhängiger Stromerzeugungsanlagen die Stromversorgung immer näher an den Kollaps führt. Gleichzeitig werden auch die energiepolitischen Ziele ‚Wirtschaftlichkeit’ und ‚Umweltverträglichkeit’ mit jeder neu errichteten, durch Einspeisevorrang und Fixvergütung begünstigten Windenergieanlage in immer weitere Ferne gerückt.
Die ganze Analyse zum Nachlesen: http://www.vernunftkraft.de/kaltflaute/
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